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Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)

Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition)

Titel: Selbstverständlich gleichberechtigt: Eine autobiographische Zeitgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lore Maria Peschel-Gutzeit
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vertrat als Justizsenatorin den Hamburger Senat.
    Wer geladen war, durfte plädieren. Manche Regierenden oder Regierungsvertreter verzichteten auf ihr Rederecht. Ich habe immer plädiert. Wenn ich beauftragt wurde, mein Land vor dem Bundesverfassungsgericht zu vertreten, hielt ich es für meine Aufgabe, das, was ich als richtig empfand, auch vorzutragen. Warum sonst sollte ich dort teilnehmen?
    Ich sah es als unhaltbare Ungerechtigkeit an, Frauen zu bestrafen, wenn sie eine Schwangerschaft nicht zu Ende bringen wollten. Das vertrug sich nicht mit meinem Bedürfnis nach Autonomie, Gerechtigkeit und Emanzipation. Keine Frau treibt leichtfertig ab, für jede Frau ist die Entscheidung schwer. Wenn sie sich beraten lassen möchte: gut. Aber die Entscheidung muss sie selbst und allein treffen. Schließlich muss sie mit der Konsequenz der Entscheidung leben. Niemand kann und darf bewerten, ob die persönlichen Beweggründe für einen Schwangerschaftsabbruch »richtig« oder »falsch« sind. Jegliche Indikationslösung ist diskriminierend. Die Frauen müssen sich vor Gutachtern rechtfertigen – eine veritable Zumutung.
    Letzten Endes hat das Gesetz mit der Fristenlösung standgehalten, die Verfassungsbeschwerden wurden zurückgewiesen.

    In den zehn Jahren, die ich nun als Rechtsanwältin in Berlin tätig bin, beschäftige ich mich überwiegend mit Familienrecht. Neben Sorgerechtsfällen widme ich mich vor allem der »Kunst der Regelung von Scheidungsfolgen«, ich berate Männer und Frauen in praktischen Fragen der Trennung, setze Trennungsverträge auf, vertrete meine Mandanten vor Gericht bei der Ehescheidung und der Regelung des nachehelichen Unterhalts. Auch in diesem Bereich geht es um nichts anderes als das Schaffen von Gerechtigkeit. Viele Konflikte rund um die Trennung ließen sich vermeiden, wenn die Partner bestimmte Fragen schon zu Beginn ihrer Partnerschaft oder Ehe klären würden. In manchen Fällen denke ich, dass es gar nicht zu einer Trennung gekommen wäre, hätten die Partner die Eckpunkte des Zusammenlebens von vornherein vereinbart.
    Den Begriff »Ehevertrag« hat jeder schon einmal gehört, die meisten stellen sich darunter vor, dass man Gütertrennung vereinbart. Doch die Frage, ob man das Wirtschaftsunternehmen namens Familie nach dem Modell der Zugewinngemeinschaft oder der Gütertrennung organisiert, ist während bestehender Ehe von untergeordneter Bedeutung – diese Frage wird erst bei Scheidung oder Tod eines Ehegatten relevant. Andere Fragen sind viel wichtiger.
    Bei der Frage des Geldflusses treffen viele Paare nur scheinbar vernünftige Vereinbarungen. Sie richten entweder ein gemeinsames Konto ein, oder ein Partner erteilt dem anderen Vollmacht für sein Konto. Gibt es dann Streit, passiert es im ersten Fall häufig, dass plötzlich kein Geld mehr auf das gemeinsame Konto fließt. Im zweiten Fall muss der oder die Bevollmächtigte unvermittelt feststellen, dass die Vollmacht widerrufen ist oder das Konto nicht mehr existiert. Auch die berühmte Kreditkarte, die ein Mann seiner Liebsten »großzügigerweise« zur Verfügung stellt, kann von einem Moment auf den anderen jeglichen Wert verlieren.
    Weitaus sinnvoller als solche Scheinregelungen ist es, die generelle Aufgabenverteilung in der Partnerschaft festzulegen: Wie hoch soll das gemeinsame Budget sein? Wer leistet welchen Anteil, wer verwaltet die Finanzen und wie? Was passiert, wenn einer seinen Anteil nicht leisten kann? Wollen wir Kinder? Falls ja: Soll einer von beiden eine Zeit lang zu Hause bleiben? Wie lange? Wie gestalten wir dann den finanziellen Ausgleich? Da der oder die Erziehende während der Zeit der häuslichen Kindererziehung seine oder ihre Altersvorsorge nicht vollwertig weiterbetreiben kann (zum Beispiel zahlt der Arbeitgeber während der Erziehungszeit nicht in die betriebliche Altersvorsorge ein), muss ein Ausgleich geschaffen werden, etwa indem das Paar in eine Lebensversicherung einzahlt. Oder der/die Erziehende erhält monatlich einen bestimmten Betrag auf sein/ihr Konto.
    Die andere Möglichkeit: Wir wechseln uns ab bei der Erziehung. Wollen wir beide in Teilzeit arbeiten? Oder nehmen beide jeweils ein halbes Jahr Erziehungsurlaub? Auch dann darf man den Ausgleich bei der Altersvorsorge nicht vergessen. Genauso wenig wie das »Taschengeld«. Es ist ohnehin schon schwierig genug, damit umzugehen, wenn ein Partner zeitweilig kein eigenes Geld verdient. »Der Jäger bekommt das größte Stück Fleisch.« – »Wer

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