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Titel: Selection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
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zum Ausdruck, dass nur eine privilegierte Minderheit hier im Palast geschützt wurde. Ich war den Tränen nahe und atmete hastig, weil ich nicht weinen wollte.
    Maxon sah mich an. Er schien zu verstehen, dass ich selbst nur eine Kaste entfernt war von einem Dasein als Dienstbotin. Das war nicht der Anlass für meine Sorge, aber ich fand es doch eigenartig, dass nur ein Losverfahren für diesen gewaltigen Standesunterschied zwischen mir und jemandem wie Anne gesorgt hatte.
    Maxon seufzte. »Sie müssten inzwischen in Sicherheit sein. Das Personal hat seine eigenen Zufluchtsorte, und unsere Wachen verbreiten Nachrichten sehr schnell. Den Mädchen sollte nichts zugestoßen sein. Wir haben eigentlich eine Alarmanlage, aber die Rebellen haben sie beim letzten Angriff außer Kraft gesetzt. Techniker sind damit beschäftigt, sie zu reparieren, aber es ist ihnen noch nicht gelungen.«
    Ich schniefte und wischte mir rasch eine Träne von der Wange.
    »America«, sagte Maxon bittend.
    Ich sah ihn an.
    »Ihren Zofen geht es gut. Die Rebellen waren diesmal ziemlich langsam, und alle hier wissen, wie sie sich in so einer Lage zu verhalten haben.«
    Ich nickte. Wir schwiegen beide einen Moment, dann wandte er sich zum Gehen.
    »Maxon«, flüsterte ich.
    Er drehte sich um, sichtlich erstaunt über meine informelle Anrede.
    »Wegen gestern Abend. Ich möchte das erklären. Als man uns auf das Casting vorbereitet hat, sagte mir ein Mann, dass ich Ihnen keinen einzigen Wunsch abschlagen dürfte. Egal, worum es sich handeln würde.«
    Er starrte mich verblüfft an. »Wie bitte?«
    »Es hörte sich an, als sei damit auch etwas ganz Bestimmtes gemeint. Und Sie selbst sagten, dass Sie keine Erfahrung mit Frauen hätten. Nach achtzehn Jahren … und Sie haben die Fernsehleute weggeschickt. Ich hatte einfach Angst, als Sie mir plötzlich so nah waren.«
    Maxon schüttelte fassungslos den Kopf. Seine Gelassenheit war verschwunden, und er schien zwischen Scham, Wut und Ungläubigkeit zu schwanken.
    »Hat man das allen Mädchen mitgeteilt?«, fragte er in angewidertem Tonfall.
    »Das weiß ich nicht. Viele Mädchen müsste man vielleicht gar nicht darauf hinweisen. Die warten wohl eher darauf, sich auf Sie zu stürzen«, sagte ich und wies mit dem Kopf auf die anderen.
    Maxon lächelte finster. »Aber da das für Sie nicht gilt, hatten Sie auch keine Bedenken, mir in den Unterleib zu treten, wie?«
    »Ich habe Ihren Oberschenkel getroffen!«
    »Also bitte. So lange braucht ein Mann nicht, um sich von einem Tritt an den Oberschenkel zu erholen«, erwiderte er pikiert.
    Ich musste unwillkürlich lachen, und zum Glück stimmte Maxon in mein Lachen ein. In diesem Moment knallte wieder etwas an die Fenster, und wir verstummten. Für eine kurze Weile hatte ich meine Lage ganz vergessen, und das hatte gutgetan.
    »Und wie kommen Sie nun mit so vielen weinenden Frauen zurecht?«, erkundigte ich mich.
    Seine Verwirrung hatte etwas Komisches. »Nichts auf der Welt macht mich hilfloser!«, flüsterte er. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, was ich tun soll.«
    Und das war der Mann, der unser Land führen sollte – Tränen brachten ihn komplett aus der Fassung. Das war wirklich urkomisch.
    »Klopfen Sie ihnen auf den Rücken oder die Schulter und sagen Sie ihnen, dass alles gut wird. Wenn Frauen weinen, muss man häufig gar nicht das Problem an sich lösen, sondern sie einfach nur trösten«, riet ich ihm.
    »Im Ernst?«
    »Ja.«
    »So einfach kann das doch nicht sein«, sagte er zweifelnd und etwas misstrauisch.
    »Ich sagte ›häufig‹. Es gibt natürlich immer Ausnahmen. Aber bei den meisten Mädchen hier dürfte diese Methode funktionieren.«
    Er schnaubte. »Da bin ich mir nicht so sicher. Zwei haben mich schon gefragt, ob sie nach Hause fahren dürfen, wenn sie das hier durchgestanden haben.«
    »Ich dachte, das sei nicht erlaubt.« Aber wenn der Prinz mir erlaubte, als seine beste Freundin hierzubleiben, hatte er wohl nicht so viel Ahnung von den offiziellen Regeln. »Und was werden Sie tun?«
    »Nun, ich kann ja wohl kaum jemanden gegen seinen Willen hierbehalten.«
    »Vielleicht überlegen diese Mädchen es sich noch anders«, sagte ich.
    »Vielleicht.« Er hielt inne. »Und Sie? Zieht es Sie auch schon nach Hause?«
    »Offen gestanden, habe ich angenommen, dass Sie mich heute nach dem Frühstück ohnehin wegschicken«, gab ich zu.
    »Offen gestanden, hatte ich das tatsächlich erwogen.«
    Wir lächelten beide in stillem Einvernehmen.

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