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Titel: Selection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
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Weile im Flur auf und ab, bevor ich mein Zimmer betrat. Anne, Mary und Lucy waren ganz aufgeregt, als ich hereinkam. Ich brachte es nicht übers Herz, ihnen zu sagen, dass ich nicht die gesamte Zeit mit dem Prinzen verbracht hatte.
    Mein Essen war bereits gebracht worden und erwartete mich auf dem Tisch neben der Balkontür. Obwohl ich mich immer noch meines Verhaltens schämte, spürte ich jetzt meinen Hunger.
    Es stellte sich heraus, dass meine Zofen nicht wegen meiner langen Abwesenheit so aus dem Häuschen waren. Sondern wegen einer langen Schachtel, die auf dem Bett lag.
    »Können wir sie aufmachen?«, fragte Lucy.
    »Lucy, du bist unmöglich!«, wurde sie von Anne gerügt.
    »Kaum waren Sie weg, ist diese Schachtel gebracht worden!«, berichtete Mary. »Und seither fragen wir uns, was wohl drin ist.«
    »Mary! Auch deine Manieren lassen zu wünschen übrig!«, sagte Anne streng.
    »Keine Sorge, Mädels. Ich habe nichts zu verbergen.« Ich würde den Mädchen alles erklären, wenn man mich morgen rauswerfen würde, beschloss ich spontan.
    Ich lächelte matt, als ich die große rote Schleife aufzog und den Karton öffnete. Drei Hosen befanden sich darin. Eine Leinenhose, eine festere, die formeller wirkte, sich aber weich anfühlte, und eine hinreißende Jeans. Obenauf lag eine Karte mit dem Emblem von Illeá.
    Solch bescheidene Wünsche kann ich nicht ausschlagen. Aber der Form halber bitte nur samstags. Vielen Dank für Ihre Gesellschaft.
    Ihr Freund Maxon

13
    Ich hatte wenig Zeit, mich zu schämen oder mir Sorgen zu machen. Als meine Zofen mich am nächsten Morgen ankleideten, ging ich davon aus, dass meine Anwesenheit beim Frühstück noch erwünscht war. Auch das wies auf eine Großherzigkeit bei Maxon hin, die ich nicht erwartet hatte: Ich bekam noch ein letztes Mahl, ein letztes Erlebnis als eine der schönen Erwählten.
    Erst etwa bei der Hälfte des Frühstücks brachte Kriss den Mut auf, mich nach meinem Rendezvous mit dem Prinzen zu fragen.
    »Wie war es?«, fragte sie in dem gedämpften Tonfall, der uns während der Mahlzeiten gestattet war. Doch diese drei Worte schienen niemandem entgangen zu sein, und alle horchten auf.
    Ich holte tief Luft. »Unbeschreiblich.«
    Die Mädchen sahen einander verwirrt an.
    »Wie hat er sich verhalten?«, erkundigte sich Tiny.
    »Hmm.« Ich suchte nach geeigneten Worten. »Ganz anders, als ich erwartet hatte.«
    Jetzt war am ganzen Tisch leises Gemurmel zu vernehmen.
    »Machst du das mit Absicht?«, fragte Zoe. »Wenn ja, finde ich das echt fies von dir.«
    Ich schüttelte den Kopf. Wie sollte ich mich ausdrücken? »Nein, es ist nur so, dass –«
    Doch eine weitere Erklärung blieb mir erspart, weil von draußen ein merkwürdiger Lärm zu vernehmen war.
    Die Schreie kamen völlig überraschend. Ich hatte bislang kein einziges lautes Geräusch im Palast gehört. Die Schritte der Wachen, das Klacken der schweren Türen, das Klirren von Gabeln auf Tellern – alles klang irgendwie harmonisch und wohltönend. Doch diese Geräusche waren vollkommen chaotisch.
    Die Königsfamilie schien sie vor allen anderen zu begreifen.
    »Kommen Sie alle hier herüber, meine Damen!«, schrie König Clarkson und rannte zu einem der Fenster.
    Die Mädchen bewegten sich zögernd zum Kopfende des Tisches. Der König zog eine Jalousie herunter, die nicht dazu bestimmt war, Licht abzuhalten, sondern aus Metall bestand. Auch Maxon und die sonst so vornehme Königin stürzten zu den Fenstern und zogen Jalousien herunter.
    Jetzt kam eine Horde Wachen hereingestürmt. Andere stellten sich vor dem Speisesaal auf, bevor die gewaltigen Türen zugezogen und mit schweren Bolzen verriegelt wurden.
    »Sie sind innerhalb der Mauern, Majestät, aber wir halten sie in Schach. Die Damen sollten hinausgehen, aber das Eingangsportal ist so nahe –«
    »Verstanden, Markson«, rief der König.
    Mehr brauchte ich nicht, um zu begreifen, was geschah: Auf dem Palastgelände befanden sich Rebellen.
    Im Grunde hatte man damit rechnen müssen. So viele Gäste im Palast, so viele Vorbereitungen. Irgendwo entstanden da ganz automatisch Sicherheitslücken. Und selbst wenn es den Rebellen nicht gelang, in den Palast zu gelangen, konnten sie mit diesem Angriff ihren Protest bekunden. Sie hassten das Casting bestimmt ebenso sehr wie ganz Illeá.
    Aber ich hatte nicht vor, kampflos aufzugeben.
    Ich sprang so schnell auf, dass mein Stuhl umfiel, und rannte zum nächsten Fenster, um die Metalljalousie

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