Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Selection

Selection

Titel: Selection Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kiera Cass
Vom Netzwerk:
allzu großen Hoffnungen machen.«
    Wir schwiegen beide einen Moment, aber dann platzte sie heraus: »Hey, wem will ich eigentlich was vormachen? Ich bin so aufgeregt, dass ich es kaum aushalten kann! Ich hoffe, er meldet sich bald.«
    »Wenn er dich schon gefragt hat, wirst du wahrscheinlich heute noch von ihm hören«, sagte ich beruhigend. »Sobald er mit seinen Regierungsgeschäften fertig ist.«
    Sie lachte. »Ich kann’s einfach nicht glauben! Ich meine, er sieht gut aus, aber man weiß ja nie, wie sich so jemand dann benimmt. Ich hatte gefürchtet, er könnte vielleicht … ich weiß nicht, steif und langweilig sein oder so.«
    »Ja, hatte ich auch gedacht. Aber in Wirklichkeit ist er?…« Wie war Maxon eigentlich? Ein bisschen steif war er schon, aber nicht unangenehm. Ein Prinz, zweifellos, aber so … so … »… irgendwie normal.«
    Marlee hörte mir nicht mehr richtig zu. Sie war in einem Tagtraum versunken. Ich hoffte, dass Maxon dem Bild entsprechen würde, das sie sich nun von ihm machte. Und dass sie das Mädchen war, das er sich gewünscht hatte. Ich winkte Marlee noch kurz zu, bevor sie in ihrem Zimmer verschwand, und ging weiter.
    Meine Gedanken an Marlee und Maxon verflüchtigten sich allerdings sofort, als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete. Anne und Mary beugten sich über die völlig aufgelöste Lucy. Ihr Gesicht war rot vom Weinen, und heftige Schluchzer erschütterten ihren zarten Körper.
    »Beruhige dich, Lucy, jetzt ist doch alles wieder gut«, raunte Anne und strich Lucy über das zerzauste Haar.
    »Es ist vorbei. Niemandem ist etwas geschehen. Du bist in Sicherheit, Liebes«, sagte Mary beruhigend. Sie hielt Lucys Hand.
    Ich war so erschrocken, dass ich kein Wort hervorbrachte. Es war Lucy bestimmt nicht recht, dass ich sie in diesem Zustand erlebte. Ich wollte mich wieder zurückziehen, aber Lucy sah mich.
    »E-e-es tut m-m-mir leid, Lady Lady Lady?…«, stammelte sie. Die beiden anderen schauten mich ängstlich an.
    »Keine Sorge. Ist sonst alles in Ordnung?«, fragte ich und schloss die Tür hinter mir, damit niemand hereinschauen konnte.
    Lucy wollte antworten, aber sie zitterte am ganzen Körper und schluchzte so heftig, dass sie nicht sprechen konnte.
    »Sie wird sich wieder beruhigen, Miss«, erklärte Anne. »Es dauert ein paar Stunden, aber dann geht es ihr normalerweise wieder gut. Wenn es nicht besser wird, bringen wir sie auf die Krankenstation.« Anne senkte die Stimme. »Aber das möchte Lucy nicht. Wenn man nicht fit ist, muss man in der Küche oder in der Wäscherei arbeiten. Und sie möchte lieber Zofe sein.«
    Ich fragte mich, ob Anne wirklich glaubte, dass Lucy sie nicht hören könne. Wir standen schließlich im Kreis um sie herum.
    »B-b-bitte, Miss. Ich … ich … will nicht …«, stotterte sie.
    »Nur die Ruhe. Es bleibt alles, wie es ist«, beruhigte ich sie. Dann sah ich Anne und Mary an. »Helfen Sie mir, sie aufs Bett zu legen.«
    Zu dritt hätte uns das leichtfallen müssen, aber Lucy wand sich, sodass sie uns immer wieder entglitt. Es dauerte eine Weile, bis wir sie dazu gebracht hatten, sich hinzulegen. Als sie schließlich unter der Decke lag, begann sie ruhiger zu werden und starrte nur noch blicklos auf den Baldachin.
    Mary ließ sich am Bettrand nieder und summte ein Liedchen, was mich daran erinnerte, wie ich mich um May gekümmert hatte, wenn sie krank war. Ich fragte mich, was meine Familie von all diesen Ereignissen halten würde.
    Ich zog Anne in eine Ecke, damit Lucy uns nicht hören konnte. »Was genau ist passiert?«, fragte ich. »Ist jemand in den Palast eingedrungen?«
    »Nein, nein«, antwortete Anne. »Lucy hat immer diese Anfälle, wenn die Rebellen kommen. Man braucht nur über sie zu sprechen, dann bekommt sie schon einen Weinkrampf. Sie?…«
    Anne blickte auf ihre schimmernden schwarzen Schuhe und überlegte offenbar, ob sie mir etwas anvertrauen sollte. Ich wollte mich nicht in Lucys Leben einmischen, aber mir lag daran, zu verstehen, was hier vor sich ging. Anne holte tief Luft und sprach weiter.
    »Einige von uns wurden hier im Palast geboren. Mary zum Beispiel, deren Eltern auch immer noch hier sind. Ich war Waise und wurde aufgenommen, weil man gerade Bedienstete brauchte.« Sie strich über ihr Kleid, als könne sie damit etwas aus ihrem Leben abstreifen, das ihr zu schaffen machte. »Lucy wurde an den Palast verkauft.«
    »Verkauft? Wie ist das möglich? Es gibt doch keine Sklaverei im Land.«
    »Offiziell nicht, aber

Weitere Kostenlose Bücher