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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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und Wodkaflaschen. »Die verlassen mich nicht, an denen kann ich mich festhalten, die sind da, wenn ich sie brauche.«
    Dabei wäre auch er so gerne für sie da gewesen. Aber sie übersah ihn mit eisiger Beharrlichkeit, und so lernte er mit der Zeit, sich in die Kategorie jener Menschen einzuordnen, die nicht wahrgenommen werden.
    Wäre Meinrad Hiendlmayr vor einigen Monaten danach befragt worden, wie er sein Leben fände, so hätte er vermutlich mit einem gleichgültigen »Passt scho« geantwortet, auch wenn er selbst seine Existenz als eine verdammt traurige Angelegenheit empfand, über die er lieber nicht nachdenken wollte. Damals jedoch gab es niemanden, der ihm diese Frage hätte stellen können.
    Und dann war plötzlich etwas passiert, was sein Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf stellen sollte.
    Er erinnerte sich noch genau an den letzten aller langweiligen und unendlich öden Sonntagnachmittage im Mai. Es hatte gegen fünfzehn Uhr bei ihm geklingelt, und er, der davon ausging, dass sich die Nachbarskinder einen kleinen Scherz erlaubten, war unrasiert und ungeduscht in einem gestreiften Schlafanzug zur Haustür geschlurft.
    Eine ältere Frau stand vor ihm und strahlte ihn an.
    »Ja?« Er war davon überzeugt, dass sie sich in der Hausnummer geirrt hatte.
    »Sie kennen mich ned«, verkündete die Fremde. »Aber ich hab eine gute Nachricht für Sie und auch einen leckeren Kuchen.«
    Misstrauisch war Meinrad einen Schritt vor die Tür gegangen und hatte sich nach allen Seiten umgesehen. Er befürchtete, als zufälliges Opfer der Fernsehsendung »Verstehen Sie Spaß?« ausgesucht worden zu sein, vor allem deshalb, weil er am Abend zuvor eine Zusammenfassung der absurdesten Episoden dieser Serie gesehen und sich geschworen hatte, von nun an selbst bei der kleinsten Unregelmäßigkeit besonders wachsam zu sein. Er würde sich nicht zur Primetime im Abendprogramm als Volldeppen vorführen lassen. Er nicht!
    Aber vor der Tür seines kleinen Häuschens stand nur das schwarze Auto seiner Besucherin, und weit und breit waren weder versteckte Kameras noch Übertragungswagen zu sehen.
    »Kann ich reinkommen? Hätten S’ vielleicht eine Tasse Kaffee für uns?«
    Er blieb vorsichtig. »Aber ich kenn Sie doch gar ned.«
    »Das macht nix«, beruhigte sie ihn, immer noch mit diesem strahlenden Lächeln und den kleinen weißen blitzenden Zähnen, die so regelmäßig standen, dass sie nicht echt sein konnten. »Wir sollten uns unbedingt kennenlernen. Irgendwann sieht man sich doch immer zum ersten Mal, gell? Martha heiß ich, Martha Moosthenninger. Und Sie sind garantiert der Meinrad Hiendlmayr?«
    Er hatte keine Ahnung, was sie von ihm wollte. Sie sah nicht aus wie eine Verbrecherin und hätte vom Alter her seine Großmutter sein können, allerdings eine sehr jung gebliebene. Überwältigt von der Erkenntnis, dass jemand ihn, ausgerechnet ihn, gesucht und gefunden hatte, hatte er genickt und war zur Seite getreten.
    Im Wohnzimmer dokumentierte das Fernsehgerät ein Autorennen. Meinrad riss die Fenster auf. Winzige Staubpartikel wirbelten durch den Raum.
    »Sportlich sind wir also auch«, stellte seine Besucherin zufrieden fest und wischte einen Berg Zeitungen vom Tisch, um Platz für ihren Kuchen zu schaffen.
    »Das läuft nur so«, antwortete Meinrad, schaltete das Gerät aus und bediente in der Küche die Kaffeemaschine. »Bin glei wieder da!«
    Als er rasiert, geduscht und in Freizeitkleidung zurückkam, hatte sie bereits Teller und Besteck aus dem Trockengestell neben der Spüle genommen, den runden Wohnzimmertisch gedeckt und ihren Kuchen aufgeschnitten. Sie sah sich in den Räumen um, als sei es ihre Aufgabe, seinen Ordnungssinn zu kontrollieren. Da sie immer noch lächelte, ging er davon aus, auch diese eigenartige Prüfung bestanden zu haben. Aber – was wollte die nur von ihm?
    »Sind Sie wirklich Meinrad Hiendlmayr, könnt ich mal Ihren Pass sehn?«, fragte sie und entschuldigte sich im gleichen Augenblick: »Wissen S’, das ist nur zu unser aller Sicherheit, nicht dass ich hier schlafende Hunde weck oder gar den falschen Fisch an Land zieh, das gäb nur unnötigen Ärger.« Brav und wie immer gut funktionierend war er in die Diele gegangen, hatte seine Brieftasche aus der Lederjacke geholt und schweigend seinen Personalausweis neben ihre Kaffeetasse gelegt.
    »Dankschön auch, es muss halt alles seine Richtigkeit ham, vor allem, wenn’s um eine solch wichtige Sache geht.«
    Meinrad spürte, wie er

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