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Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Schröger , Katharina Gerwens
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aufrecht hin und verkündete: »Dass der Film eine Dokumentation ist von der kleinen Harbinger Agnes, die über die Fähigkeit verfügt, während des Hochamts Wunder zu vollbringen. Und das schauen wir uns jetzt an. Als der Film gedreht wurde, war die Agnes neun Jahre alt und hatte gerade das Sakrament der Erstkommunion empfangen. Und wie sie da so in der Kirche in der ersten Reihe sitzt, da sieht sie den Kelch mit den Hostien und verwandelt die vor Hochwürdens Augen in weiße Schmetterlinge. Und zwar bei jedem Hochamt. Jeden Sonntag.«
    »Nein«, sagte Ägidius Alberti.
    »Doch«, sagte Martha Moosthenninger. »Ich hab dann diese komische Filmrolle in eine große Plastiktüte gepackt und bin gleich am nächsten Tag mit dem Ding nach München gefahren. Dort hab ich eine Kopieranstalt gefunden, und die ham mir den Film auf diese kleine Scheibe hier gebrannt. Ich hab gleich ein Dutzend davon machen lassen. Man weiß ja nie. Sogar der Wilhelm war sprachlos, als ich ihm das vorgeführt hab, und die Agnes, als wir der das hier auf dem Bildschirm gezeigt haben, die konnte sich kaum noch an dieses Wunder erinnern. So bescheiden ist sie. Aber als sie dann den Film sah, fiel ihr alles wieder ein. Sodala, und jetzt müssen wir nur noch den Rekorder zum Laufen bringen.«
    Etwa zehn Minuten später stellte Bruder Ägidius seinen bis dahin unermüdlichen Konsum von Salzstangen und Erdnüssen ein und starrte vornübergebeugt auf den Fernsehschirm. Kopfschüttelnd murmelte er »Nein« und riss die Augen auf. Und zum zweiten Mal an diesem Abend sagte Martha, jetzt allerdings mit triumphierendem Unterton: »Doch.«
    Der Film währte genau sechs Minuten und vierundzwanzig Sekunden. Schauplatz war das Innere der Sankt-Konrad-Kirche während einer heiligen Messe. Kerzen brannten, in den Bänken des Mittelschiffs waren die Gläubigen versammelt, links die Frauen, rechts die Männer. Viele Kinder.
    Zu Beginn des Films betritt der erste Messdiener mit der Hostienschale den Altarteppich. Kameraschwenk. Das Kind Agnes springt auf, drängt seine Kameradinnen beiseite, verlässt seine Gebetsbank und stellt sich in die Mitte des Mittelgangs. Es hinkt ein wenig. Großaufnahme des Kindergesichts. Das Mädchen reißt die Augen auf und faltet seine Hände zum Gebet. Dann fokussiert das Aufnahmegerät Hochwürden Krafthueber in seinem goldbestickten Messgewand, wie er den Kelch mit den Hostien in beiden Händen hält. Auf einmal erheben sich aus dem Kelch blütenweiße Schmetterlinge, flattern mit zögernden Flügelschlägen um den Altar und über die Gläubigen hinweg, werfen filigrane Schatten und versammeln sich dann am Rand des Kelches, um sich in diesem wieder als weiße Hostien zu manifestieren. Das Kind schließt die Augen, senkt sein Haupt und geht in die Bank zurück. Als sei nichts gewesen.
    »Donnerwetter«, war das Einzige, was Ägidius Alberti dazu sagte. Dann holte er sein Büchlein hervor und begann wie wild darin herumzuschreiben.

Kapitel 16
     
    Adolf Schmiedinger konnte es nicht fassen: Dieser Reschreiter Luck schwieg weiterhin bockig vor sich hin. Ein alter störrischer Esel. Da halfen weder Bitten und Flehen noch finsterste Drohungen. Als hätte ihm jemand den Mund zugenäht.
    Auch Frau Reschreiter wusste keinen Rat. »Sonst redet er von morgens bis abends auf mich ein – aber jetzt, ich weiß nicht, was mit dem los ist. Man könnt fast meinen, dem wär der Teufel über den Weg gelaufen. Nicht einmal an seinen Hund richtet er ein nettes Wort. Gell, Lumpi? Dein Herrchen spinnt. Wenn ich nur wüsst, was ihm so die Sprache verschlagen hat.«
    Hilflos griff der Polizeiobermeister zu seinem Diensttelefon und rief bei Franziska Hausmann in Landau an.
    »Guten Morgen, Herr Kollege«, meldete die sich. »Na, wer war’s? Wer hat den Reschreiter dazu angestiftet, die Patronenhülsen zu verteilen? Sie haben ihn doch bestimmt zum Sprechen bringen können.«
    »Der sagt nix.«
    Franziska seufzte. »Was meinen Sie, warum schweigt der nur so hartnäckig?«
    »Der hat sicher einen Schwur getan«, brummte Adolf Schmiedinger, und ihm drängte sich der ungeheuerliche Verdacht auf, dass die Mafia Niederbayern erobert haben könnte und der arme Luck unversehens und wie immer völlig ahnungslos in ein hinterhältiges Komplott hineingeraten war. Fast tat ihm der Reschreiter leid. Andererseits war Adolf Schmiedinger in seiner Funktion als Polizeiobermeister dazu verpflichtet, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Um die Brisanz der augenblicklichen

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