Selig in Kleinöd: Kriminalroman (German Edition)
hast ihn nicht einmal mit auf die Karte setzen lassen? Nur dich und das Kind! Was hast du dir denn dabei gedacht? Die gehören doch auch dahin. Hat dich denn niemand beraten? Wie konntest du den einfach weglassen?«
»Weil der nicht trauert«, sagte Gertraud bestimmt und schrieb weiter.
»Im Vertrag steht’s auch nicht«, ergänzte Bernhard Döhring. »Wenn er mit auf die Karte gewollt hätte, hätte er es reingeschrieben. Also ich hätt das ja gemacht, denn dann ist die ganze Geschichte steuerlich besser absetzbar – aber der wird schon wissen, wie er das mit seinem Finanzamt regelt. Die Gertraud hat schon recht.« Dann schlurfte er vom Wohnzimmer in die Küche und setzte sich mit der Zeitung an den Esstisch.
»Lädst du auch welche aus dem Ort ein?«, fragte Charlotte, bevor sie in die Küche ging, um das Abendbrot vorzubereiten.
»Ich dachte an all eure Nachbarn«, antwortete Gertraud. »Es sind ja nicht mehr so viele. Und Günthers Bruder mit Familie lad ich natürlich auch ein, aber die kommen bestimmt nicht. Sonst hätt der sich ja gleich um alles kümmern können.«
»So, jetzt kommen Sie mal mit ins Wohnzimmer. Und dann nehmen Sie bittschön Platz.« Martha Moosthenninger schob Bruder Ägidius durch eine prachtvolle Kassettentür in einen Raum mit zwei ausladenden Sitzgruppen, alten Teppichen und einem offenen Kamin. »Wir sind hier fast nie«, gestand sie. »Essen tun wir in der Küche oder im Speisezimmer, arbeiten tut der Wilhelm in seinem Arbeitszimmer, und ich hab ja im oberen Stock meine eigene Stube, und erst wenn ich da bin, dann ist für mich richtig Feierabend. Dann erst ist mein Tagwerk vollbracht.« Sie seufzte demonstrativ. »Aber hier steht der DVD-Player. Können Sie so ein Ding bedienen?«
Er nickte.
»Ach, da bin ich aber froh, denn so richtig kenn ich mich ned damit aus. Das ist eigentlich die Aufgabe vom Wilhelm.«
Da sie inzwischen gelernt hatte, dass sie ihren Mitstreiter in Sachen Seligsprechung mit Essensangeboten bei der Stange halten konnte, nahm sie eine Bleiglas-Etagere aus dem massiven Eichenschrank und füllte sie mit salzigem Knabbergebäck. Er griff sofort zu.
Währenddessen holte sie einen Stapel beschreibbarer CD-ROMs hervor, die sie um sich herum auffächerte. Dabei handelte es sich hauptsächlich um Mitschnitte päpstlicher Konzerte und Hochämter. Der Abgesandte des Bischofs verdrehte die Augen und schenkte sich Rotwein nach. Er schien mit dem Schlimmsten zu rechnen.
»Letzten Sommer«, erklärte Martha, während sie die silbern glänzenden Scheiben zu verschiedenen Häuflein stapelte, »haben wir den Dachboden aufgeräumt, der Wilhelm und ich. Na ja, er hat ja kaum Zeit, aber ich hab gesagt: Was sein muss, muss sein. Wir haben sehr viel weggeworfen – man kann ja nicht alles aufheben, gell? Zum Glück haben wir aber auch das hier gefunden.« Sie hielt eine CD-ROM hoch, schüttelte den Kopf und stellte mit leuchtenden Augen klar: »Wenn ich noch einmal so einen Fund machen könnte, ich würd zwanzig Dachböden freiwillig leer räumen, ach was, Hunderte – selbst im heißesten Hochsommer. Aber so was gibt’s vermutlich nur ein einziges Mal auf dieser Welt.«
Ägidius sah sie zweifelnd an, doch bevor er einen Laut von sich geben konnte, wischte sie mit einer Handbewegung all seine Zweifel fort. »Eigentlich war es ein Doppel-Acht-Film, genauer gesagt, die Kopie davon. Das Original hat nämlich der Herr Krafthueber, was der Vorgänger von uns, von dem Wilhelm und mir, gewesen ist, an Ihren Bischof geschickt. Mit einem langen Brief, auf den der ja wohl nie geantwortet hat.« Der Vorwurf in ihrer Stimme war nicht zu überhören. »Und wissen Sie, was in dem Brief stand und was auf dem Film zu sehen ist?«
Ägidius Alberti schüttelte den Kopf.
»Womöglich ist das Schreiben gar nicht bis zum Bischof vorgedrungen«, bot sie als Entschuldigung an. »Immerhin hat der gute Krafthueber damals, als sich die Zeichen häuften, einen Fachmann aus der Filmbranche aufgetan. Das war durchaus weitsichtig. Und der hat die erste Wundertat der kleinen Agnes gefilmt, woraufhin er das Ganze mit einem Brief nach Regensburg geschickt hat. Vielleicht hat er auch deshalb keine Antwort bekommen, weil der Bischof keinen Filmprojektor hatte – oder keine Zeit. Als ich den Brief gelesen hab, da hab ich gleich g’wusst, dass ich damit den Beweis in meinen Händen hielt. Denn wissen S’, was da drin stand?«
Wieder schüttelte der Abgesandte des Bischofs den Kopf.
Martha stellte sich
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