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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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der Seele zu reden und weitere Informationen auszutauschen.
    »Eigentlich fuhren wir in die Toskana, weil sie mir ein Haus, eher einen Landsitz, zeigen wollte«, erzählte Felix und schielte mißbilligend auf meine zehnte Zigarette, »also ein Haus, das Cora schon seit langem gern gekauft hätte. Sie wollte wissen, ob ich mir vorstellen könnte, immer dort die Semesterferien zu verbringen. Als wir auf dem Weg dahin noch etwas essen gingen, hat sie rein zufällig diesen Dino am Nachbartisch entdeckt. Und von da an...«
    Ich überlegte, ob das wirklich ein Zufall gewesen sein konnte. »Das Podere ist nicht mehr zu haben, es gehört schon längst einer Amerikanerin. Wie wollte Cora da überhaupt reinkommen?« fragte ich. »Man schellt doch nicht bei fremden Leuten und sagt: Lassen Sie mich mal rein, eigentlich gehört dieses Haus mir... «
    So ganz legal sei das nicht gelaufen, erklärte Felix. Der bewußte Dino kenne den Nummerncode für die digitale Schließanlage des großen Tors. Mitten in der Nacht seien sie hingefahren und hätten den Wagen im Unterholz stehengelassen.
    Dann hätten sie sich in den dunklen Garten begeben und seien ums Haus geschlichen. Obwohl die Besitzerin schlafend im Bett lag, war alles hell erleuchtet. Und dann habe Cora auch noch darauf bestanden, daß sie zu dritt schwimmen gingen.
    Felix verstummte plötzlich und hing eine Weile finsteren Gedanken nach, bis ich ihm einen ermunternden Schubs gab. »Auf einmal merkte ich, daß die beiden wie zwei Affen herumknutschten. Und von da an war ich Luft. Zwei Tage darauf bin ich abgereist, und das war 48 Stunden zu spät.«
    Nach einer kleinen Pause versuchte ich, unverfängliche Konversation zu machen: »Mal abgesehen von deinem
    persönlichen Frust - ist die Toskana nicht einfach zauberhaft?«
    »Doch«, sagte Felix gedehnt, »aber eher etwas für ältere etablierte Herrschaften. Ich spare seit langem für eine Reise nach Amerika, denn ich habe dort eine Tante und Vettern, die ich noch nie besucht habe. Kanada wäre auch ein Traumziel!«
    Den beiden Senioren im Krankenzimmer nicht unähnlich, saßen wir wie alte Freunde auf der Bank, plauderten vertraulich und fühlten uns als Schicksalsgefährten. Unvermittelt sah mir Felix direkt in die Augen und fragte: »Und du, hast du mit Andy geschlafen?«
    Nach all der Tristesse mußte ich kichern und antwortete fröhlich: »Eigentlich schon!«
    Die Besuchszeit war um. Charlotte sollte diesmal nur eine knappe Stunde bleiben, da ihre Visiten den alten Hugo anstrengten und aufwühlten. Aus Hugos Zimmer drang dünner Gesang. Ich packte Felix fest an der Gürtelschlaufe, damit er nichts übereilte.
    Hugo sang: Ich bin nur ein armer Wandergesell, Gute Nacht, liebes Mädel, gut' Nacht! und Charlotte fuhr fort Und muß ich morgen früh wieder weg, dann nehm' ich Erinn'rung als einziges Gepäck!
    Mit Tränen der Rührung in den Augen und Felix an der Hand trat ich ein. Das Altenmusical war ebenso komisch wie kitschig, aber ich ahnte, daß es hier Gefühle gab, die ich bis jetzt nur für mein Kind und noch nie für einen Mann empfunden hatte.
    Als wir Charlotte Schwab wieder ins Auto verfrachtet hatten, atmete sie ein wenig geräuschvoll und faltete unentwegt ein mit gelben Mausezähnen umhäkeltes Tüchlein zusammen und auseinander.
    »Na, Oma, geht es dir an die Pumpe?« fragte Felix burschikos.
    »Bei jedem Besuch muß ich denken, es könnte der letzte sein«, sagte sie. »Wurde euch die Zeit sehr lang, Kinder?«
    Wir wollten sie noch ins Haus begleiten, aber sie lehnte unsere Hilfe dankend ab. Wahrscheinlich wollte sie, ergriffen, wie sie war, alleine sein und sich ein wenig hinlegen.
    »Kommst du noch mit zu uns?« fragte mich Felix, aber ich mochte heute auf keinen Fall dem grimmigen Andy ein zweites Mal über den Weg laufen. Außerdem wollte ich nach Hause, um mich auf den morgigen Italienischkurs vorzubereiten.
    »Mein neuer Wagen muß eingefahren werden«, sagte Felix, »wenn du möchtest, bring ich dich bis ans Ende der Welt.«
    Weil ich mich über dieses Angebot freute, kam mir erst auf der Fahrt in den Sinn, daß eigentlich keiner wissen sollte, wo ich wohnte. Aber ich sagte nur: »Du mußt mir versprechen, daß niemand meine Adresse erfährt, vor allem Cora nicht. Sie soll im eigenen Saft schmoren...«
    »Auch nicht die Telefonnummer?«
    Auf keinen Fall, verlangte ich.
    So kam es, daß Felix gemeinsam mit mir die Wohnung im Westend betrat und sich mit freundlichem Interesse umsah.
    »Wo ist denn

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