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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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Krücke ab und führte ihn zu einem parkenden Wagen.
    Ich konnte noch hören, wie der Junge begeistert vom InternetCafe erzählte.
    Meine Erleichterung war groß, in Gedanken las ich Kathrin wegen ihrer Panikmache die Le viten. Hoffentlich meldete sie sich heute abend oder kam bald zurück, damit ich ihr die erfreulichen Neuigkeiten mitteilen konnte: Entwarnung und tausend Mark in der Kasse.
    Zunächst rief allerdings Coras Halbvetter an, falls es den Begriff überhaupt gab. Eigentlich wollte Felix nichts Bestimmtes, bloß ein wenig plaudern.
    »Hat sich Andy beruhigt?« fragte ich.
    Er wußte es nicht, hatte nur Spuren in Bad und Küche
    gesichtet.
    »Und Cora? Gibt es etwas Neues?« fragte ich nervös.
    Leider nicht.
    Kaum war dieses Gespräch beendet, klingelte es erneut.
    Kathrin plapperte los, bevor ich überhaupt zu Wort kommen konnte: »Sicher hattest du keine Ahnung, daß dein Dirndlkleid ein Museumsstück ist! Alte Ausseer Urtracht.
    Mitten auf der Straße wurde ich von einer Dame
    angesprochen, die hier in Innsbruck ein Trachtengeschäft
    besitzt. Sie hat einen Stoß Schillinge hingeblättert und mir eine Hirschlederhose geschenkt, weil sie dein Kleid unbedingt als Schaufensterdekoration verwenden will! Ich habe ihr nicht verraten, daß es aus einem Lumpensack stammt.«
    Ich ging nicht auf ihr Geschwätz ein. »Kathrin, du hättest gar nicht wegfahren müssen. Ich habe 1000 Mark von Felix abgestaubt, und dein Zuhälter ist ein harmloser Papi, der seinen
    Sohn vom EDV-Kurs abholt. Übrigens, hast du schon bei meinem Eisenbahnbekannten vorgesprochen?«
    Bei den tausend Mark schnalzte sie zwar erstaunt und anerkennend mit der Zunge, fuhr aber erst einmal mit dem Reisebericht fort: »Dein Souvenirhändler hat mir netterweise für die erste Nacht ein Zimmer angeboten, ich bin aber lieber ins Gasthaus gegangen. Nach dem Verkauf des Dirndls konnte ich ja eine Hotelrechnung bezahlen.«
    »Und was ist mit dem Bild?« fragte ich und wartete auf den vertrauten Seufzer.
    »Im ersten Antiquitätengeschäft hat der Besitzer das Bild auffällig lange mit und ohne Lupe betrachtet und mich befragt, woher ich es hätte. Familienbesitz, habe ich behauptet.
    Daraufhin hat er mich in sein Büro genötigt und eine CDRom ins Notebook geschoben. Auf dem Cover konnte ich lesen: Stolen Works of Art! Anscheinend haben wir aber Glück gehabt, denn dieses Gemälde tauchte nicht in der Liste auf. Als im Nebenzimmer das Telefon klingelte, faßte ich mir ein Herz und tippte Matisse ein. Mein schönes Haremsbild ist tatsächlich echt und zur Fahndung ausgeschrieben.
    Wie gut, daß ich statt dessen die Alpenlandschaft mitgenommen hatte!«
    Ich fand es erfreulich, daß man Kathrin nicht verhaftet hatte, aber andererseits war das wertvollste der vier Bilder nun nahezu unverkäuflich. »Du sagtest gerade, das war der erste Antiquitätenhändler - hat er dein Bild also nicht kaufen wollen?«
    »Er hat einen lächerlichen Preis genannt, daraufhin bin ich gleich zum nächsten gegangen. Das war ein richtig feiner Typ: Kniestrümpfe, Seitenscheitel, ovale Goldbrille und Blazer mit Ankerknöpfen. Er hat bar bezahlt, ohne auch nur eine Frage zu stellen; vielleicht wollte er Schwarzgeld loswerden. 10000 DM sind doch nicht schlecht?«
    Ich war zwar beeindruckt, aber wahrscheinlich war das Gemälde das Dreifache wert. »Kommst du morgen zurück?« fragte ich.
    »Eigentlich will ich noch ein bißchen bleiben«, sagte Kathrin in bester Laune, »es ist so schön hier! Außerdem ist es der Hit, mal im Trachtenladen auszuhelfen.«
    Etwas empört bedeutete ich ihr, daß sie doch hier in Frankfurt eine verpflichtende Anstellung hätte.
    »Kannst du mich nicht noch ein- bis zweimal vertreten?
    Für die nächsten Tage hast du doch genug Kohle«, sagte sie.
    »Es gibt gar keinen Grund dafür, daß ich Hals über Kopf nach Hause soll! Innsbruck ist das reinste Paradies, der Phlox blüht in allen Gärten.«
    Ich verdrehte die Augen.
    »Es wimmelt von deutschen und italienischen Touristen, denen man mit etwas Geschick ein teures Gewand andrehen kann. Kennst du überhaupt den Unterschied von Kaiser- und Stehkragenjoppe? Und weißt du, was eine Kärntner Hochzeitsbluse oder ein Flachgauer Hemdel ist?«
    Wütend legte ich auf. Erst hinterher fiel mir ein, daß ich nicht gefragt hatte, wie ich sie erreichen konnte. Schon wieder hatte ich mir eine unzuverlässige Freundin zugelegt, die sich noch nicht einmal erkundigte, wie es mir beim Unterricht ergangen war. Am

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