Sengende Nähe - Singh, N: Sengende Nähe
„Aber es wird nicht wieder vorkommen.“ Wenn sie sich das nur oft genug sagte, würde ihr treuloser Körper es vielleicht endlich zur Kenntnis nehmen und sein Verlangen einstellen.
Die alte Frau bedachte sie mit einem unfreundlichen Blick. „Was für eine Schande. Stehst du mehr auf hübsche Kerle?“ Sie schnaubte. „Als ich so jung war wie du, mussten Männer noch wie Männer aussehen.“
Mercy hatte keine Gelegenheit mehr zu antworten, denn die Frau schlug ihr die Tür vor der Nase zu. Heute kritisierten alle an ihr herum. Und nachdem Riley sie schon einen Feigling genannt hatte, war ihre Stimmung jetzt erst recht im Keller. Aber in diesem Augenblick meldete sich der Techniker, und sie gab die Informationen an ihn weiter. Er versprach, sich sofort zu melden, wenn sie etwas in der Hand hätten.
Riley wartete am Ende der Sackgasse, daher wusste die alte Dame also, wie er als Mensch aussah. „Hast du etwas herausgefunden?“
Mercy klangen noch die Worte der Frau im Ohr, und sie sah sich Riley noch einmal genauer an, während sie ihm erzählte, was sie erfahren hatte. Er sah männlich aus, o ja, dachte sie, hart und rau, stand mit beiden Beinen fest auf der Erde. Kaum zu glauben, wie stark er war. Was die sanfte Art, mit der er den Dorn aus ihrem Fuß geholt hatte, nur noch außergewöhnlicher erscheinen ließ.
Sie wusste genau, wozu die witzigen Bemerkungen dienen sollten. Der verfluchte Wolf hatte für sie gesorgt. Und er hatte es auf die richtige Art und Weise getan. Sie wusste noch nicht, was sie davon halten sollte, und konzentrierte sich lieber auf die Jagd. „Eine gute Spur.“
„Irgendetwas stimmt nicht damit“, murmelte Riley und rieb sich mit der Hand über die Wange, auf der sich ein dunkler Schatten zeigte. „Dem Chip nach zu urteilen, handelte es sich um eine Eliteeinheit des Menschenbundes, aber warum sollten sie Spuren hinterlassen, wenn sie so clever sind? Und ihren Wagen so sorglos hinstellen?“
„Glaubst du, der Chip ist eine falsche Fährte?“
Er schaute die Straße hinunter, als könne er sehen, was gestern Nacht geschehen war. „Lucas hat mich angerufen, während du bei deiner Informantin warst. Nashs Professor meinte, mehrere mediale Firmen hätten Nash den Hof gemacht.“
Mercy blinzelte. „Mediale schotten sich ziemlich ab. Besonders was ihre Forschungen angeht. Warum sollten sie Interesse an einem Gestaltwandler haben?“
„Nash ist ein äußerst begabter Gestaltwandler. Im Bereich der Nanotechnologie ist er offenbar genial. Du weißt genauso gut wie ich, dass der Rat gerade erst zwei Topwissenschaftlerinnen verloren hat.“
Mercy pfiff lautlos durch die Zähne. „Das Implantationsprogramm ist durch Ashayas Verlautbarungen über den Nachrichtensender ein für alle Mal gescheitert.“ Das gesagte Programm hätte die Medialen geistig zu einem einzigen Wesen machen sollen, einem grenzenlosen, kollektiven Gehirn.
„Stimmt, aber vielleicht ist ja jemand auf den Gedanken gekommen, es für zukünftige Forschungen in der Hinterhand zu behalten.“ Er zuckte die Achseln. „Wäre jedenfalls möglich.“
„Aber wenn du recht hast, dann haben sich entweder die Medialen Nash geschnappt und schieben die Schuld dem Bund in die Schuhe, oder –“
„Der Menschenbund hat schlampig gearbeitet.“
Mercy rieb sich die Stirn. „Oder wir versauen es, weil wir zu kompliziert denken.“
„Die Wahrheit werden wir wohl erst wissen, wenn wir Nash gefunden haben.“
Ihr Kopf zuckte hoch, er hatte sehr drohend geklungen. „He, lass das. Wir sind in einem Menschenviertel.“
Seine Augen waren nicht mehr schokoladenbraun. „In dem Gebiet der Wölfe.“
„Der Leoparden und der Wölfe.“ Sie weigerte sich, unter diesem Raubtierblick zu kuschen, obwohl sie innerlich fror. Sie hatte noch nie erlebt, dass Riley so schnell die Beherrschung verloren hatte. „Was hat dich denn gestochen?“
„Wenn Nash etwas geschieht, wird sich Willow ein Leben lang Vorwürfe machen, weil sie ihrem Bruder nicht helfen konnte.“
Ach so. „Ihm wird schon nichts passieren – er ist ein Raubtiergestaltwandler. So leicht sind wir nicht umzubringen.“ Sie ließ ihre Stimme so arrogant wie nur möglich klingen. „Hör endlich auf, dich in Selbstmitleid zu wälzen, und lass uns weitermachen. Schließlich geht es nicht um dich.“
Riley starrte sie mit kalten Wolfsaugen an, und bernsteinfarbene Wut glomm darin. „Eines Tages“, sagte er ruhig, „wird dir deine Überheblichkeit mehr Schwierigkeiten
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