Sengendes Zwielicht - Lady Alexia 05
meiste Zeit war dies bloß kindliche Begeisterung und nicht beunruhigender, als wenn die kleine Primrose ständig nach Borten und Federn grabschte. Aber nun war Prudence ein Vampir, und sie war mehr als stark genug, um den Stuhl ernsthaft zu beschädigen.
Lady Maccon hechtete vorwärts. Zum Glück war Prudence so auf den Stuhl konzentriert, dass sie nicht auf ihre Mutter achtete und auswich. Alexia packte sie schnell am Arm, um eine Katastrophe zu verhindern.
Die Vampire, die in diesen kurzen, schrecklichen Augenblicken allesamt vor verblüfftem Entsetzen wie erstarrt gewesen waren, sprangen nun einhellig auf und stellten sich zwischen die Maccons und ihre Königin. Sie schrien Alexia und Prudence Anschuldigungen auf Arabisch entgegen.
Einer von ihnen rannte mit erhobener Hand auf sie zu, um Alexia ins Gesicht zu schlagen.
Da sie Prudence mit beiden Händen festhielt, konnte Alexia nicht nach ihrem Sonnenschirm greifen, deshalb wich sie zurück und beugte sich über ihre Tochter, um Prudence vor dem Schlag zu schützen.
Plötzlich stand zwischen Alexia und dem Vampir ein sehr großer, sehr wütender gestromter Wolf. Seine Nackenhaare sträubten sich, seine gewaltigen weißen Zähne waren gefletscht, und Geifer troff von seinen rosigen Lefzen.
Ein solcher Gegner war etwas Furchterregendes für jedes Geschöpf, ganz zu schweigen für solche, die seit Hunderten von Jahren keinen Werwolf mehr gesehen hatten.
Lord Maccon ging langsam rückwärts, bis er Alexias Rock berührte.
Da die Vampire ihre Aufmerksamkeit nun auf diese neue Bedrohung konzentrierten, ergriff Alexia die Gelegenheit, Prudence auf den Arm zu nehmen und mit der freien Hand ihren Parasol von der Chatelaine zu lösen. Sie hob ihn hoch und lud die Spitze mit einem Betäubungspfeil. Gleichzeitig wich sie langsam zum Ausgang zurück, da sie den beständigen pelzigen Druck, den ihr Gatte durch die Schichten ihrer Röcke hindurch gegen ihre Beine ausübte, richtig deutete.
Einer der Vampire täuschte einen Ausfall in Richtung des Earls an. Gleichzeitig machte ein anderer einen Satz auf Alexia zu. Ohne nachzudenken, griff der Werwolf den ersten Vampir an, schnappte nach seinem Oberschenkel und schleuderte ihn heftig gegen den anderen Vampir. Beide stürzten zu Boden, bevor sie einen Sekundenbruchteil später wieder auf die Beine sprangen.
Sofort schoss Alexia auf einen von ihnen den Betäubungspfeil ab. Der Blutsauger ging auf der Stelle wieder zu Boden, und diesmal blieb er eine Weile liegen, bevor er sich benommen wieder aufrappelte.
Alexia strebte nun entschlossener dem Ausgang zu, ohne jedoch ihre Aufmerksamkeit von dem wimmelnden Haufen wütender Vampire abzuwenden. Conall blieb dicht bei ihr, mit einer knurrenden, bellenden, zähnefletschenden Wildheit, um die Vampire auf Abstand zu halten.
Kanzler Neshi trat vor, langsam und mit leeren, beschwörend erhobenen Händen. »Bitte, Lord Maccon, wir sind solche Eskapaden nicht gewöhnt.«
Conall knurrte nur, tief und wütend.
Falls Alexia an dieser Stelle eine Entschuldigung erwartet hatte, wurde sie schwer enttäuscht. Der Mann bewegte sich nur zentimeterweise näher, wobei er nicht wenig Tapferkeit demonstrierte, und wies den Wolf zum Ausgang wie ein Portier. »Hier entlang, Mylord. Wir danken Ihnen für Ihren Besuch.«
Alexia nahm dies als Erlaubnis, drehte sich um und schritt mit aller gebührenden Eile aus dem Raum. Wenn sie nicht erwünscht war, würde sie selbstverständlich auch nicht bleiben. Nach einem Augenblick des Zögerns folgte Conall ihr.
Prudence zappelte im Arm ihrer Mutter, doch Alexia hatte genug für einen Abend und packte sie fester.
»Nein!«, schrie das Kind auf. »Mama, nein. Armer Dama!«, rief sie in ihrem hohen Sopran und bog sich angestrengt zurück in Richtung des Saals.
Alexia blieb stehen, drehte sich um und warf einen Blick zurück. Die Vampire standen in einer dichten Traube vor ihrer Herrin, doch Königin Matakara saß auf dem Podest erhöht genug, dass Alexia den Blick der Vampirkönigin über das Gedränge hinweg sehen konnte. Erneut erkannte Alexia die tiefe Traurigkeit darin, und das Gefühl überkam sie, dass Matakara etwas von ihr wollte, und zwar so sehr, um sie den ganzen Weg nach Ägypten kommen zu lassen.
Wie kann ich Ihnen denn helfen? Alexia spürte ein Ziehen an ihrem Kleid und sah, dass Conall den Saum fest zwischen den Zähnen hatte und daran zerrte, damit sie weiterging. Also tat sie es.
Kanzler Neshi lief auf sie zu, doch diesmal sprach er
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