Sensation in der Manege
besuchen, sich den Zirkus zeigen zu lassen und anschließend die Vorstellung anzuschauen.
So war nun Johnnys Spezialtruppe, wie sich diejenigen nannten, die ständig freiwillig im Stall mitarbeiteten, gemeinsam mit Bille, Bettina und Florian unter Führung des Indianers nach Neukirchen unterwegs. Bille hatte sich Zottel gesattelt, und Florian ritt seit langer Zeit einmal wieder Bongo, der sonst nur noch im Gespann ging oder auf die Koppel geschickt wurde. Nico auf Maestros Rücken hatte das ungewohnte Vergnügen, auf Florian herabsehen zu können. Mini hatte sich Happy erkoren. Johnny saß in Whiskys Sattel. Beppo kauerte auf Rumpelstilzchen wie ein Jockey, und Bettina begleitete die Gruppe im Sattel ihrer Haflingerstute Sternchen.
Der Bauernhof, dessen Gebäude dem Zirkus als Winterquartier dienten, lag neben einem Fabrikgelände vor der Stadt. Längst waren die Felder zu Bauland geworden; es gab nur noch wenige Koppeln, auf denen der Bauer etwas Vieh gehalten hatte, bis er den Hof aufgab. Bald sollten auch die verschwinden und neuen Fabrikgebäuden Platz machen. Der Hof war zum Abbruch bestimmt.
Doch vorerst wimmelte es hier von Tieren und buntem Volk, das sich in Ställen, Scheunen und Wohnhaus für die Wintermonate eingerichtet hatte. Zur Straße hin erhob sich das große Zelt mit dem Kassenwagen und dem Bürowagen davor, eingerahmt von Lichterketten und einem farbenprächtigen Portal aus Holz, auf dem die aufregendsten Zirkussensationen abgebildet waren. Hinter dem Hof lagerte wie eine Schar Küken um die Henne ein Dorf aus Zirkuswagen. Die Tiere waren aus luftigen Zelten in warme Ställe umgezogen; in der Scheune residierten die Elefanten.
Macky Miller empfing seine Gäste am Ende des Wagendorfes. Überschwenglich begrüßte er seine alten Freunde Happy, Maestro und Whisky, erst dann schüttelte er seinen Gästen die Hände und geleitete sie in den Hof.
„Ihr könnt eure Pferde da drüben auf die Koppel bringen; der Direktor weiß Bescheid. Mit unseren Ponys werden sie sich schon vertragen, sie sind ja schließlich Kollegen. Ali wird sie im Auge behalten. Für die Sättel ist in der Remise Platz, legt sie auf den Anhänger dort.“
„Prima, danke schön!“
Bille beobachtete schon seit einer Weile amüsiert, wie Zottel aufgeregt die Ohren spitzte und wie elektrisiert die Nüstern blähte . Ungeduldig drängte er dem Zelt entgegen, von dem ein Duftgemisch aus Holz, Leim, Sägemehl und der scharfe Geruch von Raubtieren ausging .
„Ich möchte zu gern wissen, was Zottel früher im Zirkus getrieben hat!“ sagte sie. „Seht nur, wie aufgeregt er ist! Ob er hier alte Bekannte trifft?“
„Wenn er einmal zu uns gehört hat, müßte das unser Stallmeister wissen“, meinte Macky Miller. „Er würde ihn sofort erkennen. Aber wahrscheinlich ist es nur der Geruch, der ihn an früher erinnert. Kommt, ich werde euch erst mal in unseren Restaurantwagen führen, damit ihr euch stärken könnt für die große Besichtigung.“
Sie brachten die Pferde auf die Koppel, überzeugten sich, daß es zwischen Zirkusponys und Gästen keine Feindseligkeiten gab, dann folgten sie Macky Miller zu einem der schweren, hölzernen Wagen und kletterten hinter ihm die Stiege hinauf.
„Wie ein altmodischer Speisewagen“, flüsterte Bettina. „Urgemütlich! Es muß herrlich sein, mit dem Zirkus zu reisen!“
„Vielleicht engagieren sie uns als Stallhelfer, wir können ja mal fragen“, antwortete Bille. „Ich bin riesig gespannt auf ihre Pferde!“
Macky Miller hatte sich gut auf ihren Besuch vorbereitet. Die Tische waren bereits für sie gedeckt, ein Imbiß stand bereit, und Macky kümmerte sich persönlich darum, daß Teller und Becher immer wieder gefüllt wurden. Während sie aßen, tauchte alle paar Minuten jemand auf, um den alten Kollegen Johnny zu begrüßen und ihn über sein Leben in Groß-Willmsdorf auszufragen. Johnny erzählte stolz von seiner Arbeit und seinen Schützlingen und erkundigte sich nach alten Freunden und Bekannten. Die Leute vom Zirkus schienen wirklich eine große Familie zu sein.
Schließlich klatschte Macky Miller in die Hände.
„Freunde, ich hoffe, ihr seid alle satt geworden — jetzt wollen wir mit der Führung beginnen! Danach ist für euch die Loge reserviert, von der aus ihr euch die Vorstellung ansehen könnt. Darf ich euch bitten, mir zunächst zu meinem eigenen, bescheidenen Heim zu folgen.“
Wenn sie sich unter einem Zirkuswohnwagen eine von bunten Requisiten überquellende
Weitere Kostenlose Bücher