Sense
bringen. Details aus erster Hand, die es mir erlauben könnten, Siegfried König wegen des Verdachts des Mordes zu denunzieren. Und sei es nur, um ihn heute Abend beschäftigt zu wissen.
Denn die Prinzessin stand wohl verschlossen, aber unbewacht in einer Halle ganz am Ende einer hinter dem Mülheimer Straßenbahndepot langführenden, schlauchartigen, in ein kleines Geviert von Hallen, Schuppen, Werkstätten mündenden Sackgasse.
Ganz allein und unbewacht. Ich hatte eine Feuerleiter erklommen und war ein Flachdach langgerobbt, bis ich mit angehaltenem Atem und der Nase in der Dachrinne beobachten konnte, wie Elvis - in schlichtem, schwarzem Leder heute -ohne die Grazie, dafür aber stilsicher mit einem Dobermann an kurzer Leine und beflügelt von einer Scheißlaune das Einrangieren des Bootsanhängers mit unsinnigen Kommandos weiter verkomplizierte. Ein Dunkelhaariger mit hufeisenförmigem Schnauzer lenkte den Range Rover, rückwärts, während die beiden halslosen Kahlschädel unter Elvis' finsterem Blick hektische und einander widersprechende Richtungsanweisungen gaben. Freund Spiegelbrille stand derweil mehr oder weniger -bis auf die untere Zahnleiste - reglos so, dass er sowohl die Straße als auch den rechtwinklig davon abknickenden Platz im Auge behalten konnte.
Ein paar Zimmerleute, die vor ihrer Werkstatt Balken wuchteten und Späne fliegen ließen, betrachteten die Rangierarbeiten mit wenig Interesse und, wie mir schien, allenfalls schwachem Amüsement.
Die >Princess Stephanie< steckte mit dem schmalen Gesäß in der Halle, mit der spitzen Nase noch draußen auf dem Platz und hatte sich irgendwie leicht verkeilt, als mich ein weiterer, zu erwarten gewesener und doch wie immer überraschend niedergehender Aprilschauer von meinem Aussichtspunkt vertrieb. Drei Straßenbahnen lang wartete ich unter dem Dach einer Haltestelle, bis sie endlich kamen. Schnauzer und die beiden Rundschädel im - nun hängerlosen - Rover, Elvis und der reflektorbebrillte Wiederkäuer im hochglanzpolierten Ferrari. Die Prinzessin war allein. Ich wäre auf der Stelle zurückgeeilt, doch die Frage, ob die Zimmerer mit der gleichen Gelassenheit mit ansehen würden, wie ich dem Tor zur Halle mit einem Kuhfuß zu Leibe rückte, ließen mir ein Abwarten bis zur Dunkelheit angeraten erscheinen. Außerdem wollte ich ja nicht nur reingehen, sondern auch rausholen und abtransportieren, und das ging schlecht allein. Nicht in kürzester Zeit und nicht bei den Mengen, die ich erwartete.
Irgendwo hier ... Ich stoppte. Nicht irgendwo. Hier.
Hier war's gewesen. Zehn wie eine Schlosstreppe geschwungene, nach oben hin schmaler werdende Sandsteinstufen brachten mich bis vor die in Würde gealterte, eichene Haustür mit ihrem blitzblanken Messingklopfer. Ich benutzte ihn seiner Bestimmung entsprechend und fand dann noch die Muße, den kunstvoll in das Messing getriebenen Namenszug zu entziffern. Konstantin Georgudopulos stand da.
Nimm dich vor ihm in Acht, hatte Scuzzi mich gewarnt.
Man erkannte mich wieder. Der Effekt weitete dem Lakaien kurz die Augen - in etwa wie ein Treffer Hammer auf Daumen - und hielt ihn des Weiteren davon ab, die Türe mehr als nur einen Spalt weit zu öffnen. Nachsichtig lächelnd reichte ich meine Karte hindurch, die er mit spitzen Fingern nahm und unter Runzeln der Brauen betrachtete.
»Na, dann hüpf mal los, und melde mich an«, ermunterte ich ihn.
Die Haustüre schloss mit einem ausgesprochen soliden Ton. Eine gewisse Spanne Zeit ging ins Land. Drüben wartete der Friedhof.
Man musste schon genau hinsehen, um hier und da ein paar Knospen an den Bäumen, das allererste, zarte Grün an den Büschen zu erspähen. Einzig das unablässige Vogelgezwitscher machte deutlich, dass der Frühling wirklich nahte.
Witwen tapsten in stiller Zufriedenheit mit Harken und Gießkannen zwischen den Gräbern herum.
In etwas über einer Stunde würde es zu dämmern beginnen.
»Herr Georgudopulos kann sich nicht erinnern, Ihnen einen Termin gegeben zu haben, und kann sich auch nicht vorstellen, was der Inhalt eines Gespräches mit Ihnen sein sollte.«
Das hatte er fein aufgesagt, und der Stolz darauf stand ihm in das jungenhafte Gesicht geschrieben. Mit vielleicht gerade mal knapp zwanzig und dem Körperbau eines Balletttänzers brachte er weder das Alter noch die Statur mit für einen ernst zu nehmenden Butler. Auf mich wirkte er eher so, als ob ihn der Hausherr des abends öfter mal ermutigte, die arg eng sitzende Uniform doch
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