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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clausia Puhlfürst
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bleiben.« Der gefesselte Mann schob die Lippen vor. Dann kam seine Zunge heraus und leckte darüber. »Ich habe Durst.«
    »Na und? Glauben Sie im Ernst, ich hole Ihnen auf Kommando etwas zu trinken?« Matthias zog den Drehstuhl vom Schreibtisch heran, schloss die Schlafzimmertür und setzte sich. »Jetzt plaudern wir erst einmal ein wenig.« Rainer Grünkern hatte ganz recht gehabt. Die Festung, die er sich hier eingerichtet hatte, um ungestört seinen perversen Neigungen frönen zu können, war dazu angelegt worden, keine Informationen herausdringen zu lassen. Es war mit den massiven Rollos und seiner Lage an der Außenwand des Blocks das ideale Zimmer, um jemanden zu »befragen«.
    »So, Herr Grünkern. Ich muss Sie nicht erst fragen, ob Sie sich an das Kinderheim Ernst Thälmann erinnern. Sie haben es
vorhin ja selbst angesprochen. Sie haben mich sogar wiedererkannt.«
    »Klar hab ich dich erkannt. Du warst ja lange genug unter meiner Obhut, nicht?« Die gelben Zähne erschienen, als Rainer Grünkern sein schmieriges Lächeln lächelte. Matthias fühlte einen Schauer über sein Rückgrat laufen. Sein Verstand weigerte sich noch immer, ihn die Dinge sehen zu lassen, die der Heimleiter den Kindern und vielleicht auch ihm selbst angetan hatte. Aber eigentlich reichte das, was er hier gefunden hatte, aus. Das Schwein ging noch immer seinen abartigen Vorlieben nach.
    »Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten.« Zuerst die Informationen. Dann die Strafe. »Was haben Sie damals mit den Kindern angestellt?«
    »Du weißt es also nicht mehr? Dann werde ich lieber auch nicht darüber sprechen. Es könnte alte Wunden wieder aufreißen, und das wollen wir doch nicht, oder?«
    »Ich will Antworten!« Matthias stieß dem Mann am Boden eine Fußspitze in die Seite.
    »Binde mich los, dann reden wir in Ruhe darüber. Es war eine schlechte Zeit damals. Ich möchte dich gern für das geschehene Ungemach entschädigen. Ich habe Goldmünzen. Eine größere Menge. Die kannst du mitnehmen.« Bot der Kerl ihm etwa Schweigegeld an? Und wieso duzte er ihn noch immer?
    Matthias schob den Stuhl nach hinten, kniete sich hin und näherte seinen Mund dem Gesicht des ehemaligen Heimleiters, um ihm etwas zuzuflüstern. Die Poren auf dessen Nase wirkten in diesem Abstand wie Krater. Aus der Nähe sah man die geplatzten Äderchen. Noch ehe er jedoch ein Wort sprechen konnte, überrollte ihn der bittere Schweißgeruch des Mannes wie eine Flutwelle, plötzlich sah er vor seinem inneren Auge einen behaarten weißen Hintern auf und nieder zucken, und dann schoss das, was vor einigen Stunden sein Frühstück gewesen war, mit einem sauren Schwall hervor und ergoss sich auf Hals und Oberkörper von
Rainer Grünkern. Es wollte gar nicht aufhören. Matthias würgte mit geschlossenen Augen, bis nur noch zäher Schleim kam. Verzweifelt versuchte er, das Bild aus seinem Kopf zu verbannen, es zurückzuschieben in eine finstere Ecke seines Bewusstseins. Vor ihm ächzte Rainer Grünkern und murmelte dann etwas, das wie »ekelhaft« klang. Es war egal. Wenigstens musste er so den Körpergeruch des alten Mannes nicht mehr riechen. Er wurde komplett von dem des Erbrochenen überdeckt. Mühsam öffnete Matthias die Augen und sah bräunliche Bröckchen inmitten gelber Flüssigkeit auf dem Hemd des Mannes. Der ehemalige Heimleiter hatte seinen überheblichen Ausdruck verloren.
    Matthias erhob sich. Seine Knie schmerzten. Und auch im Unterleib fühlte er brennenden Erinnerungsschmerz. Den besudelten Mann zurücklassend, ging er ins Bad, drehte den Hahn auf und schöpfte sich mit beiden Händen Wasser ins Gesicht, um die wiedergekehrten Gedächtnisbilder loszuwerden. Aber statt zu verblassen, kamen nur immer neue Details hinzu, und zum Schmerz gesellte sich der Zorn.
    Er ließ sich Zeit. Das kalte Wasser besänftigte den Aufruhr. Aus dem Schlafzimmer drang die zeternde Stimme von Rainer Grünkern. Der Mann hatte noch immer nicht begriffen, dass es für ihn um Leben oder Tod ging. Matthias hob das tropfnasse Gesicht und betrachtete sich im Spiegel. Die Entschlossenheit hatte zwei feine Linien neben seinen Mund gekerbt. Er löste den Blick und ging zurück. Es war an der Zeit, dass der ehemalige Heimleiter das büßte, was er getan hatte.
     
    »Hast du Kinder missbraucht? Antworte!« Im Takt seiner Worte trommelte Matthias’ Hand ein Stakkato auf die trockenen Wangen. Mit fest zusammengepressten Lippen schüttelte Rainer Grünkern den Kopf.
    »Du kannst es ruhig

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