Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
musste sich um einen Zulauf des Kalapanga handeln. Das kraftlos fließende Nass reichte an seiner tiefsten Stelle kaum bis zur Hüfte. Eine unbedeutende Wasserader, aber – wie wir sehr schnell feststellten – reich an Silberlingen.
Die glitschigen Burschen nahmen unsere Schatten schon von weitem wahr und stoben in alle Himmelsrichtungen davon. Leuchtend weiße Rücken durchschnitten eilends die Wasseroberfläche, es wirkte so, als winkten sie noch einmal höhnisch mit ihren gezackten Rückenflossen, bevor sie verschwanden.
„Herrlich, mir steht schon seit Tagen der Sinn nach knusprigem Fisch.“ Krister ließ sein Gepäck fallen. „Ein Hochgenuss nach dem Grünpampen-Fraß der letzten Tage.“
Luke sah ihn tadelnd an. Ohne die „Grünpampe“, die er so oft als möglich zu den Mahlzeiten reichte, wäre unsere Ernährung sehr einseitig ausgefallen. Die gekochten Mornablätter, so wertvoll sie auch sein mochten, hingen allerdings auch ihm zum Hals heraus.
Die letzten Tage waren ungewöhnlich ruhig verlaufen, als ob Avaleas Nähe Gefahren jeder Art fernhielt. Außer einem kapitalen Moa, der am Vorabend in sicherer Entfernung an uns vorbeizog, hatten keine nennenswerten Kreaturen unseren Weg gekreuzt. Keine Spur von Opreju, Unduren oder anderen Geschöpfen aus der Gruselwelt.
Avalea kniete nieder und kostete das frische Wasser. Ihr zufriedener Gesichtsausdruck verriet beste Qualität. Sie entledigte sich ihres Schuhwerks und tauchte die müden Beine und Füße in den kühlen Lauf. Es war zwar noch ein wenig früh, um ein Lager aufzuschlagen, da jedoch niemand widersprach, widmeten wir uns wortlos dieser alltäglichen Routine. Der Platz hier am Fluss bot sich an. Mit Pfeil und Bogen bewaffnet machte ich mich auf die Suche nach unvorsichtigem Wild, falls es Krister nicht gelingen sollte, für ausreichend Fisch zu sorgen.
Luke ging ein Stück flussaufwärts und steuerte eine Gruppe halbhoher Bäume an, die sein Interesse weckten. Hölzer dieser Art glaubte er schon einmal gesehen zu haben, nicht hier in Angmassab, sondern viel weiter nördlich in der Heimat seiner Kindheit, in Van Dien. Interessant, sie gediehen also auch hier im viel wärmeren und trockeneren Süden Laurussias.
Mit dem Messer ritzte er prüfend die Rinde. Sofort quoll weißer, sirupartiger Saft hervor, ein Indiz, das der Junge mit einem zufriedenen Nicken quittierte. Also doch! Sokwaros. In Van Dien auch unter dem Namen Euforinien bekannt. Jener Saft, das wusste er, konnte mit entsprechendem Wissen zu einem starken Rauschmittel weiterverarbeitet werden, eine Technik, die Luke allerdings nicht beherrschte. Dessen ungeachtet wusste er jedoch, wozu der klebrige Milchlatex noch verwandt wurde.
Begeistert machte er sich ans Werk und löste mit dem Messer mehrere breite Streifen der milchhaltigen Rinde. Danach watete er in die Mitte des Flusses, tauchte seine Ausbeute ins Wasser und schwenkte sie kräftig hin und her, als wollte er die Rindenteile auswaschen. In schmutzig weißen Wolken quoll der Milchsaft aus der Borke hervor und vermischte sich mit dem träge fließenden Lauf zu einer trüben Brühe, die schlaftrunken flussabwärts strömte.
Lukes Aktion blieb nicht lange unbemerkt.
Krister, der Angelschnüre ausgeworfen hatte und mitten im Fluss stand, staunte nicht schlecht, als sich das Wasser um ihn herum in milchige Lauge verwandelte. Irritiert blickte er um sich und entdeckte seinen Bruder, der ihm fünfzig Meter flussaufwärts heftig zuwinkte. Als um ihn herum die ersten torkelnden Fische an die Oberfläche drängten, die sich benahmen, als hätten sie einen über den Durst getrunken, war er vollends verwirrt. Immer mehr Silberlinge tauchten auf, mit heftig schlagenden Kiemen, als litten sie an Atemnot. Einige schlugen wilde Kapriolen, andere wiederum trieben ruhig und ergeben auf der Seite und zeigten ihre schneeweißen Bäuche.
Avalea bemerkte das Phänomen nun auch, doch legte sich ihre Verwunderung schnell. Sie begann sofort, die in der Strömung davontreibenden Fische einzusammeln und ans Ufer zu werfen. Es war kein einfaches Unterfangen, die aalglatten Tiere mit den Händen zu greifen, zumal sie sich trotz ihres benebelten Zustandes energisch dagegen wehrten. Dann war auch Luke heran und rief aufgeregt: „Funktioniert es?“
„Erstklassig“, antwortete ihm Avalea, die bereits drei Fische erbeutet hatte.
Nun beteiligte sich auch Krister an der Jagd. Schon klarte das Wasser wieder auf. Ein Großteil der berauschten Tiere war
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