Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
davonzuschleichen konnten sie sehr wohl als Akt der Feigheit auslegen, was ebenfalls einen Angriff nach sich ziehen mochte. Nein, ich hatte ihnen zu beweisen, es mit einem durchaus wehrhaften Wesen zu tun zu haben, von dem man sich tunlichst fernhielt.
Also startete ich einen Scheinangriff.
Der Eisenstab hieb dicht neben den beiden zitternden „Affen“ eine Kerbe in den Erdboden. Augenblicklich verstummten die Hilferufe und gingen in das bereits bekannte Kreischen über, als die zwei Tiere auseinanderstoben und die Flucht ergriffen. Tatsächlich blieb ein Angriff der restlichen Sippe aus. Dabei wollte ich es belassen. Betont langsam und mit stolz erhobenem Kopf setzte ich meinen Weg fort, als berührte mich das wilde Geschnatter nicht im Mindesten. Und es funktionierte. Sie ließen mich ziehen. Zwar folgte mir höhnisches Rufen noch eine ganze Weile, doch bald kehrte wieder Ruhe ein. Eine Ruhe, die ich jetzt dankbar als Erholung empfand.
Kurze Zeit später lichtete sich der Waldgürtel Stück für Stück und machte dem dunkelblauen Wasser des Triassischen Sees Platz, welcher sich eindrucksvoll vor mir ausbreitete.
Ich hatte mein Tagesziel erreicht.
Nun wollte ich mir den Traum erfüllen, den ich bereits den halben Tag geträumt und in der letzten Stunde mehr als nur herbeigesehnt hatte. Ohne einen weiteren Gedanken zu verlieren, ließ ich das Gepäck fallen, streifte Hose und Stiefel ab und watete durch dichtes Schilf in den See hinein. Eine schlammige Stelle hatte ich da ausgesucht und sank bis zu den Knien in Morast. Einige wenige Schwimmzüge transportierten mich aus dem Uferbereich hinaus ins offene Wasser, wo ich mich bewegungslos treiben ließ, die kühle, regenerierende Wirkung des nassen Elements genießend.
Müdigkeit und Anspannung fielen ab. Frischer Lebensmut stellte sich ein. Alles was bis vor kurzem noch so undurchführbar und niederschmetternd erschien, machte neuer Zuversicht Platz.
Träge tauchte ich unter und glitt bis zum Grund hinab, wo ich mit beiden Händen in festem Sandboden wühlte. Wie sehr ich Wasser liebte! Schon von Kindesbeinen an existierte dieses harmonische Band zwischen mir und dem feuchten Element, das ich über alles verehrte. Ins Wasser einzutauchen bedeutete immer auch, mich den Problemen der luftigen Welt zu entziehen, ihnen fernzubleiben, bis die Notwendigkeit des nächsten Atemzugs an die Oberfläche zwang. Es gab Zeiten, da wollte ich um keinen Preis mehr zurück, die unvermeidliche Heimkehr in das Reich der Menschen bis zur nahenden Bewusstlosigkeit hinauszögern. Doch siegte letzten Endes immer die Zugehörigkeit zu der Welt, aus der ich kam und die für immer die meine bleiben sollte. Auch jetzt war es nicht anders. Ums weitere Mal verrieten mich meine Lungen, und ich kehrte widerstrebend zurück in das Element, für das ich geschaffen worden war und welches doch fremd und unergründlich blieb.
Ich sammelte alle Siebensachen zusammen, fand einen trockenen, sonnigen Platz nah am Wasser und ließ mich von den heißen Strahlen der Xyn trocknen. Für wenige Minuten gelang es, mein Gehirn abzuschalten. Ich lag nur da, fühlte mich eins mit der Natur und atmete befreit durch. Doch hielt dieser Zustand nicht lange an. Mein Magen machte sehr bald auf sich aufmerksam. Mit seiner Forderung kehrte innere Unruhe zurück. Bis Sonnenuntergang galt es, ein sicheres Nachtlager und Nahrung aufzutreiben. So nahe am Waldrand wollte ich nicht verweilen, er bot zuviel Deckung für etwaige Angreifer. Das Gelände am Südufer, bedeutend dünner bewachsen und übersichtlicher, erschien günstiger.
Es nahm eine weitere Stunde in Anspruch, das westliche Ende des Sees zu erreichen. Hier schob sich eine breite Landzunge wie ein Keil in das Gewässer hinein. Mir war klar, das Südufer heute nicht mehr erreichen zu können, und ich beschloss, hier auf der Halbinsel in Ufernähe das Lager aufzuschlagen. Überraschend schnell fand ich das perfekte Versteck für die kommende Nacht. Die Uferregion der Landzunge erwies sich nicht als sandig und plan wie bisher, sondern felsig und teils mehrere Meter steil in den See abfallend. Hier gab es nicht die Möglichkeit, ins Wasser hineinzulaufen, hier musste man den Sprung wagen. Von meiner erhöhten Position aus, gute fünf Meter über dem Wasserspiegel thronend, blickte ich über den Rand der Steilküste hinunter und entdeckte unter mir einen ausladenden Felsvorsprung, annähernd zwei Meter breit und mindestens doppelt so lang. Mit allem Gepäck
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