Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
beladen schwang ich mich vorsichtig über den Rand des Kliffs und tastete mit den Füßen nach Halt im Fels. Ich musste nicht lange suchen, um Tritt zu finden und verlagerte mein ganzes Gewicht darauf. Er hielt. Gut. Den Rest des Weges legte ich auf die erdenklich einfachste Weise zurück. Ich ließ kurzerhand los. Nur für einen Sekundenbruchteil befürchtete ich, dass der Vorsprung unter meinem Gewicht zusammenbrechen und mit mir zusammen in den See stürzen würde, dann stand ich auch schon mit sicheren Füßen darauf.
Von hier aus ließ es sich nicht nur vorzüglich angeln, der Platz lud geradezu zum Schlafen ein. Mein Gepäck zurücklassend kletterte ich wieder nach oben und machte mich auf die Suche nach geeigneten Ködern. Lange brauchte ich nicht im feuchten Ufersand zu graben, um auf die Lockspeise zu stoßen, der kein Fisch der Welt widerstehen konnte. Verwundert war ich nur über die Größe der hiesigen Larven des Großen Deltakäfers. Sie sahen haargenau so aus, wie ich sie aus Avenor kannte, nur eben dreimal so groß und fett wie ihre dortigen Artgenossen. Eine weitere Bestätigung der allemal beunruhigenden Tatsache, dass die Insektenwelt an Größe zulegte, je weiter man in den Süden Gondwanalands vorstieß.
Vier der daumengroßen, zuckenden Larven spießte ich auf den Haken, schon mit der Vorfreude spielend, welch reiche Beute mit ihrer Hilfe zu machen war. Brennbares Material in Form von trockenem Geäst fand sich zur Genüge. Dem alten Grundsatz folge leistend, nicht in der unmittelbaren Nähe des Nachtlagers ein Feuer zu entfachen, häufte ich Brennholz in guter Entfernung an. Dort ließ ich es dann auch bis auf weiteres liegen und zog mich auf meinen Felsvorsprung zurück.
Der erste Fisch biss innerhalb der ersten zehn Minuten an. Ein stolzer Bursche fürwahr. Seine Schuppen reflektierten das Sonnenlicht in allen Farben, als ich ihn aus seinem natürlichen Element herauszog. Zu beiden Seiten des zahnlosen Mauls ringelten sich wurmartige Fortsätze, die sich im Todeskampf krümmten wie Tentakel einer erbeuteten Stamarina. Welch merkwürdige Fische dieser See beheimatete! Vorsichtig entfernte ich den Haken aus dem Maul des Fisches. Der Pfundskerl würde für mein Abendessen mehr als genügen, doch dachte ich bereits an den kommenden Tag.
In den späten Nachmittagstunden beißen Fische überwiegend gut, das schien hier in Ithra wie anderswo zu gelten. Und diesen Vorteil spielte ich aus. Zwei weitere Exemplare ähnlichen Kalibers lagen alsbald Kapriolen schlagend auf dem Trockenen. Bei ihnen handelte es sich um eine weitere außergewöhnliche Sorte mit ausladenden Brustflossen, die an Schmetterlingsflügel erinnerten. Einer der erbosten Kerle wehrte sich heftig und gab mir kurz bevor er sein Leben aushauchte durchaus nicht zahnlose Kiefer zu spüren.
Der vierte Köder ging verloren und mit ihm beinahe Leine und Haken, so heftig zerrte irgendein kräftiges Unterwasserwesen daran. Ich holte die Schnur ein und warf einen prüfenden Blick in den Himmel. Es wurde Zeit, das Feuer zu entfachen. Ich verstaute die drei glitschigen Fische im Rucksack und verließ das Nachtlager. Als ich mich über den Rand des Kliffs schwang, jagte ich einem in unmittelbarer Nähe scharrenden Moa gehörigen Schrecken ein. Ich hatte den voll ausgewachsenen Vogel zunächst gar nicht bemerkt, er mich dafür umso schneller. Eine Staubwolke hinter sich herziehend spurtete er los und verschwand Haken schlagend in Rekordzeit aus meinem Blickfeld. Lächelnd sah ich ihm nach und lobte mich innerlich für die Wahl meines Lagers. Sogar einem Moa, dem wachsamsten und vorsichtigsten Wesen das ich kannte, war es verborgen geblieben.
Der Fisch schmeckte ausgezeichnet. Obwohl ich die Augen offen hielt, in der Hoffnung, irgendein bekanntes essbares Grünzeug oder gar Kräuter zu finden, sah ich mich enttäuscht. Zwar stieß ich auf ganze Teppiche flechtenartiger Gewächse, die entfernt nach Thymian rochen – Lukes Botanikunterricht war also nicht ganz spurlos an mir vorübergegangen – doch wagte ich nicht von dieser unbekannten Pflanzenart zu kosten. Ich briet alle drei Fische, verspeiste einen davon und wickelte die beiden anderen in grünes Blattwerk. Dem Schmetterlingsfisch musste ich vorher die Brustflossen stutzen, die nach dem Braten wie die traurigen Reste verbrannter Windmühlenflügel aussahen und sich uneinsichtig dagegen sperrten, eingerollt zu werden. Mit den Füßen trat ich das Feuer aus und bedeckte die kokelnden Reste
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