Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
geschlagen haben musste. Unschlüssig blieb ich stehen und gönnte den brennenden Lungen eine kleine Verschnaufpause. Von meinem Verfolger war wenig zu hören. Es knackte und krachte zwar gehörig im Gebälk irgendwo hinter mir, doch glaubte ich, mir einen guten Vorsprung erkämpft zu haben. Nach links und rechts blickend wagte ich mich schließlich auf die offene, weithin einsichtige Wiese, in der Absicht, sie schleunigst zu überqueren. Noch außer Atem sprintete ich los, hinaus ins Freie, das halbwegs sichere Unterholz hinter mir lassend.
Ich sollte es bitter bereuen.
Aus zwei Richtungen drangen markerschütternde Schreie an mein Ohr, als hauchten zwei wilde Keiler ihr Leben in den erbarmungslos zupackenden Fängen eines hungrigen Wolfsrudels aus.
Opreju!
Ich war entdeckt!
Wie war das möglich? Sie schienen jeden Moment genau zu wissen, wo ich mich befand!
Ohne zu stoppen warf ich einen gehetzten Blick um mich. Von links näherte sich einer von ihnen mit Höllentempo. Zwar durfte er noch hundertfünfzig Meter entfernt sein, doch beruhigte mich das nicht eine Sekunde, zumal von rechts ein zweiter Opreju herankam, der mir den Weg in den schützenden Wald abschnitt. Ein Ausweg – wenn es denn noch einen gab – konnte nur in meinem Rücken liegen. In jenem Dickicht, das ich gerade so leichtsinnig verlassen hatte.
Wie ein gejagter Hase schlug ich einen Haken, nur um festzustellen, dass es kein Zurück mehr gab. Der dritte Opreju, den ich weit hinter mir geglaubt hatte, kämpfte sich gerade seinen Weg hinaus auf die Lichtung und lauerte nun ziemlich genau an der Stelle, an der ich noch gerade eben gestanden und mich irrtümlicherweise einigermaßen sicher gefühlt hatte.
Aus!
Vorbei!
Das Unheil brandete aus allen Richtungen herbei, ich wich einen Schritt zurück, nur um zwei weitere nach vorne zu machen, bis ich bemerkte, mich wie ein umzingeltes Tier im Kreis zu bewegen. In einem Kreis, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Mein Blick raste von einem Opreju zum anderen, zu meinen Feinden, die immer näher herankamen und denen ich nicht mehr entkommen konnte. Sie hatten keine Eile. Sie wussten, ich saß in der Falle.
Was würde jetzt geschehen? Ja, was taten Opreju eigentlich, wenn sie einen Menschen in ihre Gewalt brachten? Überraschend klar bemerkte ich, darauf noch nie eine Antwort gehört zu haben. Aus den alten Geschichten, die über sie kursierten, ging nur eines hervor: töten. So viele wie nur eben machbar. Konnte es auch noch etwas anderes für sie geben? Die ganze Palette aller möglichen und unmöglichen Grausamkeiten schoss mir durch den Kopf, vom simplen Totschlagen bis zum Auffressen bei lebendigem Leibe. Der bloße Gedanke an das, was mich unweigerlich erwartete, ließ meine Knochen beben.
Hilfe!
Wer konnte jetzt noch helfen? Mir fiel nur noch der Sentry ein. Ich sandte einen stummen Hilfeschrei aus, wandte mich in meiner Hoffnungslosigkeit an das einzige Wesen, das mir jetzt noch zur Seite stehen konnte. Wenn den verfluchten Ermeskul irgendetwas an ihm lag, mussten sie doch eingreifen!
Aber es passierte nichts.
Dann war es zu spät.
Die Opreju schlossen den Ring. Zwischen ihnen und mir lag jetzt nur noch ein guter Meter Abstand.
Ich blickte ergeben nach oben. Wenigstens hatte ich mich noch soweit in der Gewalt, ihnen nicht die Freude gönnen zu wollen, vor einem vor Angst zitternden und bibbernden Haufen Elend zu stehen. Tatsächlich spürte ich merkwürdige Ruhe, die sich in mir ausbreitete, ähnlich der Stille, die mich überkommen hatte, als ich bei meinem ersten Zusammentreffen mit ihnen im Treibsand Zuflucht fand. War es eine Gnade, die jedem Lebewesen kurz vor dem Tod zuteilwird? Ein Friede, der die Angst vor dem Ende lindert? Oder doch nur körpereigenes Sedativ, ein beruhigender Stoff, der in die Blutbahn entlassen wird, um das Sterben zu erleichtern?
In ihrer ganzen Größe sahen die Opreju noch furchteinflößender aus – und sie stanken wie die Pest. Zum ersten Mal roch ich die Ausdünstungen ihrer Körper, ihren bestialischen Brodem, einen Verwesungsgeruch, dem ich bisher nur einmal ausgesetzt gewesen war. An der See. In der Gegenwart gestrandeter und in der Sonne verfaulender Mamoras. Ja, die Opreju stanken wie eine Herde verrottender Tiere.
Und wie groß sie waren! Ich reichte ihnen gerade bis zu dem, was ich bei einem Menschen als Hüfte bezeichnet hätte. Mein ratterndes Gehirn registrierte jede kleine Einzelheit, auch das lange, zottige Fell, das nur an gewissen
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