Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
betrachtend, welchem wir uns mit jedem leise plätschernden Paddelschlag näherten. Wir erreichten das Ende einer Irrfahrt, die vor vielen Wochen mit der Entdeckung der geheimnisvollen Schriften auf Radan begonnen hatte. Der Kreis schloss sich, der letzte Akt begann.
Mehrmals fragte ich mich, was geschähe, wenn ich doch noch zurückwich, mich zu entziehen versuchte. Was würde der Sentry in diesem Fall unternehmen? Niemals würde er es zulassen, dessen war ich sicher. Auf welche Weise auch immer würde er alles daran setzen, ganz und gar von mir Besitz zu ergreifen, mich völlig zu unterjochen, um ans Ziel gebracht zu werden. Warum tat er es nicht aus eigener Kraft, wieso vermittelte er mit weiterhin das Gefühl, Herr über mich selbst zu sein? War er am Ende doch nicht so mächtig, wie ich ihn einschätzte? Müßig, sich darüber Gedanken zu machen.
Mehr denn je machte ich mir Sorgen um Krister und Luke. Sie wussten zwar worauf sie sich einließen, doch hatten sich die Dinge im Verlauf der Reise auf eine Weise verändert, die sie womöglich dazu veranlasst hätte, ihre Bereitschaft mitzukommen zu überdenken.
Was auch immer geschehen sollte, es nahm jetzt seinen Lauf.
32 VERRAT
Leise knirschte der Kies, als das Floß sanft auf Grund lief. Wir waren angekommen. Krister und Luke warfen die Paddel hin und sahen mich fragend an. Noch wagte keiner, die Insel zu betreten. Ich zögerte und ließ meine Blicke lange schweifen.
Das war sie also, die Feuerinsel, das Ziel monatelanger Entbehrungen und durchstandener Gefahren.
Die schroffe Schönheit des Eilands sprach mich an. Breite Kiesstrände soweit das Auge reichte. Einige wild anmutende, bizarr geformte Felsblöcke hier und da entlang der Küstenlinie, die irgendwann einmal den Berg hinabgerollt sein mussten. Zwischen der Küste und dem Höhenzug, welcher sich inmitten der Insel auftürmte (oder nach meinem Dafürhalten die eigentliche Insel darstellte) gedieh nur spärliche Vegetation. Ein paar Bäume hier und da. Kein Vogel sang. Geheimnisvolle Stille. Nur das leise Murmeln der ans Ufer plätschernden Wellen ließ sich vernehmen.
In der Folge überwand ich den tief sitzenden und doch zwecklosen Argwohn und betrat die Insel. Kein Schlund tat sich auf, der mich augenblicklich verschlang, kein noch so unerwartetes Ereignis setzte meinem Leben ein Ende. Ich stand einfach nur da und ließ die Feuerinsel wirken. Der Sentry raunte durch mein Inneres. Das Ganze schien auch ihn nicht völlig kalt zu lassen.
„Und jetzt?“ fragte Luke verunsichert.
Ich sah ihn an.
„Jetzt sind wir da.“ Mein Blick wanderte von ihm fort. „Wir sind am Ziel.“
Krister sprang letztlich auch an Land.
„Hübsch hier“, ließ er zynisch verlauten. „Wie wollen wir vorgehen? Willst du die Insel systematisch nach Rob absuchen? Dann sollten wir uns besser teilen.“
„Nicht nötig.“ Ich spürte intuitiv, nichts tun zu müssen. Womöglich vermittelte mir auch der Sentry diese Gewissheit. Die Feuerinsel hatte mich. Ich war da wo man mich erwartete. Alles andere würde sich von selbst ergeben.
Und das tat es auch!
Aus dem Schutz der kargen Bäume tauchten mehrere Gestalten auf. Ich zählte fünf. Wahre Berge von Männern, einer größer und kräftiger als der andere. Mit entschlossenen Blicken musterten sie uns. Alle trugen die gleichen Hosen aus schwarzem Mamoraleder, die ich bereits in Hyperion bewundern durfte. Eigenartigerweise waren sie unbewaffnet, wobei ihre massigen, bedrohlich halbnackten Körper Waffe genug darstellten. Unglaublich, wie ähnlich sie einander sahen, wie Brüder, ja wie Zwillinge. Wie lange standen sie schon dort? Seit wann beobachteten sie uns? Unsere Ankunft schien sie nicht im Mindesten zu verblüffen. Als hätte man uns bereits erwartet…
„Jack!“ Kristers Warnruf beunruhigte mehr als das Erscheinen der hünenhaften Skiavos. Mehr denn je bedrückte mich die Tatsache, die beiden immer noch an meiner Seite und nicht auf dem Nachhauseweg zu wissen.
„Nur die Ruhe!“ Meine Stimme blieb gelassen, auch wenn mein Innerstes erschauerte. „Kein Widerstand!“
„Du hast Nerven!“ Krister atmete schwer.
Die Skiavos näherten sich bedächtigen Schrittes. Sie hatten alle Zeit der Welt, wir konnten ihnen schlecht entkommen, selbst wenn wir es versucht hätten. Auf wundersame Weise blieb ich abgeklärt. Selbst eine sechste Gestalt, welche sich aus dem Schatten der Bäume löste, rang mir nur wissendes Nicken ab. Krister reagierte da schon auf ganz
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