Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
unter dem See. Ich hatte nicht die geringste Ahnung, wohin es ging. Eine Zeitlang schleppten mich die Skiavos durch den Gang, dann hatten sie wohl keine Lust mehr. Wie einen dreckigen Hund trieben sie mich vor sich her, auf allen Vieren kroch ich durch den nicht enden wollenden, nasskalten Gang, es war die Hölle. Ich verlor vor Erschöpfung das Bewusstsein und erlangte es in dieser Zelle wieder. Seitdem bin ich bis auf wenige Ausnahmen hier. Die Zeit vergeht so langsam, so unendlich langsam. Wenn du mir sagtest, ich sei seit einem Jahr hier eingesperrt, ich würde es glauben. Und immer Dunkelheit und Stille! Bis auf die mageren Essensrationen, die der Wachtposten hereinbringt, herrscht hier zermürbende Ruhe. Ich bin schon dankbar, wenn Cantrell mich manchmal aufsucht, auch wenn er nur dasteht und mich minutenlang beobachtet wie ein exotisches Tier. Manchmal spricht er mit mir, aber ich verstehe nicht viel von dem, was er sagt. Aber er holt mich nicht mehr zu sich, wenigstens etwas. Ich glaube, ich verliere allmählich den Verstand.“
Robs Stimme war leiser geworden, das Berichten raubte ihm viel Kraft.
„Du sagtest eben,
der
Wachtposten.“ Ich griff einen Gedanken auf. „Handelt es sich nur um eine Person?“
Rob nickte.
„Und schließt dieser Wachtposten unser Gefängnis auf, wenn er die Mahlzeiten bringt?“ fragte ich weiter.
„Nein, er schiebt es immer unter der Tür durch.“
Okay, so einfach war es dann doch nicht. Aber ich spann meine Idee weiter. „Ich nehme jetzt einmal zu Recht an, dass es sich bei mir um einen wichtigen Gefangenen handelt, richtig? Immerhin hat man mit mir noch etwas vor.“
„Das nehme ich an, ja“, bestätigte Rob mit verständnislosem Blick.
„Pass auf, Rob! Vielleicht klappt es. Das nächste mal, wenn uns die Wache einen Besuch abstattet, werde ich so tun, als sei ich todkrank. Ich werde mich auf dem Boden wälzen und vortäuschen, keine Luft mehr zu bekommen. Du musst den Wachtposten dazu bringen, die Tür aufzuschließen und hereinzukommen. Verstehst du, was ich meine?“
„Der älteste Trick der Welt.“ Robs Augen strahlten. „Nur ein Idiot würde darauf hereinfallen. Aber ich sage dir was: Diese Skiavos hier verfügen über die Intelligenz von Scheißhausmücken. Ich locke den Bastard herein, verlass dich drauf! Zu zweit dürfte es uns nicht schwer fallen, ihn zu überwältigen.“
„Nichts da!“ erwiderte ich. „Du hältst dich zurück. Das ist mein Part. Ich habe zuviel Angst, dass dir etwas passiert, wenn du dich einmischst. Sieh der Tatsache ins Gesicht, du kannst ja nicht mal mehr ordentlich stehen geschweige denn kämpfen.“ Es klang härter, als ich es beabsichtigte. „Nun hör zu! Glaubst du, du wirst den Weg zu diesem unterirdischen Gang wieder finden?“
„Ich denke doch. Wir müssen nur aus diesem verfluchten Berg heraus, alles andere ist ein Kinderspiel. Der Zugang zu der Passage befindet sich ganz nahe am Seeufer. Wenn wir erst draußen sind, dürfte das kein Problem sein.“
„Gut. Sollte der Plan aufgehen, musst du alles tun, um die Feuerinsel zu verlassen. Ich werde dir dabei helfen, so gut ich kann.“
Rob sah mich misstrauisch an. „Was ist mit dir?“
„Ich kann hier nicht fort. Nicht ohne Krister und Luke. Ich habe keine Ahnung, ob ich es vermag sie zu finden, aber ich werde sie verdammt noch mal nicht im Stich lassen. Niemals.“
„Und mich schickst du weg wie ein kleines dummes Kind? Kommt nicht in Frage!“
„Rob, hör mir zu! Deine Aufgabe ist erfüllt. Dich brauchen sie hier nicht mehr. Ob du hier bist oder fort, wird für den weiteren Verlauf der Geschichte von wenig Bedeutung sein, ja ich will sagen, von keiner. Vielleicht stimmt es und der Opreju in dir ist bereits tot. Womöglich wartet am anderen Ufer auf dich das Leben. Verstehst du? Es ist deine letzte Chance!“
Mein Bruder blinzelte mehrmals. Ich kannte diese Geste sehr wohl, sie bedeutete, er freundete sich mit etwas an, was ihm absolut nicht schmeckte.
„Wenn alles gut läuft, folge ich dir mit Krister und Luke nach.“
„Und wenn nicht?“
Ich sah keinen Grund zu zögern.
„Wenn nicht, dann holt mich hier der Teufel. Rob, was auch immer passiert, mein Schicksal wird anders aussehen als deines. Ich selbst rechne mir nicht viele Überlebenschancen aus, ob du jetzt hier bleibst oder versuchst, dein Leben zu retten. Wenn wir gar nichts tun, liefern wir uns diesen Schweinen wehrlos aus. Willst du das? Willst du das wirklich?“
„Natürlich nicht.
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