Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
einmal mit dem Sentry in Kontakt zu treten. Meiner Vermutung nach hatte der Ghaia ihn vernichtet, kurz bevor Rob es gelungen war, den Roten Herrscher zu zerstören. Wieder sah ich mich eines besseren belehrt. Irgendwann sprach er wie aus heiterem Himmel zu mir. Niemand hatte ihn gerufen, am allerwenigsten ich.
„Unsere Wege trennen sich nun, Jack Schilt“, hörte ich ihn sprechen. „Doch wir werden eines Tages wieder aufeinander treffen.“
Ich blinzelte. War es ein Traum?
„Wohin gehst du?“ fragte ich unsicher.
„Fort und doch nicht fort. Ich werde immer Teil von dir bleiben. Wir sind eins. Noch sind wir mehr Mensch als Ermeskul. Noch bist du zu stark und ein kraftvoller Gegenpol. Doch es wird der Tag kommen, an dem der Mensch in uns vergeht. Dann bin ich frei.“
Ich wollte sofort etwas erwidern, doch der Sentry sprach weiter.
„Wehre dich nicht dagegen! Es ist dein Schicksal. Wir sind auch darin unteilbar. Wir sind der letzte Mensch und der letzte Sentry Gondwanas. Wir brauchen einander bis zum Ende.“
Ich verstand nicht. „Wieso bin ich der letzte Mensch Gondwanas?“
„Die Zeit der Uzu ist zu Ende. Gondwana ist befreit. Jetzt beginnt die Traumzeit von neuem, und unsere Existenz wird Äonen fortdauern, so wie es einst war, bevor die Uzu hier eindrangen und uns den Frieden raubten. Oh, wie ich mich nach Ruhe sehne. Spürst du, wie sehr ich mich danach sehne? Kannst du es fühlen, suksarman?“
Obwohl ich diese Bezeichnung noch nie gehört hatte, wusste ich irritierenderweise, was sie bedeutete. Er nannte mich seinen Bruder. Ich ignorierte es.
„Was meinst du damit, die Zeit der Menschen sei vorbei?“
Der Sentry verstummte, ich fürchtete bereits, er hatte sich wieder zurückgezogen, wohin auch immer, doch dann vernahm ich ihn erneut. Deutlicher als vorher.
„Wie sehr du dich wehrst, Jack Schilt.“ Er klang vorwurfsvoll, wie ein Lehrer, der einen Dummejungenstreich zu tadeln gedachte. „Du musst noch so viel verstehen lernen, du bist so unvollkommen und ohnmächtig und doch so bedeutend. Lerne deinesgleichen loszulassen. Sie sind nicht mehr.“
Das machte mich wütend. Mein Kopf dröhnte, als ich mit sich überschlagender Stimme wiederholte: „Wieso ist die Zeit der Menschen vorbei?“
Der Sentry schwieg, doch da verstand ich. Die Prophezeiung! Was hatte mir Ey-yor-oys in der Grotte des Ghaia anvertraut?
‚Auch wenn ich es gutheiße, dass die Menschen mit Stumpf und Stiel von Eyllas-Aundri getilgt werden, bedauere ich es desgleichen. Menschen wie du hätten sich das Recht, hier zu leben, verdient. Damit ist die Prophezeiung erfüllt.“
Der Sentry sprach wieder, natürlich, er wusste sehr wohl, was in mir vorging. Er war ich...
„Ar-Nhim Ghaia war der Garant des Fortbestehens der Uzu. Nur wir, du und ich vereint, konnten ihn auslöschen. Nur durch unsere Vorarbeit und die unverzagte Tat deines Bruders ist es gelungen, Gondwana zu befreien.“
„Willst du damit sagen… dass die Vernichtung des Ghaias Selbstmord war?“ flüsterte ich fassungslos.
Der Sentry schwieg, als überlegte er.
„Das Ende für die Uzu, ja“, gab er schließlich zu. „Aber die Befreiung für uns. Auch für dich. Wir sind frei. Du kannst die weitreichenden Folgen noch nicht verstehen. Dies wird dir erst klar werden, wenn du in die Traumzeit übergehst.“
„Ich bin nicht du!“ schrie ich los. Wenn der Sentry von „uns“ sprach, fiel es mir schwer, herauszufinden, ob er damit die Ermeskul im Allgemeinen oder mich im Besonderen meinte. Im Grunde war es egal. Meine Wut auf ihn kochte wieder auf starker Flamme. Ich hatte ihm vertraut, und er mich dafür verraten.
„Ich verachte dich!“ brüllte ich in die rabenschwarze Nacht hinaus. „Du sprichst von mir als suksarman, aber du weißt nicht im Geringsten, was das Wort Bruder bedeutet!“ Tränen traten mir in die Augen. „Wenn du es wüsstest, hättest du niemals einen Bruder für den anderen sterben lassen. Wie sehr ihr uns verabscheuen müsst! Wofür? Wofür?“ Ich sank in die Knie. Die Trauer um Rob kehrte wie ein Bumerang zurück.
„Mächtige Energieströme leiten dich“, gab der Sentry von sich. Es klang befremdlich bewundernd, ja anerkennend. „Eine starke, leuchtende Dynamik... Ich freue mich auf den Austausch, wenn auch du in der Traumzeit angelangt sein wirst. Wir werden Ewigkeiten brauchen, einander gänzlich zu erfassen. Und haben Unendlichkeiten Zeit dafür. Fühlst du, wie sehr wir uns danach sehnen? Fühlst du es?“
Ich
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