Sentry - Die Jack Schilt Saga: Die Abenteuer des Jack Schilt (German Edition)
Zum wiederholten Male wünschte ich mir, wir hätten das Boot nicht eingebüßt und müssten das Land der Opreju nicht an einem so symbolträchtigen Ort betreten. Wie viel einfacher wäre es gewesen, Hyperion auf dem Seeweg anzusteuern. Es hätte nicht so gänzlich nach etwas Verbotenem ausgesehen.
„Sieht dort drüben auch nicht anders als hier“, spielte Krister den ehrerbietigen Moment herunter, als hätte er meine Gedanken erraten. „Wir könnten auch am Algon oder am Sawyer stehen. Kein Unterschied.“
„Und doch sind es weder Algon noch Sawyer“, entgegnete ich, den respektabnötigenden Charakter des geräuschvoll fließenden Grenzflusses zwischen zwei Welten aus welchem Grund auch immer verteidigend. „Es ist der Skeleton, verdammt! Wir sind da. Wir sind wirklich da.“
Irgendwie konnte ich es noch immer nicht fassen. Nun, an seinem üppig grünen Ufer stehend, so kurz davor, das Tabu zu brechen, war ich mir nicht mehr sicher, dazu imstande zu sein.
Krister sah mich skeptisch von der Seite an. „Du willst doch jetzt nicht kneifen, oder?“
Nicht völlig überzeugt antwortete ich vielleicht einen Tick zu schnell.
„Natürlich nicht. Ein Zurück ist ausgeschlossen!“
Wir sahen einander skeptisch an. Las ich nicht auch eine Spur Zweifel in seinem sorgfältig entschlossenen Gesichtsausdruck? Kein Wunder, keiner von uns dreien wusste, was uns auf der anderen Seite erwartete. Waren wir am Ende vielleicht wirklich drauf und dran, den größten Fehler unseres Lebens zu begehen? Begaben wir uns nicht wissentlich in unberechenbare Gefahr?
„Und wie wollen wir übersetzen?“ Lukes nüchterne Frage, die in ihrer Unschuld herrlich harmlos klang, relativierte meine Befürchtungen. Seine unbeirrbare Geradlinigkeit brachte mich auf den Boden der Realität zurück. „Der Fluss erscheint mir hier etwas breit... vielleicht sollten wir weiter stromaufwärts nach einer engeren Stelle suchen.“
Krister nickte zustimmend.
„Ja, an so etwas dachte ich auch gerade. Wir müssen ohnehin in südlicher Richtung weiter, um die Hyperion Bay nicht zu weit nördlich zu erreichen.“
„Diesen Umweg sollten wir uns sparen“, stimmte ich zu. „Mit dem Boot wären ein paar Meilen kein Problem gewesen, aber zu Fuß macht das schon einen Unterschied.“
Wir setzten die Reise also entlang des Westufers des Skelettflusses fort. Widerspenstiges Buschwerk versperrte mancherorts den Weg. Das Durchkommen erwies sich nicht immer als einfach. Wir hielten uns so gut es ging direkt am Wasser, darauf achtend, nicht zu weit abzudriften.
Am späteren Nachmittag, ich hatte den Gedanken an ein Übersetzen noch am heutigen Tag bereits aufgegeben, erhielten wir den Lohn für unsere Mühen.
„Sehr nur!“ Luke, der einige Längen vorausgegangen war, deutete auf den Fluss hinaus. „Eine Insel!“
Aus der Flussmitte heraus ragte ein kleines, wild umflutetes, mit stattlichen alten Bäumen bewachsenes Stückchen Land. Somit konnten wir die Überquerung des schnell fließenden Gewässers in zwei Etappen angehen, wenn wir wollten, und auf der Insel eine Pause einlegen. Wir standen vor der ersten Flussüberquerung und zögerten naturgemäß. Keiner verspürte rechte Lust, so kurz vor Sonnenuntergang noch pitschnass zu werden. Noch viel weniger gefiel mir die Tatsache, das Gepäck nicht vor der Feuchtigkeit schützen zu können. Doch es ließ sich wohl nicht umgehen.
„Heute noch rüber heißt auf nassen Decken schlafen“, argwöhnte ich. „Keine gute Idee. Wir sollten das auf morgen verschieben, was haltet ihr davon?“
Wir vertagten es also auf den kommenden Tag, was nicht hieß, sich kein ausgiebiges Bad im Skelettfluss zu gönnen. Das wohltemperierte Wasser entpuppte sich als eine Wohltat für erschöpfte Beine und schmerzende Füße. Träge ließ ich mich im Uferbereich fernab der Strömung treiben, die noch wärmenden Strahlen der sich neigenden Sonne genießend.
Krister und Luke zeigten sich agiler. Sie schwammen hinüber zur Flussinsel. Ohne störendes Gepäck legten sie die gut fünfzig Meter in Nullkommanichts zurück und nahmen das winzige Eiland in Besitz. Ich überlegte, ob sie damit bereits das Territorium Laurussias betreten hatten, schlug die Insel jedoch großzügig Aotearoa zu.
Die kleine Flussinsel bestand lediglich aus einer Gruppe von Laubbäumen, imposanten Kauris von beeindruckender Größe. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit waren auch sie es, die dem kleinen Stück Land halfen, sich mitten im
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