Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Soweit ich gehört habe, ist Jared mit deinen Sprach- und Schreibkünsten sehr zufrieden. Und auch Sayd hat nichts an dir auszusetzen.« Ja, weil er glaubt, mich leicht durchschauen zu können , zog es trotzig durch meinen Sinn. Aber er hat keine Ahnung von dem, was ich in meiner Kammer übe … Ich glaubte nicht, dass er so würdelos war, durch mein Schlüsselloch zu spähen, dennoch hatte ich es mir zur Gewohnheit gemacht, ein Tuch über die Türklinke zu hängen, das Neugierigen die Sicht versperrte.
»Wie diese Probe aussieht, kannst du mir natürlich nicht verraten, oder?«
Gabriel schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, es muss reichen, wenn du weißt, dass es eine Probe geben wird. Also hol dein Schwert, dann fangen wir noch einmal an.«
Schnaufend kam ich seiner Aufforderung nach.
Malkuth stand am Fenster seines Gemachs und beobachtete den Wind, der einzelne Staubwolken aufwirbelte, als würde ein unsichtbarer Derwisch einen seiner Tänze aufführen.
Unruhe machte sich in ihm breit. Saladin war noch immer am Leben und bereitete den nächsten Schlag gegen die Franken vor. Er hätte Sayd am liebsten auf die Probe gestellt, indem er ihn noch einmal ins Lager des Sultans schickte. Doch ihm war klar, dass dann die Gefahr bestand, dass Sayd zu Saladin überlief.
Mittlerweile konnte er nicht mehr mit Gewissheit sagen, dass sein Truppenführer treu zu ihm hielt. Etwas Unstetes hatte sich in Sayds Wesen geschlichen. Er wirkte oftmals gedankenverloren, was gewiss nicht an der Adeptin lag. Nein, es war etwas anderes. Dass er Saladin nicht wie verlangt getötet hatte, hatte einen tiefen Graben zwischen sie gerissen. Das Misstrauen wuchs in Malkuth mit jedem Tag. Doch es war nicht so, dass Sayd ihm durch seine Taten Anlass dazu gegeben hätte.
Sayd verhielt sich wie immer unauffällig und gehorchte auch seinen Befehlen – doch dass er es dieses eine Mal nicht getan hatte, bereitete Malkuth großes Unbehagen. Was, wenn sein Verhalten auch auf die anderen übergriff? Wenn sie sich auf einmal weigerten, jemanden für ihn zu töten?
»Verzeiht mir, Gebieter«, sagte da eine Stimme hinter ihm.
Malkuth hatte gespürt, dass Hakim anwesend war, auch wenn er sich nicht, wie es Brauch gewesen wäre, bemerkbar gemacht hatte. Deswegen zürnte er ihm aber nicht. Immerhin war er derjenige, der Sayd für ihn im Auge behielt und ihn über jeden seiner Schritte unterrichtete.
»Wie gehen deine Beobachtungen voran?«, fragte Malkuth, während er sich vom Fenster löste.
»Die sind sehr interessant, mein Gebieter. Sayd sympathisiert offenbar mit dem Unverschämten und versucht die anderen für ihn einzunehmen.«
Hakim wusste nur zu gut, dass er sich beliebt machte, wenn er den Namen des Sultans nicht aussprach. ImGegensatz zu Sayd war er nicht darum bemüht, unparteiisch zu bleiben. Das gefiel Malkuth, und dessen Wohlwollen stimmte Hakim zuversichtlich, dass er schon bald Sayds Platz einnehmen würde.
»Spricht er das offen aus?«
»Nun, wenn er von ihm spricht, schwingt eine gewisse Bewunderung in seinen Reden mit. Er sieht in Eurem Feind wohl einen großen Herrscher. Und es würde mich nicht wundern, wenn er in nächster Zeit zu ihm überliefe.«
Malkuth ballte die Faust und schlug sich damit wütend in die Handfläche. Seine Augen glommen zornig rot, während er einen Fluch hervorpresste.
»Ihr habt eine Schlange in Eurem Haus, Gebieter«, fuhr Hakim fort. »Wäre es nicht ratsam, sie zu beseitigen, bevor sie Euch beißt?«
Malkuth dachte einen Moment darüber nach. Es war ein Grundsatz seiner Assassinen, dass ein Bruder den anderen nicht töten durfte. Dem Mörder drohte dann selbst die Hinrichtung. Doch wenn es auf seinen Befehl hin geschah? Wer wollte ihn strafen? Ashala hätte es gewiss getan, doch sie war nicht mehr.
Einen Moment lang war er gewillt, Hakim zuzustimmen, doch dann schoss ihm etwas durch den Sinn.
»Ich fürchte, damit werden wir warten müssen«, gab er zurück. »Dieser Verlust wird schwerwiegen, denn er ist unser bester Kämpfer. Niemand, auch du nicht, kommt ihm gleich.«
Hakim verzog missbilligend das Gesicht. Er war es leid, immer wieder an Sayd gemessen zu werden.
»Verzeiht, mein Gebieter, aber ein guter Kämpfer nützt Euch nichts, wenn er aufseiten Eurer Gegner kämpft. Er könnte sich in die Dienste des Unverschämten stellen und ihm Eure Pläne offenbaren.«
»Hat er denn dergleichen angedeutet?«
Überrumpelt schnappte Hakim nach Luft und ärgerte sich im nächsten Augenblick
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