Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
aussetzen. Vielleicht war es besser, wenn ich an den Türen im anderen Gang lauschte.
Während mein Herzschlag in meinen Ohren donnerte, schlich ich, um Lautlosigkeit bemüht, in den linken Gang. Dort war alles totenstill. Nicht einmal Wächter waren zu dieser Zeit unterwegs und auch der Wind verhielt sich ruhig. Obwohl ich keine Stiefel trug und so vorsichtig wie möglich auftrat, meinte ich das Tappen meiner Füße auf den Steinen zu vernehmen. Je weiter ich in die Dunkelheit vordrang, desto lauter wurde die Stimme meines Gewissens. Was, wenn ich einem von ihnen begegnete? Niemand hatte mir verboten, des Nachts durch die Feste zu laufen – solange ich mich nicht in Malkuths Gemächer begeben wollte. Doch sicher würden sie es nicht gern sehen, wenn ich herumschnüffelte.
Meine Zweifel wurden plötzlich von einem Geräusch fortgeweht. Ich verharrte augenblicklich und erkannte Stimmen. Sie schienen überraschenderweise aus der Schmiede zu kommen. Rasch huschte ich zur Tür.
»Es ist von großer Wichtigkeit, dass Ihr mir vertraut«, vernahm ich Sayds Stimme. Leise zwar, aber gerade noch verständlich. »In einigen Tagen wird er Tiberias angreifen. Ich bitte euch alle, unternehmt nichts zu seinem Schaden, auch wenn der Herr es von euch verlangt.«
»Und wie sollen wir das ihm gegenüber rechtfertigen?«
Wenn ich mich nicht täuschte, kam diese Frage von Belemoth, dessen dunkle Stimme ich aus Tausenden wiedererkennen würde.
»Damit, dass er zu gut bewacht ist. Oder aus einem anderen Grund. Lasst euch etwas einfallen.«
Das klang so geheimnisvoll, dass mein Herz mir bis zur Kehle schlug, die vor Anspannung ausgetrocknet war, als wäre ich wochenlang durch die Wüste gelaufen.
Als ich mich hinunterbeugte, um durch das Schlüsselloch zu spähen, gewahrte ich einen leichten Luftzug hinter mir. Alarmiert richtete ich mich auf, doch da war es schon zu spät.
»Wer hat denn hier einen kleinen Spaziergang unternommen?«, fragte eine Stimme, die mir bekannt vorkam – dann traf mich ein Knüppel genau in der Beuge zwischen Hals und Schulter und trieb eine Woge Dunkelheit vor meine Augen.
»Dieses dumme, neugierige Mädchen hätte uns alles verderben können!«, fauchte Jared, als Ashar Laurina vor den Männern auf den Boden legte. »Was, wenn ›Malkuths Ohren‹, die Derwische, ihr gefolgt wären!«
Gabriel war ganz bleich geworden, als er erfuhr, dass sie vor der Tür gelauscht hatte. Diese Blässe hatte sich noch immer nicht gegeben. Er wusste, dass Sayd sie bestrafen würde, und konnte Jared nur recht geben. Es war äußerst dumm von ihr gewesen!
»Außer ihr war niemand dort«, sagte Ashar. »Ich hätte die Zwillinge gespürt. Und jeden anderen auch.«
Sayd hockte sich nun neben Laurina, die dalag wie eine schlappe Flickenpuppe. »Offenbar hat unsere Adeptin Langeweile. Was meinst du, Gabriel?«
»Ich kann nur sagen, dass sie nicht aus Böswilligkeit gehandelt hat. Sie war einfach nur neugierig. Immerhin habe ich ihr von der Probe erzählt.«
»Es ist erstaunlich, dass sie überhaupt bemerkt hat, wieihr eure Kammern verlassen habt.« Sayd strich ihr Haar zurück, um die Spur des Totschlägers zu betrachten.
Jareds Zorn legte sich nun ebenfalls wieder. »Sie hat mich gefragt, was in der Probe passieren würde, doch ich habe es ihr nicht gesagt. Wahrscheinlich war das wirklich der Grund, warum sie ihre Kammer verlassen hat. Genau genommen hatte es ihr auch niemand verboten.«
»Weil es noch nie vorkam, dass eine uns gehört hat, wenn sie uns nicht hören sollte.«
Sayd betrachtete sie noch eine Weile, dann erhob er sich und blickte Gabriel direkt in die Augen. »Leg ihr eine Augenbinde an und bring sie zur Brücke. Wenn ich Ashars Schlag richtig einschätze, wird sie wohl erst gegen Morgen wieder erwachen.«
»Du willst die Probe vorziehen?«, fragte Gabriel.
»Ja, ich denke, sie ist bereit.« Sayd wusste, dass er sich den wahren Grund für die Eile nicht anmerken lassen durfte.
»Aber Ashar hat sie niedergeschlagen!«, protestierte sein Freund.
»Nun, eine kleine Strafe für ihre Neugier muss sein, oder? Oder besser gesagt dafür, dass sie sich erwischen ließ. Ich bin sicher, dass sie die Probe auch so meistern wird. Hol ihr Schwert, Gabriel, sie wird es brauchen!«
Der Angesprochene wandte sich mit finsterer Miene ab.
»Was ist mit Hakim und Malik?«, warf Vincenzo ein.
»Malik hatte bereits das Vergnügen mit Laurina, es wird nicht nötig sein, dass er noch einmal gegen sie antritt. Was
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