Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
brauchen.«
Gabriels Griff wurde fester und seine Stimme begann zu beben. »Ich verspreche es«, flüsterte er. »Doch du wirst nicht sterben, Laurina. Du bist die Tochter eines Fürsten und ich habe dich alles gelehrt, was ich weiß. Wenn du deinen Ungestüm im Zaum hältst, wirst du schon bald unsterblich sein.«
Damit küsste er mich auf die Stirn und wandte sich um.
Ich hätte ihn gern zurückgehalten, doch ich spürte, dass er nur ging, um seine Tränen vor mir zu verbergen. Ich hatte sie in dem Kuss gespürt.
Als die Tür ins Schloss gefallen war, betrachtete ich den Dolch noch einmal. Er lag gut in der Hand, so als hätteDavid Maß genommen. Ich hatte bislang nicht viel Kontakt zu ihm gehabt, doch wenn ich die Prüfung überstand, würde ich ihm persönlich danken. Und ich hatte vielleicht auch einen Auftrag für ihn. Wenn es ihm gelang, Mechanismen in kleine Anhänger einzubauen, würde er mir vielleicht auch eine ganz besondere Waffe schmieden können.
Doch jetzt musste ich mich bereit machen. Ich legte Dolch und Schachfigur auf das Bett und betrachtete meinen Kampfanzug einen Moment lang. Kurz ließ ich meine Hand über die weißen Lederriemen gleiten, die ihn eng an meinen Körper halten sollten, dann machte ich mich ans Werk.
Die Hose und die ärmellose Tunika waren aus weißem Leinen, das sich angenehm kühl auf meine Haut legte. Eine Anweisung, wie die Lederriemen zu befestigen waren, gab es nicht, also achtete ich darauf, dass mich bei meinen Bewegungen möglichst wenig behindern würde.
Einen Riemen ließ ich mir für meinen rechten Arm, um Jareds Feder darin zu verstauen. Ich wusste noch nicht genau, wozu ich sie brauchen sollte. Doch ich wollte meinem Gegner zeigen, dass ich nicht nur Kraft im Arm, sondern auch Kraft im Geist hatte. Und vielleicht würde mir das Geschenk des Schriftmeisters Glück bringen.
Schließlich überprüfte ich noch einmal den Sitz der Kleider und blickte auf meine Füße. Stiefel waren während des Kampfes nicht erlaubt, weil man darin eine geheime Waffe verstecken konnte. Nur jene Waffen, die man sichtbar am Körper trug, waren erlaubt.
Als es an meine Tür klopfte, wusste ich, dass es so weit war.
Unter der tief heruntergezogenen Kapuze konnte ich das Gesicht des Assassinen nicht erkennen, aber anhand der Größe schätzte ich, dass es entweder Belemoth oder Saul war. Der Mann hielt die Hände unter seinen Ärmelnverborgen und verneigte sich kurz vor mir, dann bedeutete er mir wortlos, ihm zu folgen.
Ich schob mein Schwert und den Dolch unter meinen rechten Arm, strich mit dem linken kurz über die Feder an meinem rechten Oberarm und zog dann die Tür ins Schloss, um dem Schatten zu folgen.
Er führte mich in den runden Raum, den ich schon bei meiner ersten Probe betreten hatte. Es war der Raum, in dem Sayd Malik gewaltsam zur Vernunft gebracht hatte, bevor er mit dem Dolch auf mich losgehen konnte.
Ich hatte damals nur auf die Nischen geachtet, aus denen die Assassinen getreten waren, doch wie ich jetzt sehen konnte, führte in einer von ihnen eine Treppe nach unten. Diese war ebenfalls gewunden wie jene, die mich aus dem Fallenkeller herausgeführt hatte, aber wesentlich breiter und viel besser beleuchtet. Die Schritte meines Begleiters hallten kaum von den Wänden wider, während mir meine eigenen überlaut erschienen. Oder war es das Pochen meines Herzens, das mir in den Ohren dröhnte?
Ich hatte geglaubt, dass die Zuschauer durch Geräusche ihren Standort verraten würden, doch alles war still, selbst dann noch, als wir uns unter der niedrigen Eingangspforte zur Arena ducken mussten.
Das Gewölbe war stickig und dunkel. Es gab hier keine Ölzüge und Feuerschalen, und das Fackellicht reichte nicht aus, um die Schatten in ihre Ecken zurückzudrängen. Auf den Steinen gab es wohl irgendwelche Malereien und andere Verzierungen, doch erkennen konnte ich keine von ihnen. Von der niedrigen, kuppelförmigen Decke hingen ein paar Ketten herunter. Wahrscheinlich war dieser Ort früher ebenfalls Teil eines Kerkers gewesen.
Ich nahm die Männer auf den Bänken wahr, doch aufgrund der schwarzen Kapuzen, die sie allesamt über ihreKöpfe geschlagen hatten, war es unmöglich, Gabriel unter den Zuschauern auszumachen.
Was in diesen Augenblicken in meinem Lehrmeister vorging, konnte ich mir vorstellen. Bereits gestern hatte ich die Angst in seinen Augen gesehen. Er hatte es mir gegenüber nicht zugeben wollen, doch ich spürte, dass er sich Sorgen machte.
Sayd
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