Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Bett und versuchte Hakims Worte sowie meine Angst vor dem kommenden Tag im Schlaf zu vergessen.
31
A ls der Morgen des siebten Tages anbrach, stand ich am Fenster meines Gemachs und blickte hinauf zur Sonne, die sich klar und rot am Horizont erhob und den Sand wie ein Meer aus Blut wirken ließ. In meiner Hand hielt ich die Schachfigur, nach der ich schließlich gegriffen hatte, um mich zu beruhigen.
Nun waren meine Finger mit jeder ihrer Kanten und Rundungen vertraut, sodass ich sie allein durch das Fühlen unter Tausenden anderen Gegenständen herausgekannt hätte.
Gabriels Worte kamen mir wieder in den Sinn, wonach die Dame die mächtigste aller Figuren beim Schach war. Würde ich dieser Rolle gerecht werden? Meine Arme fühlten sich stark, mein Wille fürchtete den Kampf nicht, und dennoch konnte ich mich des seltsamen Ziehens in meiner Magengrube nicht erwehren.
Dass im nächsten Augenblick die Tür hinter mir geöffnet wurde, registrierte ich zwar, doch ich wandte mich nicht um. Ohnehin gab es zu dieser Stunde nur einen, der noch einmal zu mir kommen durfte.
»Ich habe etwas für dich«, sagte Gabriel, und das Zittern in seiner Stimme brachte mich nun dazu, mich ihm zuzuwenden. In seiner Hand warf die Klinge eines Dolches das rote Morgenlicht zurück.
»Die hier wirst du brauchen. Sayd wird ebenfalls zwei Waffen wählen.«
Ich trat auf ihn zu und strich mit den Fingern über die Waffe, die wirkte, als sei sie erst vor Kurzem für mich geschmiedet worden. Dass ich mich darin nicht täuschte, erkannte ich an den Runen, die zwischen einem kunstvollen Muster in die Klinge eingraviert waren. Es war mein Name.
»David hatte den Dolch bereits bei unserer Ankunft hier begonnen«, erklärte Gabriel. »Es war der Dolch, den er gerade geschmiedet hat, als wir ihn besucht haben.«
Vor Rührung darüber stiegen mir Tränen in die Augen, gegen die ich schnell anblinzelte, denn Gabriel sollte mich nicht weinen sehen.
»Ich habe ihm die Runen gezeigt und er hat sie eingraviert«, bemerkte er, wobei seine Stimme belegt klang, als hätte er etwas in der Kehle stecken.
»Du hattest sie dir in dem kurzen Augenblick gemerkt?«, fragte ich, während ich ihm am liebsten vor Freude um den Hals gefallen wäre.
Ein trauriges Lächeln huschte über Gabriels Gesicht. »Es hat nicht nur körperliche Vorteile, die Gabe zu erhalten. Du wirst sehen, dass dir das Erlernen von Sprachen oder das Aneignen von Wissens wesentlich leichter fallen wird als jetzt.« Er brach ab und blickte mich so eindringlich wie nie zuvor an. In seinen Augen flammte ein Leuchten auf, das sich mit den Türkissteinen vergleichen ließ, mit dem manche Frauen hier ihre Schleier schmückten.
Ich wollte etwas sagen, doch die Worte konnten meine Kehle nicht verlassen. Gabriel kam daraufhin auf mich zu, so nahe, dass wir uns hätten küssen können.
In dem Moment wäre ich gewillt gewesen, die Augen zu schließen und es geschehen zu lassen. Doch dann erinnerte ich mich wieder an die Mahnung, die ich mir selbst erteilt hatte. Ich durfte ihm nicht zeigen, dass ich ihn liebte. Als Gabriel zurückwich, konnte ich ihm ansehen, dass er es nicht ertragen würde, mich nach einem solchen Liebesbeweis in der Prüfung zu verlieren.
»Ich danke dir«, sagte ich also nur, während ich den Dolch an meine Brust presste. »Und danke auch David von mir.«
»Möge dir die Klinge Glück bringen.«
»Das wird sie sicher.«
Wir sahen uns eine Weile an, dann machte Gabriel Anstalten, sich umzuwenden.
Doch mir war auf einmal, als würde etwas in mir reißen. Eine Fessel, ein Band, was auch immer. Verbot hin oder her, ich konnte nicht anders, als mich an Gabriels Brust zu werfen. Es war vielleicht kindisch und unangebracht, aber wenn ich wirklich in ein paar Stunden vor den Toren Wallhalls stand, wollte ich das Gefühl von Gabriels Körper mitnehmen.
Gabriel wirkte ein wenig verwundert, doch dann umfingen mich seine Arme und er drückte mich so fest an sich, dass ich seinen Herzschlag spüren konnte. »Denke an alles, was ich dir beigebracht habe. Unterschätze Sayd nicht und schütze deine Kehle. Auch wenn du nicht an ihn glaubst, werde ich meinen Gott bitten, auf dich achtzugeben.«
Nun konnte ich nicht länger verbergen, dass ich vor Angst zitterte. »Wenn ich da unten sterben sollte, sorgst du dann dafür, dass man meinen Körper verbrennt und mit einem Boot auf den Ozean hinausschickt? Und dass man mir mein Schwert und diesen Dolch mitgibt? Ich werde beides in Wallhall
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