Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
gewesen, einen Mann in ihrer Nähe zu haben, als einen, der aus dem Dorf fortzog.
»Du bist nicht zurückgekehrt, oder?«, fragte ich, die Erinnerung an mein Dorf beiseitedrängend.
»Nein, und ich werde es auch niemals tun«, gabGabriel zurück. »Seit ich fortgegangen bin, sind siebzehn Jahre vergangen. Meine Leute halten mich für tot. Und aus der Frau, die einst ein Mädchen von sechzehn Jahren war, ist jetzt eine Frau von dreiunddreißig geworden. Sie wird ganz sicher nicht auf mich gewartet haben. Vielleicht hat sie mittlerweile sogar Kinder, die so alt sind, wie sie damals war.«
Und wenn sie doch gewartet hat? Wenn sie immer noch wartete? Bevor ich ihm diese Fragen stellen konnte, fuhr er fort: »Doch höre nun meine Geschichte weiter, denn jetzt kommt der Teil, der für dich interessant ist. Nachdem ich mich dafür entschieden hatte, das Angebot der seltsamen Frau anzunehmen, wurde ich tatsächlich von meinen Fesseln befreit. Man brachte mich in die oberen Räume der Feste, behandelte meine Wunden und gab mir zu essen. Später erfuhr ich, dass man den anderen Gefangenen erzählte, ich sei bei einem Verhör gestorben. Sicher haben die Männer geglaubt, dass das Monstrum mich getötet hat.
Das war gewiss bei den meisten, die sich gegen Ashala entschieden haben, der Fall. Doch es gab auch jene, die das Geschenk des ewigen Lebens haben wollten. Sie waren von nun an meine Brüder. Sayd, den du kennengelernt hast, bildete mich aus.«
»Und du hast nie daran gedacht, zu fliehen?«
»Doch, am Anfang schon. Aber eine Flucht war nahezu unmöglich. Die Brüder wachten über mich, und wie ich sehen konnte, gab es einige, die eine halbe Gabe erhalten hatten, also die Kraft und die Instinkte einer Lamie, aber nicht deren Langlebigkeit.«
»Was ist eine Lamie?«, begehrte ich zu wissen, denn die Bedeutung dieses Wortes war mir unbekannt.
»Sie ist, wenn man der Sage Glauben schenkt, eine Tochter der Göttertochter Lamia, die durch ihre Schönheit den Zorn der Göttin Hera auf sich gelenkt hat. Nachdem HeraLamias Kinder getötet hatte, verfiel diese dem Wahnsinn und begann Säuglinge zu stehlen. Diese Kinder taufte sie mit ihrem Blut und machte sie somit unsterblich.«
»Und diese Geschichte soll wahr sein?«
»Es ist eine Tatsache, dass es Lamien gibt. Jeder in unserer Bruderschaft kann das bezeugen. Man sagt diesen Wesen nach, dass sie Menschen die Nasen abbeißen, um an ihr Blut zu kommen. Bei den Arabern bedeutet das Wort ›lahama‹ zerfleischen. Doch Ashala, die Lamie, die ›Geist des Kerkers‹ genannt wurde, trank Blut nur dann, wenn sie Verletzungen an ihrem Körper heilen musste. Und genauso tun wir es.«
Entsetzen erfasste mich. Es gab zwar auch bei uns Krieger, die das Blut besiegter Feinde tranken, aber im Allgemeinen wurde das als Abscheulichkeit angesehen.
»Das heißt, ihr alle seid auch … Lamien?«
»Nein, für uns wurde noch kein Name gefunden. Obwohl auch wir sehr langlebig und unsere Fähigkeiten besonders sind, sind wir keine echten Lamien. Lamien können ihre Gabe weitergeben, das ist uns nicht vergönnt.«
Angesichts dieser Worte krampfte sich mein Magen zusammen. Aber ich konnte mich der Faszination der Geschichte nicht entziehen. »Und wie ging es mit dir weiter?«
»Wie ich schon sagte, wurde ich ausgebildet. Nicht nur von Sayd, auch von den anderen Mitgliedern der Bruderschaft. Ihnen war ich im Kampf rettungslos unterlegen – zumindest in der ersten Zeit. Sayd lehrte mich, was ich wissen musste und was ich auch dir beibringen werde. Und schließlich stand ich ihm in der letzten Prüfung gegenüber. Wie du siehst, habe ich sie gemeistert.«
»Was ist diese Prüfung?«, wollte ich wissen.
»Das werde ich dir später in allen Einzelheiten erklären. Nur so viel musst du wissen, dass die letzte Prüfung ein Kampf ist, ein Kampf gegen Sayd.«
»Was das angeht, so werde ich wohl kaum unterliegen. Immerhin habe ich ihn bereits mit dem Schwert vertrieben.«
Gabriel schüttelte daraufhin den Kopf. »Nein, Laurina, das hast du nicht. Sayd ist gegangen, bevor er dir etwas antun konnte. Wenn er dich hätte töten wollen, wärst du gestorben, bevor er das Haus verlassen hätte. Aber er wollte, dass du lebst. Du bist kostbar für ihn, für uns alle. Wer wirft schon ein Juwel weg, wenn er es sich aneignen kann?«
»Werde ich diesem Geist des Kerkers auch vorgeführt werden? Und wenn Sayd dich ausgebildet hat, warum will er meine Ausbildung dir überlassen?«
Gabriel lächelte
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