Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
es verlangt?«
»Vielleicht. Aber deine vorrangige Aufgabe wird eine andere sein.«
Wieder trat Schweigen zwischen uns.
»Glaubst du denn, dass du mir genug beibringen kannst, um die Prüfung zu bestehen?«, fragte ich schließlich.
»Das kann und werde ich tun«, antwortete er. »Vorausgesetzt, du willst.«
Ich atmete tief durch. Jetzt war es an mir, in eine andere Welt einzutauchen, eine Welt, die normalen Sterblichen verborgen bleiben würde.
»Wenn ich sterbe, dann stirbt mit mir das Erbe meines Vaters. Er wollte immer, dass ich am Leben bleibe, selbst dann noch, als wir dem Untergang geweiht waren.«
Ich wandte mich um und blickte Gabriel direkt in die Augen, in denen wieder der türkisfarbene Schein lag. »Die Götter haben mich nicht umsonst verschont. Es ist meine Pflicht, jede Gelegenheit zu nutzen, um am Leben zu bleiben. Wenn ich im Kampf sterbe, erwartet mich Walhall, daran glaube ich fest. Werde ich ermordet, komme ich zu Hel, der Totengöttin. Du kannst mir glauben, das ist kein Ort, an dem eine Kriegerin sein sollte.«
Ein Lächeln huschte über Gabriels Gesicht und brachte das blaue Feuer in seinen Augen zum Erlöschen. Beinahe erleichtert wirkte er, als er den Dolch wieder in seinen Gürtel zurücksteckte und sagte: »Ich glaube, wir beide werden sehr viel Freude miteinander haben.«
11
E s erschien mir überaus seltsam, wie schnell sich ein Leben doch verändern konnte. Vor wenigen Wochen war ich noch die Tochter eines vertriebenen Fürsten, dann wurde ich zu einer Heimatlosen. Und nun war ich dabei, in ein Geheimnis eingeweiht zu werden, das größer war als alles, was ich kannte.
Gleich am nächsten Morgen begannen wir mit unseren Kampfübungen. Die Luft war noch kühl und durchsetzt von der Feuchtigkeit des Meeres. Die Wogen klatschten gegen den Strand und brachten einige Algen und Muscheln aus den Tiefen mit.
Wir suchten uns einen Übungsplatz am Strand, der weit genug entfernt vom Wrack der Freydis war, damit ich nicht ständig an den Untergang erinnert und davon abgelenkt wurde.
»Warum kämpfen wir in diesem weichen Sand?«, fragte ich, denn ich merkte bereits jetzt, wie mühsam es werden würde, sich auf diesem Untergrund zu bewegen.
»Die ›Prüfung der sieben Wunden‹ findet in einer Arena statt, die mit Wüstensand gefüllt ist. Besser, du gewöhnst dich gleich an diesen Boden. Auf einem festen Untergrund kann jeder Narr kämpfen; um einen Kampf in der Wüste zu bestehen, muss man genau wissen, wie man sich zu bewegen hat.«
Wir übten zunächst mit Stöcken, wobei Gabriel ausloten wollte, wie gut meine Kampffertigkeiten entwickelt waren.
Ich hielt mich bereits für gut – und wurde eines Besseren belehrt.
Ein ums andere Mal schlug mir Gabriel den Stock aus der Hand. In meinem Zorn gab ich der Waffe die Schuld, dennimmerhin hatte ich sonst mit einem Kurzschwert gekämpft. Aber Gabriel lachte nur.
»Nehmen wir an, du wärst ein fetter Kaufmann, der auf einem Pferd in die Stadt gelangen möchte. Das Pferd ist eines der edelsten aus seinem Stall, auch kräftig, aber der Kaufmann wiegt einfach zu viel. Was meinst du, wem sollte man eher die Schuld geben, dem Pferd, das nicht anders gewachsen ist, oder dem Kaufmann, der nicht so viel hätte prassen sollen?«
»Das ist kein besonders guter Vergleich«, gab ich zurück, während ich erneut auf ihn losging, um ihm den Stock aus der Hand zu schlagen.
Gabriel stemmte die freie Hand auf seine Hüfte und parierte mit Leichtigkeit meine Angriffe.
»Doch, den Vergleich halte ich sogar für sehr gelungen. Das Pferd wird nicht zu mehr Stärke gelangen können, der Kaufmann aber sehr wohl zu weniger Gewicht. Und du brauchst mit deiner Waffe nicht zu hadern, ein guter Kämpfer setzt selbst mit einem Stock einen schwer bewaffneten Ritter außer Gefecht.«
So machten wir weiter, bis ich schließlich keine Luft mehr bekam und mein Knie wieder zu schmerzen begann.
»Nun gut, heute bekommst du noch eine Pause, aber in den nächsten Tagen werde ich dich nicht mehr schonen«, sagte er, dann setzten wir uns in den Sand und blickten aufs Meer hinaus.
»Hast du es jemals bereut, der Bruderschaft beigetreten zu sein?«, fragte ich, während das Rauschen der Wogen uns wie schützende Hände umfing.
Gabriel blickte noch einen Moment starr geradeaus, dann antwortete er: »Es gibt Augenblicke in meinem Leben, da frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre, einen anderen Weg einzuschlagen. Ich hätte heiraten und dieWerkstatt meines Vaters
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