Sephira - Ritter der Zeit 1: Die Bruderschaft der Schatten (German Edition)
Wangenmuskeln auf und ab hüpfen, als würde er auf etwas Hartem herumkauen. Ganz offensichtlich gefielen ihm seine Worte nicht. Ich habe es geahnt , dachte Sayd. Um seinem Meister zu gefallen, versucht er mich zu übertrumpfen. Doch dazu fehlten ihm letztlich die Jahre der Erfahrung. »Und was war damals mit Zengi, Nureddins Vorgänger?«, gab Hakim zu bedenken. »Er wurde im Schlaf von einem Sklaven getötet.«
»Du bist kein Sklave«, gab Sayd zurück. »Außerdem hat man den Mörder erwischt und getötet, falls du es nicht mehr weißt. Wir wollen doch nicht unseren Feinden in die Hände fallen, oder?«
»Als ob ich jemals …«
Sayd beendete Hakims Protest, indem er seine Hand hochhob.
»Ich sage es dir noch einmal, dies hier ist nicht irgendein Kaufmann, Gesandter oder sonst wer, den Malkuth tot sehen möchte. Dieser Mann ist der Sultan dieses Landes. Dementsprechend wird er bewacht. Du hast doch sicher auch die Geschichte von den Männern gehört, die Scheich Sinan ausgesandt hatte, um Saladin zu töten?«
Hakim presste misslaunig die Lippen zusammen. Wie allen anderen Assassinen ihrer Bruderschaft war ihm diese Begebenheit natürlich bekannt.
Scheich Rachideddin Sinan, der weitläufig nur als der »Alte vom Berge« bekannt war, hasste die Familie, der Saladin entstammte. Nachdem Nureddin gestorben war undSaladin die Regierungsgeschäfte übernommen hatte, verbündete sich der Sohn des toten Sultans, der sich um sein Erbe und die Macht betrogen sah, mit Sinan. Der Scheich sandte daraufhin ein paar seiner Männer aus, um Saladin zu töten.
Zunächst versuchten zwei von ihnen ins Lager einzudringen, doch ein Emir erkannte ihre Absicht und stellte sich ihnen in den Weg. Der Mann wurde schwer verletzt, doch die Soldaten fielen über die Attentäter her und töteten sie.
Danach schickte der Alte mehrere Assassinen in Saladins Lager in Aleppo, und tatsächlich gelang es einem von ihnen, in das Zelt des Sultans einzudringen. Doch als er auf sein Opfer einstach, musste er einsehen, dass Saladin Lehren aus dem ersten Angriff gezogen hatte und unter seinem Turban eine Kettenhaube trug. Ein Kettenhemd war auch unter seinen Kleidern. Sooft der Assassine auch auf den Herrscher einstach, er konnte ihn nicht verwunden. Saladin rief nach seinen Wachen, und als er aus dem Zelt eilte, stürzten sich weitere Attentäter auf ihn. Doch auch sie hatten keinen Erfolg. Die Wachen kamen hinzu und überwältigten die Männer. Innerhalb weniger Augenblicke sickerte ihr Blut in den staubigen Boden.
Saladin wankte davon, voller Schrecken, aber unversehrt.
Noch einmal soll Sinan es persönlich versucht haben, mit einem vergifteten Kuchen, dann ebbten die Angriffe ab. Es hieß, dass Saladin fürchtete, der Alte vom Berge könnte ein Zauberer sein, und fortan versuchte er ihn gnädig zu stimmen. Die Sicherheitsmaßnahmen, die für sein Lager ergriffen wurden, waren allerdings schärfer denn je.
»Wir sind aber keine von diesen Schwächlingen!«, hielt Hakim dagegen. »Wir sind unsterblich!«
»Ja, solange man uns nicht den Kopf abschlägt«, gab Sayd zurück. »Und auch unsere Kraft wird uns angesichts eines ganzen Heers nicht viel nützen. Malkuth kann sich nichterlauben, einen von uns zu verlieren, denn noch haben wir keine neue Lamie. Also ist es meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass jeder von uns heil zurückkehrt.«
Hakim knirschte mit den Zähnen, dann wandte er sich wutentbrannt ab. Die anderen, die sich schweigend im Hintergrund gehalten hatten, blickten ihm nach.
»Hat sonst noch jemand etwas vorzubringen?«, fragte Sayd in die Runde, erntete allerdings nur Kopfschütteln. Malik reagierte gar nicht, wahrscheinlich war er in Gedanken wieder bei Khadija.
»Gut, dann werden wir unser Lager aufschlagen und uns ausruhen. Morgen kundschaften wir das Lager aus. Es bringt nichts, alle Zelte zu durchsuchen in der Hoffnung, Saladin zu finden. Wir sollten uns Zeit lassen für diesen Auftrag und wenn möglich keine Fehler begehen.« Damit stapfte er hinüber zu seinem Pferd und hob ihm den Sattel vom Rücken.
Die ganze Nacht über tat Sayd kein Auge zu. Gedanken wirbelten wild durch seinen Verstand.
Das Bild seiner Frau, Laurinas Gesicht auf dem Hausdach in Kairo, Hakims Wutausbruch und die Forderung Malkuths nach dem Leben Saladins ergaben eine Mischung, die ihm jeglichen Schlaf raubte, obwohl seine Glieder schwer waren und sich nach Ruhe sehnten.
Schließlich trat er vor sein Zelt und betrachtete die Sterne. Schon oft seit
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