Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
mehr von anderen Männern, die durch die Straßen von Garnata gingen. Sayd trug zusätzlich noch einen Tailasan, was aufgrund seines früheren Fürstenstandes durchaus angebracht war.
»Wir sollten uns beeilen«, mahnte Jared ungeduldig. »Es wäre unhöflich, Al-Harun warten zu lassen.«
»Wir können aber nicht in gestrecktem Galopp auf die Burg zureiten«, entgegnete ich, während ich an meinen Ärmeln zupfte. Das Gewand war nicht unbequem, doch es war eben nur für Tätigkeiten einer arabischen Edeldame ausgelegt. Die Tätigkeiten einer Wikingerin sahen ganz anders aus. »Die Wachen würden denken, wir planen, die Burg anzugreifen.«
»Vergiss deinen Schleier nicht, wenn wir dort sind«, mahnte Jared, ohne auf meine Worte einzugehen.
»Keine Sorge, ich will doch keinen Haufen lüsterner Eunuchen an meinem Rockzipfel hängen haben!«
Am Tor angekommen wurden wir von zwei Wächtern in nietenverzierten Lederharnischen begrüßt. Nachdem Jared ihnen das Schreiben seines Freundes gezeigt hatte, ließen sie uns passieren.
Den Jungen, der sich um unsere Pferde kümmerte, wies Jared an, Al-Harun von unserer Ankunft zu unterrichten. Während wir auf eine Antwort warteten, schlenderten wir durch einen Garten mit Orangenbäumchen und Myrte und lauschten dem Plätschern eines kleinen Brunnens.
»Die Gärten des Emirs sind noch prächtiger«, behauptete Jared, als er sich auf einer kleinen Steinbank niederließ. »Es soll darin sogar ein Wasserbecken geben, das stets glatt wie ein Spiegel ist.«
»Dein Freund muss dir ja ordentlich den Mund wässrig gemacht haben«, Gabriel lächelte milde.« Warum wolltest du nicht schon eher hierher?«
»Weil ich meine Aufgaben zu erledigen habe und keine Zeit für …«
Schritte ließen Jared verstummen. Nicht der Junge erschien,sondern ein junger, hell gekleideter Mann, der sich leicht vor uns verneigte. »Der ehrenwerte Al-Harun erwartet Euch.«
Al-Haruns Gemächer lagen hinter einem mit prächtigen Ornamenten geschmückten Säulengang. In keinem Gebäude Kairos, Alexandrias oder Damaskus’ hatte ich derart reiche Verzierungen gesehen. Außerdem konnten wir an den Wänden immer wieder Kalligrafien von Suren bestaunen. Das Licht der Feuerschalen und Fackeln verlieh den Räumen Wärme und Behaglichkeit.
»Das ist ein Gedicht von Ibn Zamrak«, bemerkte Sayd, als wir an einer besonders reich verzierten Wand vorübergingen. »Er gehört zu jenen Dichtern, denen das Herz zu nahe am Hals schlägt. Es wundert mich, dass der Emir solche Schriften hier verewigt hat.«
In früheren Zeiten war die Dichtkunst verpönt, besonders bei strenggläubigen Fürsten und Gelehrten. Doch mittlerweile schienen sich die Ansichten darüber gewandelt zu haben.
Vor einer mit Ranken verzierten Tür machten wir schließlich halt. Der junge Mann, der uns geführt hatte und wohl ein Sekretär des Gelehrten war, öffnete sie, trat vor und verneigte sich. Dann kündigte er die Gäste an.
Beim Eintreten wurde ich von der Pracht des Arbeitszimmers beinahe erschlagen. Ich hatte schon einige Paläste betreten – sei es heimlich in der Nacht oder in Begleitung von Sayd, um aufzuzeichnen, was er mit bedeutenden Männern zu besprechen hatte. Doch dieser Raum übertraf alles, was ich bisher gesehen hatte. Die Wände waren mit kunstvoll verschlungenen Ranken und Koransuren verziert, die Feuerschalen ließen den roten Stein golden schimmern und beleuchteten auch die zahlreichen Schriftrollen, die sich in einem Regal gegenüber der Tür stapelten.
Harith Al-Harun, der Herr dieses prachtvollen Raums, war ein Mann im mittleren Alter, etwas älter als Jared zu dem Zeitpunkt, als er Ashalas Elixier erhalten hatte. Zu gern hätte ich gewusst, wie viele Jahre seit dem letzten Zusammentreffen der beiden vergangen waren. Ob sich Al-Harun über das jugendliche Aussehen seines Freundes wunderte?
Wenn ja, so zeigte er es nicht. Nachdem er uns kurz gemustert hatte, trat er mit ausgebreiteten Armen auf Jared zu. »Salam aleikum, mein Freund.«
»Wa saleikum as-salam«, entgegnete Jared seinen Gruß, dann umarmten sich beide.
»So viele Jahre sind vergangen, seit ich dich das letzte Mal sah – und doch konnte dir die Zeit nichts anhaben.«
»Und ebenso scheint das bei dir der Fall zu sein«, sagte Jared höflich, eine Lüge, über die sein Freund hinweglächelte.
»Seid auch Ihr gegrüßt, Freunde von Jared. Gleichwohl es mich überrascht, Euch hier zu sehen, bin ich doch hocherfreut, Euch an diesem wunderbaren
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