Sephira - Ritter der Zeit 2: Das Blut der Ketzer (German Edition)
»Wir dachten schon, Ihr wärt in den Kanal gefallen.«
Al-Harun wirkte verstimmt. »In meiner Gegenwart braucht Ihr um das Leben der Sejida nicht zu fürchten. Ich werde sie mit meinem Leben beschützen.«
Gabriel wirkte, als wollte er gleich die Augen verdrehen. Doch er riss sich zusammen und entgegnete: »Daran zweifleich nicht, doch ich, der die Verantwortung für die Sejida trägt, möchte dieser auch nachkommen.«
Daraufhin verneigte Al-Harun sich kurz und ließ uns dann den Vortritt.
Nach der Führung durch zwei weitere Gärten und an einem prächtigen Löwenbrunnen vorbei kehrten wir in Al-Haruns Gemächer zurück. Die nachfolgende Unterhaltung verlief allerdings nicht mehr so unbeschwert. Al-Haruns Gehilfe hatte seinem Herrn eine Schriftrolle übergeben. Nachdem er diese gelesen hatte, wirkte der Gelehrte wie verwandelt. Seine Antworten verloren deutlich an Eleganz und Schärfe, hin und wieder schweifte sein Blick hinüber zu den Fenstern, wo er sich in irgendwelchen Gedanken verlor.
Ich bemerkte, dass Sayd immer wieder zu Jared blickte, als wollte er ihn auffordern, den Besuch zu beenden. Als sich dieser schließlich dazu durchrang, bat Al-Harun seinen Freund nach überschwänglicher Verabschiedung doch noch um ein Wort. Uns wurden derweil die Pferde gebracht.
»Was er wohl noch mit ihm zu besprechen hat?«, fragte ich beunruhigt, während ich über die Mähne meines Pferdes strich.
»Vielleicht will er einen Brautpreis für dich aushandeln«, stichelte Gabriel. »Vielleicht glaubt er, Jared hat die Befugnis dazu.«
Ich tat so, als hätte ich es nicht gehört.
Schließlich bog Jared um die Ecke. Er wirkte aufgewühlt.
»Dein Freund war auf einmal so besorgt«, empfing ihn Sayd. »Bedroht jemand sein Leben?«
Jared blickte sich kurz um, doch die Wächter waren zu weit entfernt, um unsere Worte zu vernehmen. »Nicht sein eigenes. Zurzeit herrschen auf der Burg schwierige Verhältnisse. Es wird gemunkelt, dass bestimmte Kräfte versuchen,den Emir zu stürzen. Ein entsprechendes Schreiben hat ihn gerade erreicht.«
»Lass mich raten«, warf Gabriel ein. »Seine eigene missratene Brut?«
Jared schüttelte den Kopf. »Nein, diesmal ist es etwas anderes.« Wieder blickte er sich um, dann bedeutete er uns, mit in den Garten hinauszukommen.
»Vor einigen Jahren hat es zwischen Muhammad al-Faqih und den Banu Ashkikula Krieg gegeben. Das feindliche Geschlecht war ein Bündnis mit den Meriniden eingegangen, um Muhammad von seinem Thron zu stoßen. Muhammad gelang es, dieses Bündnis durch kluges Intrigieren zu zerschlagen. Das hat die Banu Ashkikula geschwächt, aber vergessen haben sie ihren Groll nie.«
»Wie das bei verfeindeten Stämmen nun mal der Fall ist«, brummte Sayd und kreuzte die Arme vor der Brust.
»Al-Haruns Informant teilte ihm mit, dass sich Spione eingeschlichen haben könnten, um den Emir zu töten.«
»Und darin hat er dich eingeweiht?«, wunderte ich mich. »Immerhin kennt er dich nur flüchtig.«
»Darüber hinaus kann er auch nicht wissen, dass wir Assassinen sind, es sei denn, jemand hat es ihm verraten.« Gabriel warf Jared einen bösen Blick zu.
»Gar nichts habe ich verraten. Und er hat mich auch um nichts gebeten. Er hat mich lediglich ins Vertrauen gezogen. Da mein Freund loyal auf der Seite des herrschenden Emirs steht, lebt er natürlich ebenfalls gefährlich. Der Hof ist ein Spinnennetz aus Lügen und Intrigen. Wer sich darin verfängt, dem wird schneller, als ihm lieb ist, das Leben ausgesaugt.«
»Es sei denn, man ist keine Fliege, sondern ein Habicht«, warf ich ein.
»Weise gesprochen, Sayyida!« Mit einem grimmigen Lächelnwandte sich Sayd wieder an Jared. »Dein Freund geht also davon aus, dass es am Hof neben den eigentlichen Attentätern noch weitere Sympathisanten mit den Banu Ashkikula gibt.«
»In der missratenen Familie des Emirs vielleicht.«
»Zum einen in der Familie«, bestätigte Jared. »Aber es ist ein offenes Geheimnis, dass auch die Kastilier den Emir lieber heute als morgen tot sehen wollen. Bisher besteht ein Bündnis zwischen ihnen und dem Emir, aber solche Vereinbarungen enden meist mit Angriffen der einen auf die andere Seite.«
»Das klingt nach einer Menge Probleme«, sagte ich nachdenklich.
»Probleme, derer wir uns annehmen können, wenn du das gegenüber deinem Freund verantworten kannst.« Sayd deutete auf das Messer an seiner Seite.
Jared verstand, und diesmal hatte er nicht solche Bedenken wie damals auf dem Schiff. »Es
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