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Sepia

Sepia

Titel: Sepia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Schuetz
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sie lachen. Am besten Eli meldet sich aus dem Busch, bevor die Leute ihre Geheimnisse ausgepackt haben.
    Eli von oben: Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen, wie spät es ist?
    Der Herr im Sommermantel, der an dieser Stelle im Augenblick gemütlich pinkeln wollte, weiß sogar als müßiger Spaziergänger, wie lang so ein Arbeitstag sein kann. Er knöpft und schaut auf die Armbanduhr. Viertel vor um. Lieber Gott, lass Abend werden, möglichst noch vorm Frühstück.
    Danke, ruft Eli hinter ihm her. Ein Sachse. Heimatklänge. Ein Seelenverwandter. Eli macht vor lauter Lust und Kurzweil aus den verschiedenen Leuten verschiedene Figuren.
    Wie schön der Frühstück gesagt hat. Frieschtik. Eli sieht, wie er durch die Heckenbögen spaziert und nun in seinem Sommermantel standfest vor der Säule der Flora verweilt, dabei gewiss etwas Gediegenes denkt. Sie sieht es sogar an seinem Rücken und von ferne: ein zufriedener Sachse. Er freut sich, endlich auch ich in Sanssouci. Er urteilt nur gut und gerecht. Französische und englische Gartenkunst. Barocke und klassizistische Architektur, eine Augenweide. Und doch geistert eine kleine Enttäuschung oder eine stille Genugtuung in seinem Sachsenschädel. Frieschtik, hört Eli. Der Mann kommt nicht nur aus Sachsen. Er kommt aus Dresden. Daher das freundliche Schulterzucken. Hier sind die meisten Schlösser und Tempelchen einfach nur gelb gestrichen, dazu sehen sie sehr dünnwandigaus. Sommerlich bescheiden. Zugegeben, die Wege, Treppen und Badewannen sind größer als die bei uns im Zwinger. Zugegeben, manches ist aus teurem Marmor. Im tiefen Herzkämmerlein aber hegt und pflegt der Betrachter der Gemäuer die Meinung, alles ziemlich gut und schön, doch mein Dresden ist es nicht, denn zum wirklich soliden Barock gehören nun einmal Brücken und Terrassen, dazu Opernhäuser, Kirchen. Auch muss sich das Ganze durch Zufall und Plan zu einer glücklichen Silhouette binden. Einer vielgestaltigen unverwechselbaren Himmelslinie. Und schließlich, in der Nähe gesehen, ist Sandstein das einzige Baumaterial, das neu wie auch alt, ja sogar im Verfall, schön aussieht. Ein Birkenbäumchen auf Sandsteintrümmern rührt die Seele, während eingestürzte Ziegelmauern schnell zu Müllhalden verkommen können, Allergiekräuter siedeln, Brennnesseln, Hexenkraut, Wolfsmilch.
    Man darf vermuten, dass die Erde bereits den Dresdner im Sinn hatte, den Bergwanderer ebenso wie den Liebhaber der Barockstadt, als sich in Kreidezeiten gemächlich das Elbsandsteingebirge herauszuformen begann. Material, gut als Lehrstoff für Baumeister und Bildhauer. George Bähr und Pöppelmann. Permoser, Semper, Vater und Sohn. Denke an die Figuren am Zwinger. Schau hin, lass dir erzählen, was der Sandstein den alten Meistern beigebracht und in die Seele gesenkt hat. Nimm die Herbstfigur am Kronentor, der Sandsteinblock hatte unserem Balthasar Permoser für ein paar Wochen das Bindegewebe der Hand, die Palmaraponeurose, verhärtet und hatte ihm damit beigebracht, den Hauknüpfel künftig klüger am Ruckeisen anzusetzen.
    Der Sandstein hegt viel Weisheit und noch mehr Geheimnis. Die Marmorvenus neben der großen Fontäne sieht aus wie von Gott gemacht.
     
    Lieber Anton, ich habe mich inzwischen an Sanssouci gewöhnt. Es steckt sehr viel verspielte Hoffnung drin. Friedrich der Große hat gerne auf der Querflöte musiziert, ich glaube, das sieht man hier noch an manchem Schnörkel. Nach Feierabend schiebe ich manchmal mein Fahrrad hinauf zum Schloss. Ich bin dort ringsherum wie zu Hause. Man scheucht mich nicht fort. Es ist gar keiner da, der mich verjagen könnte. Die Parkwächter arbeiten sonnabends nur bis Mittag. Wenn ich wollte, könnte ich sogar in Friedrichs Bibliothek gehen oder ins Voltairezimmer oder in den Musiksalon, auch die Küche im Seitenflügel ist offen. Nicht für alle, aber für mich, weil ich weiß, wie man die tiefen Fensterflügel von außen aufschließen kann. Das hat mir der Uhrenhirte gezeigt, der Mann, der hier jeden Freitag sämtliche Uhren aufzieht.
    Ich könnte ins Schloss hineingehen, aber ich setze mich lieber draußen auf die Bank, meist neben die Hunde- und Pferdegräber des Königs. Auch jetzt, während ich Dir schreibe, hocke ich hier auf dem Hügel über der dicken Stadtluft. Es ist still, die Vögel schweigen, am meisten schweigt unten die große Fontäne. Das Wasser im Becken ist zur Ruhe gekommen. Die Goldfische schlafen.
    Lange habe ich keine Leuchtkäfer mehr gesehen. Aber hier im

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