September. Fata Morgana
Bestimmung erschienen mir wie Räusche wie
Bluträusche
der Macht ich konnte eigentlich und kann bis heute nur ganz klar ganz im Detail (das Atom das Herz der Kreislauf die Freundschaft der Bau von Arztpraxen und Kliniken) oder ganz dichterisch (das Universum die Liebe) denken obwohl ich mich immer bemühe und lerne aber ist Medizin Wissenschaft oder Poesie fragte Hussein oder nicht doch eher die Politik des kranken Körpers er hatte wohl recht ich las dennoch lieber Gedichte von Mutanabbi (und von Nizar Kabani in gesteigerten Verliebtheitszuständen)oder die Stücke von Brecht die das Studententheater aufzuführen plante bevor wir ganz andere Stücke aufführten
und schließlich
der ANGRIFF
im Juni
und am zweiten Tag des Krieges stand
MACK THE KNIFE neben mir in der Mensa der medizinischen Fakultät ohne dass ich es begriff das heißt mehr als Abneigung und Befremdung verspürte während er sich nach vorn drängte und brüllte es dürfe nicht das geringste Zögern der Regierung geben der jüdische Aggressor wäre sofort und endgültig zu zerschlagen
Saddam
diese eine Mal war ich ihm so nah wie dem Tod in der Pathologie von dem ich auch immer glaubte ich hätte nie etwas ganz persönlich mit ihm zu schaffen er trug eine Pistole am Gürtel er war glatt rasiert ein langer athletischer Typ er hatte vier oder fünf Gewichtheberfiguren um sich herum und schrie unentwegt in seinem beduinischen Dialekt man sagte ihm nach er habe schon einige Gegner um die Ecke gebracht wir nickten und wandten uns anderen Rednern zu auch die meisten Baathisten hielten ihn für nichts als einen brutalen Schläger den man ausschalten musste (er fand bald ihre Schalter und er zögerte nicht) wir versuchten im Gespräch mit einigen Professoren und Assistenten noch eine Art Überblick zu erhalten aber es war sinnlos der Hexenkessel trieb uns hinaus in
die Endschlacht gegen den Zionismus
wir hatten Nasser
den allergrößten Gewichtheber den Garanten der arabischen Einheit den Führer der Dritten Welt die Leuchte der Araber die uns gelehrt hatte den Kopf zu heben denn
es gab keinen Zweifel am Sieg jeden Tag vernichteten wir den Feind vollkommen im letzten Gefecht vier Tage später stand ich in Uniform auf dem Bahngleis und Farida fiel beinahe in Ohnmacht vor Hitze Wut Trauer ich
bin freiwillig
unfreiwillig gefahren das heißt ich wollte mich wehren ich wollte mit irgendetwas Höherem und Wichtigerem verschmelzen und wenn es sein musste auch mit ihm untergehen obwohl oder weil ich glücklich war undobwohl sich etwas in mir sträubte und den Kopf schüttelte in meinem Kopf und wie gelähmt und hilflos an die Wände meines Körpers starrte der inmitten der anderen voranstürzte
wir hatten keine Einberufungsbescheide es ging alles so schnell wie die irakischen Einheiten in Jordanien überrollt worden waren viele meldeten sich bei der Kaserne bei der sie zuletzt stationiert gewesen waren jung
als Araber
zu sterben und meine Freunde nicht zu überleben schien mir folgerichtig wenn auch nicht unbedingt großartig es war mein einziger Krieg als normaler Soldat ich kam nicht einmal aus der Kaserne heraus als auch schon entgegen der Triumphmeldungen aus Kairo Amman Damaskus
nach sechs Tagen
AL-NAKSA
DIE NIEDERLAGE
feststand nach weiteren sechs Tagen wusste man dass kein großer Flächenbrand entstehen würde und ich sollte einfach nachhause gehen
wie betäubt
fand ich zum ersten Mal eine wütende junge Ehefrau vor (bitte stirb beim nächsten Mal weil ich es dir sage) und einen Zulassungsbescheid für das Studium in Paris das ich mir nicht leisten konnte und
noch hingen alle klebten an kauften und kauften
Radios
wütende zeternde jammernde Geräte sie brüllten noch im Juli in den Sandstürmen sie hatten immer noch gewonnen
aber es war anders gewesen (ein echt deutscher BLITZKRIEG der in Frankfurt lebende Vetter von Hussein schrieb dass man in Deutschland Mosche Dayan zum wiederauferstandenen Rommel erklärte)
nach Jahren
nach so vielen Gesprächen in Paris Amman Damaskus Beirut Bagdad denkst du klarer oder vielleicht nur weniger illusionär wenn etliche der Kostüme und Masken gefallen sind in denen man die Erfolgsstücke der Geschichte immer wieder aufzuführen versucht wobei wir nicht vergessen wollen dass im Grunde keine Alternative zur Inszenierung existiert und es keine letzte Maske abzunehmen und keinen Straßenanzug unter dem letzten Kostüm hervorzuzaubern gibt erst recht nicht die nackte Wahrheit
heute könnte man
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