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September. Fata Morgana

Titel: September. Fata Morgana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Lehr
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Wunderwerke nicht voneinander unterscheiden) von denen einer meinen Papierkorb in Brand schoss ein anderer meinen Anatomie-Atlas
    es war noch sieben Jahre später kein guter Witz
    als Farida und ich 1974 zurückkehrten
    waren wir schon einen Krieg weiter wir feierten die Geburt unseres ersten Kindes an seinem siebten Lebenstag ich hielt Jasmin in den Armen und sie schien mir weniger zu wiegen als eine Taube ich flüsterte ihr dreimal ihren Namen ins Ohr (ich glaube an den Namen des Menschen) wie ihr Faridas fromme Tante kurz nach der Geburt die Fatiha ins Ohr geraunt hatte das geschlachtete Lamm wurde im Innenhof des großen Hauses in Wasiriya gebraten das mein Vater nach dem Radio-Coup noch hatte erweitern können so dass zwei meiner Brüder mit ihren Familien darin Platz fanden uns dreien wäre das Haus meines Großvaters in Betawiyn geblieben aber ich hatte schon eine moderne Wohnung gemietet mein Vater war siebzig damals und noch ganz der große Scheich seiner Geschwister meiner Geschwister meiner Cousins die in seinen Elektroläden arbeiteten ich musste dagegen ankämpfen mich für Jasmins Geschlecht entschuldigen zu wollen aber er sagte doch kein Wort darüber dass die kleine Schiitin Farida ihm eine Enkeltochter serviert hatte nein vielleicht freute er sich sogar vor allem aber freute er sich dass ich tatsächlich zurückgekehrt war
    als Arzt in den Irak
    (das Land der unendlichen ärztlichen Arbeit)
    die Wärme ist da sie umgibt mich meine Geschwister haben nicht geglaubt dass ich wiederkomme und jetzt ist ihre Freude ehrlich ich mag denken fürchten hoffen was ich will ich bin
    zunächst einmal
    zuhause ich spüre wieder die Hitze die vertrauten Stoffe rieche dieGewürze gehe unter den Dattelpalmen am Tigris streife die Lehmziegelmauern die Teppiche die Tücher wandere über die Brücken bummle mit Farida die Abu-Nuwas entlang und über die Suks ertaste die rissige jahrhundertealte Haut der Stadt als berührte ich einen mächtigen Elefanten mit der Ausdünstung von Kebab Kardamom Kohlenmonoxid Karbid sehe wie sich die modernen Wohnblocks die internationalen Geschäfte die neuen Hotels eingenistet haben und die Heimstatt der Weisheit die Wohnstätte der Vernunft die Mutter der Welt BAGDAD mit einem betonharten glasharten Versprechen auf ungeahnte Zukunft armiert während schon die Volkswagen Opel Renaults sogar Straßenkreuzer aus den USA durch ihre großen Arterien fahren
    es ist die Idee dass vielleicht noch in einem einzelnen Land funktioniert was für alle arabischen Länder gemeinsam nicht herstellbar war eine Idee für die wir die Augen zukneifen und die untrüglichen Anzeichen ihrer baldigen gnadenlosen Pervertierung energisch
    verkennen
    ich spüre will unbedingt spüren
    dass meine große oder beste Zeit beginnt mit Jasmins wundervoll bemühtem Hineinstarren in das über dem Innenhof schwebende blaue Quadrat der Zukunft
    es war mir
    sieben Jahre später
    als richtete sie den gleichen Blick auf mich als sie von dem Fußball aufschaute den sie als schnellstes der Mädchen vor sich hergekickt hatte und mich am Zaun ihrer Schule stehen sah
    wieder
    in Uniform
     
    Kompass
     
    Mein Land liegt zwischen den Mühlsteinen Ost und West.
    Sie drehen sich mit der Macht der großen Katastrophen
    in entgegengesetzte Richtung.
    Unaufhaltsam nähern sie sich einander.
    Gehst Du nach Norden, verschwindet Dein Gesicht.
    Gehst Du nach Süden, wartet in Basra der Tod.
    Bleibe bei mir.
    Sieh auf die Steine.
    Wünsche Dir nichts.

 
    Martin
     
    Wir waren spät abends in Granada angekommen die Taxifahrt durch die engen Sträßchen und Gassen kam mir wie ein hastiger Tauchgang durch eine von orangegelben Scheinwerfern ausgestrahlte Unterwasserstadt vor der Zeitraffer mit dem alles gefilmt wurde erklärte das Wunder der immer gerade noch rechtzeitig zurückweichenden Menschenmenge dann die hohen alten Mauern und die Märchennachtblicke über die Stadt
    das Morgenlicht des ersten Erwachens in dem Luisa über mich gleitet ihre Brüste mit der Fruchtschwere und Taubenwärme des Paradieses mit noch verschlafen seufzendem Behagen seid eine Kleidung füreinander (heißt es) Schleier Seidenmantel Pelzhandschuh schwarzer Nerz der über meinen Bauch gleitet sich über seinem Fund wölbt feuchter elastischer Ring erstaunlich kühl zunächst dann aber seine Glut verströmend das Feuer in unseren Körpern flammt auf
    in
    einander
    gekleidet im hellen Licht der Fenster deren schwere große Läden Luisa geöffnet hat noch bevor sie

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