Septemberblut
quälend lange. Vielleicht lag es an Brandons Siegeln, vielleicht an der Energie, die wir ihrem Körper geliehen hatten. Christinas Hände krallten sich in sein blauschwarzes Haar und rissen ganze Strähnen aus. Brandon war von dem Schauspiel des Todes zu entsetzt, um Trost zu spenden. Stattdessen starrte er sie mit schreckgeweiteten Augen an. In diesen Momenten wurden die Siegel aus seinem Herzen gerissen, und ich konnte nur ahnen, wie furchtbar das war.
Ich wollte nicht daran denken, wie ich leiden würde, müsste ich Amber beim Sterben zusehen.
Christina riss den Mund auf. Sie krümmte sich auf die Seite wie ein Fötus, die Arme an den Körper gepresst, die Hände zu Fäusten geballt.
Dann,endlich, wich auch der letzte Atem aus der Lunge, und ihr Leiden hatte ein Ende.
Jetzt musste alles sehr schnell gehen. Ich drehte sie in Brandons Armen auf den Rücken, er stützte ihren Kopf mit der Rechten, dann riss ich mir mit einem Eckzahn das Handgelenk auf und ließ mein Blut zwischen ihre Lippen rinnen.
Brandon starrte wie hypnotisiert auf Christinas Mund. Ihre aufgerissenen Augen verloren bereits den Glanz. Es geschah nichts!
Eine halbe Unendlichkeit lang nichts!
Was hatte ich falsch gemacht? Ich massierte meinen Arm, beschleunigte meinen Herzschlag, das Blut sollte schneller fließen und mit ihm die Kraft, die uns animierte. Die rote Flüssigkeit füllte ihren Mund inzwischen zur Gänze und rann wieder hinaus.
»Trink, trink doch endlich, Christina«, flehte Brandon.
Ich fühlte, wie die Magie des Blutes ihre Seele umspann und sie langsam in den Körper zurückzerrte. Ein Zittern lief durch Christinas noch menschlichen Leib, dann endlich schluckte sie. Ich drückte mein Handgelenk gegen ihre Lippen und fühlte, wie die Magie vollends erwachte.
»Christina, Christina, komm zurück!«, beschwor ich sie mit ruhiger Stimme und legte all mein Wollen in die wenigen Worte.
Totenmagie umkreiste mich, wurde stärker und stärker. Plötzlich wurde sie mir mit einem Schlag von dem erwachenden Nachtgeschöpf entrissen. Mehr Energie stieg in mir auf und floss jetzt als stetiger Strom in das neue Wesen. Es war berauschend und beängstigend zugleich, und es tat weh. Geburtsschmerz.
Christina riss an jeder Faser meines Seins und zehrte mich auf, doch es war noch nicht genug. Wenn ich der Welt schoneine neue Bluttrinkerin schenken musste, dann sollte sie mächtig sein und schön in ihrer tödlichen Pracht.
»Bei meinem Blut rufe ich dich, Christina!«
Sie riss die Augen auf und starrte mich an. Ihre Hände krallten sich um meinen Arm und sie trank immer gieriger, sog mich leer, biss zu mit ihren menschlichen Zähnen.
»Dem Grab entrissen durch mein Wort, dem Tod entrissen durch mein Blut. Erwache in die Nacht, Christina Reyes, Tochter im Blute. Erwache und gehorche, denn ich, Julius Lawhead, bin dein Schöpfer und Meister«, vollendete ich die Erweckungsformel.
Christina trank mit all ihrer neu erwachenden Kraft.
Als ich ihren Hunger nicht länger ertragen konnte, entzog ich ihr meinen Arm und sank auf einen Stuhl. Die Prozedur hatte mich völlig erschöpft.
Christina rang nach Atem wie eine Ertrinkende. Ihr einziger Blick galt mir, der Quelle des Blutes, ihrem Schöpfer. Nach und nach wurden ihre Augen tiefschwarz wie Brandons und die Pupillen waren kaum noch zu sehen.
Der Indianer streichelte sie mechanisch und konnte sein Glück kaum fassen. Langsam kehrte meine Kraft zurück, und ich kam wackelig auf die Beine. Obwohl ich sie nicht sehen konnte, spürte ich die Macht der Dämmerung in jedem Winkel meines Körpers.
»Die Sonne geht bald auf, wir müssen sie hinunterbringen«, ermahnte ich Brandon.
In seinem Blick lag pure Dankbarkeit.
Überwältigt von meinen eigenen Gefühlen, ließ ich zu, dass er mich umarmte, und lag einen Augenblick geborgen an seiner starken Schulter.
Ich würde nie wieder alleine sein, wurde mir klar. Ich hatte einen Bruder und jetzt auch eine Schwester von meinem Blut, denen ich gut sein würde.
MeineCamarilla. Plötzlich war ich unendlich erleichtert.
Ich küsste Brandons Stirn, dann Christinas, die mit ihren neuen Raubtieraugen die Welt bestaunte, zu schwach noch, um sich zu bewegen.
»Christina«, flüsterte ich und nutzte dabei zugleich die Kraft der stummen Kommunikation, » erinnere dich, was ist mit Amber geschehen? «
Christinas Blick zuckte zu mir, doch ihr Geist war erfüllt von Magie. Im Moment wusste sie anscheinend nicht einmal mehr, wer Amber war.
Ich erhaschte
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