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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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ich die Welt mit glücklicheren Augen betrachten konnte. Doch Amber war mir wieder genommen worden. Und das Schlimmste war, ich konnte verstehen, warum sie mich verabscheute.
    Wenn ich nicht nachdenken wollte, rannte ich.
    Rannte,so schnell ich konnte, bis mein Herz beinahe zersprang und ich mit schmerzenden Gliedern zusammenbrach. Aber auch der Schmerz gab mir mein Leben nicht zurück, wie sonst manchmal. Nichts half.
    Der Pazifik spiegelte die Leere meiner Seele. Grauer Himmel, graue Wellen, dunkelgraue Trennlinie dazwischen. Ich hasste mich.
    Hin und wieder, wenn mich der Hunger packte, ernährte ich mich von stinkenden Obdachlosen, die im Schutz der Rettungshütten schliefen, oder dem ein oder anderen späten Jogger.
    Ein Hund folgte mir, als suche er den Tod. Er war ein Streuner wie ich. Seine braunen Augen sprachen von Verlust. Jemand hatte ihn hier zurückgelassen und einfach vergessen. Jetzt ernährte er sich von dem, was die Menschen ihm zuwarfen. Er kam zu mir, als ich schon eine Weile reglos im Sand gesessen hatte. Legte sich ganz dicht neben mich, so dass sein struppiges, gelbes Fell meine Finger streifte.
    Für einen Augenblick war er glücklich, dann traf ihn meine Magie und er schlief ein, um nicht mehr aufzuwachen. Das Hundeblut war bitter, und es steckte so wenig in dem kleinen, mageren Leib. Ich trank und ekelte mich, trank und ekelte mich, doch ich hörte nicht auf.
    Als sein Herz schließlich das letzte Mal müde zuckte, wartete ich auf den besonderen Kick. Er kam nicht.
    Nicht einmal der Rausch des letzten Herzschlags war mir vergönnt.
    Als ich den toten Hund betrachtete, der so vertrauensvoll zu mir gekommen war, ekelte ich mich vor mir selbst. Amber hatte recht. Ich hatte sie nicht verdient, ich war ein Monstrum. Ich zerstörte jene, die mir Vertrauen schenkten, und betörte sie, wenn sie nicht freiwillig kamen, um mir zu geben, wonach ich verlangte.
    Jemandwie ich hatte keine Liebe verdient, sondern nur Abscheu, den Tod. Doch zu sterben war nicht leicht nach all den vielen Jahren, und jede weitere Minute machte es noch schwerer.
    Meine Reue ließ das Tier nicht lebendig werden. Stundenlang saß ich mit dem kleinen Körper im Schatten eines weißen Holzturms der Küstenwache und grub meine Hände in das struppige Fell, bis ihn der Wind genauso kalt gemacht hatte wie mich.
    Meine Gedanken gingen auf Wanderschaft, zu der letzten Frau, die ich geliebt hatte und der die Liebe zu mir den Tod gebracht hatte.
    Marie. So viele Jahre, und ich hatte sie noch immer nicht vergessen. Ihr Haar war so rot gewesen wie Ambers, doch ihre Haut war weiß, wirklich weiß, wie sie es nur nach Jahrzehnten ohne Sonnenlicht werden kann.
    Wir hatten uns kurz nach meiner Ankunft in Paris auf einem Ball kennengelernt. Sie war mit ihrem Meister dort, dem sie auch in Liebesdingen gehorchen musste, ich mit Curtis, der als junger Clanherr nach Verbündeten suchte. Es war Liebe auf den ersten Blick, wie bei Amber. Nichts im Vergleich mit den spröden Gefühlen für meine sterbliche Ehefrau im alten London. Mit der Vampirin verstand ich zum ersten Mal, wovon Poesie wirklich sprach, was das Leuchten bedeutete, das manche Paare in den Augen und im Herzen trugen.
    Wir trafen uns heimlich. Erst einmal die Woche, schließlich konnten wir keinen Tag mehr ohne einander sein. Ich war so glücklich mit ihr. Marie schien kein Problem damit zu haben, dass ich schwach und beinahe einhundert Jahre jünger war als sie. Wir hielten uns für so clever, unsere Stelldicheins waren so perfekt geplant.
    Curtis hat von uns gewusst, von Anfang an. Er kontrolliertemich völlig, trank von mir und las meine Gedanken, ohne dass ich es merkte. Wie hätte er den lauten Chor, der in mir sang, überhören sollen.
    Eines Abends erschien Marie nicht zu unserem verabredeten Treffen. Sie hatte mich noch nie versetzt, kam immer pünktlich. Ich war krank vor Sorge und lief in der kleinen Gasse auf und ab, die auf der Grenze der Territorien von Curtis und ihrem Meister lag.
    Kurz nach Mitternacht erschien eine gekrümmte Figur unter dem Torbogen. Es war Marie. Ihr Meister hatte von uns erfahren. Seine Eifersucht hatte sich Bahn gebrochen. Er hatte sie halb tot geschlagen und gegen ihren Willen ins Bett gezwungen.
    Unser Entschluss fiel binnen Sekunden. Wir wollten davonlaufen, so verzweifelt und dumm waren wir.
    Eine Kutsche brachte uns fort aus Paris. Der Kutscher trieb die Pferde bis zur völligen Erschöpfung. Schließlich erreichten wir ein kleines Dorf. Die

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