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Septemberblut

Titel: Septemberblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebekka Pax
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Frederiks Tod in seine Arme geflohen war. Selten hatte sie sich jemandem so vollständig hingegeben wie dem Vampir, doch aus der Flucht ins Paradies war ein Alptraum geworden.
    Julius Lawhead hat mich benutzt und betrogen, wiederholte sie immer wieder, während sie die aufmodellierten Kalkverzierungen mit Wasser und einem kleinen Spachtel glättete.
    Es konnte doch nicht so schwer sein, von ihm loszukommen! Amber verstand es nicht. Sie hatten sich doch nur zwei Tage gekannt … Manchmal hatte sie sogar das Gefühl, den Vampir spüren zu können.
    War das etwa die Wirkung dieses seltsamen Siegels, von dem sein Meister Curtis Leonhardt gesprochen hatte?
    Immerwieder musste Amber an Julius’ Augen denken, an sein Entsetzen, als Curtis die Bombe platzen ließ. Es war Schmerz in seinem Blick gewesen und Angst. Er hatte Angst vor der Einsamkeit, das wusste sie, obwohl sie nie darüber gesprochen hatten.
    Amber konnte sich einfach nicht mit dem Gedanken abfinden, dass Julius alles, was er getan und gesagt hatte, nur als Marionette seines Meisters gemacht hatte. Da war mehr gewesen.
    Seine Gefühle für sie waren echt, oder nicht?
    Amber stellte die restliche Kalkmasse zurück in den Kühlschrank und wusch sich die Hände.
    Irgendwann würde sie Julius vergessen können, vielleicht noch nicht bald, denn noch sehnte sie sich mit jeder Faser ihres Körpers nach ihm, aber in einigen Wochen oder Monaten.
    Noch hielt sie abends nach ihm Ausschau und hoffte, ihn in einer überfüllten Bar, einem Bus oder einfach am Straßenrand stehen zu sehen, und war doch froh, wenn er nicht da war.
    Denn sie war sich nicht sicher, was sie getan hätte, wenn sie ihm begegnet wäre.
    Die Tür wurde geöffnet, und Amber fuhr erschrocken herum.
    Es war ihr Chef, ein bärtiger Mann Anfang sechzig, dessen gemütliche Figur sich unter einem Kittel verbarg, wie ihn auch Amber trug. Sein wirres Haar war von einem dichten Film aus Kalkstaub bedeckt, ebenso die Gläser seiner Brille, die er jetzt abnahm und an seinem Ärmel sauberwischte.
    »Es ist nach sechs, Amber. Willst du nicht auch langsam nach Hause gehen? Die anderen sind schon weg.«
    »Ja, sicher«, antwortete sie und rang sich ein falsches Lächeln ab. »Ich bin gleich so weit.«
    Ambersah ein letztes Mal prüfend auf den Rahmen, dann hängte sie ihren Kittel an einen Haken. Ein weiterer Abend zu Hause erwartete sie. Schmerzhaftes Schweigen oder genauso schmerzhafte Gespräche mit ihrer Mutter.
    Kapitel18
    Als ich am Abend den Santa Monica Boulevard erreichte, fuhr mein Bus, der 704, gerade an mir vorbei. Ich sprintete los und holte ihn noch vor der Bushaltestelle ein.
    Ich stieg ein, nickte dem dicken schwarzen Busfahrer zu und steckte einen Dollar und 25 Cent in die Maschine. Einfache Fahrt. Den Rückweg würde ich laufen, dann hätte ich mehr Zeit.
    Der Bus setzte sich ächzend und stöhnend in Bewegung.
    Es war noch immer Hauptverkehrszeit und der Bus brechend voll. Die marode Klimaanlage gab ihr Bestes, kam gegen die schwitzenden Leiber aber nicht an.
    Ich versuchte das Elend mit Ruhe zu ertragen, aber jede Kurve, jedes Bremsen ließ die Menschen schwanken. Immer wieder klebte ich an verschwitzten Armen fest. Manche Vampire mochten in so einer Situation an einen reich gedeckten Tisch denken, ich ekelte mich.
    Je näher wir Beverly Hills kamen, desto freier konnte ich atmen. Der Bus leerte sich, und ich konnte endlich den Arm, den ich schützend über mein Schwert gehalten hatte, zur Seite nehmen.
    Es war eine besondere Klinge, die sich unter meiner leichten Jacke versteckte: fünfzig Zentimeter feinster Stahl verborgen in einem um einige Zentimeter längeren Ebenholzgriff. Eswar eine Spezialanfertigung und mein Markenzeichen als Jäger. Auf den ersten Blick sah es wohl nicht anders aus als ein elegant geschwungener Holzstock. Der kleine Hebel, der die Mechanik auslöste, war gut versteckt. Etwas Druck in die richtige Richtung, und die Klinge und zwei kurze Parierstangen sprangen hervor.
    Heute Nacht sollte das Schwert wieder im Blut eines Vampirs baden, und die Silberlegierung würde dafür sorgen, dass dessen Begegnung mit der Waffe endgültig war.
    Silber war ein Symbol des Mondes, des Gestirns der Tageszeit, in der wir zu leben gezwungen waren. Die Nacht beherrschte unser Dasein, das Silber unsere Kraft.
    »La Cienega«, krakeelte es aus den Lautsprechern.
    Draußen flatterten Regenbogenfahnen. Halbnackte Transvestiten demonstrierten für die Homosexuellenehe.
    Der Bus hielt, spie

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