Septemberblut
mehr an mich erinnern.
Weiter, nur weiter.
Blutdurst schrie wie ein wildes Tier nach dem Tod des anderen. Hunger tobte mit Klauen und Zähnen durch meinen Unterleib.
Vampirblut,heute Nacht würde ich Vampirblut trinken! Sein letzter Herzschlag war mein!
Da, ich hörte Schritte. Jemand rannte um sein Leben. War ich schon so nah oder hallten sie in meinen Gedanken? Die Sinneseindrücke des anderen Vampirs überlappten meine, mal war ich in seiner, mal in meiner Welt.
Dann passten die Bilder plötzlich zusammen.
Der junge Vampir sah das gleiche Gebäude wie ich: eine alte Autowäscherei.
Ich setzte über ein parkendes Fahrzeug und trieb ihn weiter darauf zu.
Meine Energie schoss aus mir heraus und schnitt ihm den Weg ab. Ich lenkte ihn wie zwischen unsichtbaren Wänden, bis ihm nur noch die Zufahrt der Wäscherei als Fluchtweg blieb.
Und da war er! Endlich konnte ich ihn mit eigenen Augen sehen. Ein dunkler Schatten, nicht mehr, dafür war der Vampir noch zu weit weg. Er zerschlug das Tor und verschwand im Gebäude.
Kapitel19
Ich sah mich um.
Die Straße war verlassen. In der Nähe standen nur andere Industriegebäude. Manche leer, andere geschlossen hinter rostigen Eisengittern. Keine Wohnhäuser. Keine Bars. Keine Menschen, nur Dutzende Vögel, Stare, die aufgereiht auf einer Stromleitung saßen und verstummten, sobald sie mich bemerkten.
Meine Beute und ich waren allein. Für das, was geschehenwürde, ja musste, konnte ich keine Zeugen gebrauchen.
Ich sah mich ein letztes Mal um, dann stieg ich aufs Äußerste gespannt durch das zerbeulte Blechtor. Das Licht einer Straßenlaterne fiel durch die schmutzigen Fenster und tauchte das Innere der großen Halle in diffuses Grau.
Da stand er, schwankend wie ein in die Enge getriebener Bär.
Der Vampir hatte nichts Menschliches mehr an sich. Seine zerrissene Kleidung war verkrustet von altem Blut, der Mund mit den spitzen Zähnen schnappte nach Luft. Niemand hatte ihm gesagt, dass er nicht atmen musste.
Dieser junge Vampir hatte nie einen Mentor gehabt, nicht einmal für die ersten Wochen. Es war nicht seine Schuld, dass er zum Monster geworden war, doch das scherte den Jäger in mir nicht. Frisches Rot troff vom Kinn meines Gegenübers und seine Augen glühten.
Er steckte in einer Sackgasse. Der Weg zu dem einzigen Ausgang führte an mir vorbei, und ich war der sichere Tod, das wusste er. Ich hatte Verurteilte erlebt, die bei meinem Anblick weinten oder um Gnade flehten, dieser hatte beschlossen zu kämpfen. Das sollte interessant werden.
Mein Gegner fauchte und bleckte seine blutverschmierten Zähne.
Halblange Haare hingen ihm ins Gesicht und verstärkten den Eindruck, dass er schon eine Weile auf der Straße verbracht hatte. Wie viele Menschen mochte er getötet haben, bevor die ersten Opfer gefunden worden waren? In den Tagen oder Wochen seit seiner Erweckung konnte viel geschehen sein.
Seine hellgrünen Augen tasteten hektisch den Boden ab, die Hände öffneten und schlossen sich. Er war unschlüssig.
Plötzlich bückte er sich in einer Geschwindigkeit, die ich ihmnicht zugetraut hätte, dann teilte eine Stahlstange die Luft.
Ich wich mühelos aus, und das Eisen zischte an mir vorbei. Ich hätte mit meinem Schwert parieren können, doch dafür war mir die Waffe zu schade.
Der Vampir umklammerte das Metall und knurrte.
»Wolltest du etwas sagen?«, fragte ich lachend.
Die Antwort war so tierhaft wie die erste. Ich versuchte Worte zu erkennen, doch der Vampir hatte die Fähigkeit zur Sprache längst verloren. Ohne einen Meister, ohne jemanden, der ihn durch die erste Zeit führte, hatte er alles Menschliche vergessen.
Wir umkreisten einander, lauerten, warteten darauf, dass der andere einen Fehler beging. Meine Sinne waren gespannt, alles erregte jetzt meine Aufmerksamkeit. Irgendwo schaukelte eine Metallkette im Wind, ein alter Playboy-Kalender hing schief an der Wand, und draußen hatten die Stare wieder zu singen begonnen.
Auf einmal sprang der Vampir auf mich zu.
Ich duckte mich unter dem Schlag, der meinen Kopf zertrümmern sollte, und rammte ihm meinen Ellenbogen in die Rippen. Knochen splitterten, gefolgt von einem dumpfen Schrei. Die erste Runde ging an mich.
Mein Gegner keuchte. Seine Hände krampften sich um die Waffe, bis die Knöchel weiß hervortraten. Für einen Augenblick fiel seine Deckung. Ich schoss vor und hämmerte meine Fäuste erst in sein Gesicht und dann in seinen Unterleib.
Er sackte zusammen und würgte. Ein Schwall
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