Septembermann: Lovestory (German Edition)
Volksstaat, die Reichen werden immer reicher und die Armen immer ärmer. Warum muss der kleine Mann für die Fehler der Machthaber in Politik und Wirtschaft fortwährend den Kopf beziehungsweise das Portemonnaie hinhalten, anstelle der Verantwortlichen?
„Horst, mittlerweile frage ich mich, was aus unserer Heimatstadt wird, die einst mit Maschinenbau- und Gardinenindustrie für Vollbeschäftigung gesorgt hat, wenn immer mehr Jugendliche Vogtlandgrün verlassen. Eine Seniorengemeinde?“
„Inel, uns geht es relativ gut. Das plötzliche Aus nach vierzig Berufsjahren wurden wir mit sechzig zu Frühpensionären, stets in Vollzeitbeschäftigung können wir von unseren Ruhegeldern sorgenfrei leben. Im Gegensatz zu denen, die jetzt fünfzig sind und arbeitslos, diskriminiert zum Nichtstun und ihre kostbaren Erfahrungen, bleiben ungenutzt.“
„Dass wir unser Wochenendhaus winterfest gemacht haben Horst, war eine richtige Entscheidung.“ Ingrids Gedächtnis drückt die Erinnerungstaste.
Vor fünfunddreißig Jahren begannen sie, auf ihrem tausend Quadratmeter ödem Land mit Schweißtropfen in der Vogtlandsonne ihr Wochenendhaus zu bauen und das Grundstück in eine grüne Oase zu verwandeln. Nachdem die Eigentumsverhältnisse nach der Wende geklärt waren, unterkellerten sie ihren Flachbungalow, kündigten ihre Neubauwohnung und zogen in ihr Paradies.
„Unsere Hütte, Stein auf Stein selbst gesetzt, sollen wir aufgeben, um zum Anfangsthema zurüc kzukommen?“
„Niemals! Hier sind unsere Wurzeln , unsere Heimat. Ich denke eher über einen häufigeren Ortswechsel nach, solange wir dazu in der Lage sind, um mehr in der Nähe unserer Kinder und bald Enkel zu sein.“
„Keiner weiß, wie viel Zeit uns noch bleibt, Inel. Wi r sollten mit den Mädchen reden uns aber nicht in ihr Leben drängen. Dass Sascha über Nacht verschwunden ist, beschäftigt mich. Ich habe ein ungutes Gefühl in der Magengegend.“
„Horst, ich fühle, dass wir ihm bald begegnen werden.“ Aus einem zwingenden Grund, ergänzt sie gedanklich.
„Seine Rückkehr würde eine mittlere Katastrophe auslösen!“
Wenn sie in sich hineinhorcht, sagt ihr ihre innere Sti mme, ihr Verdacht wird sich möglicherweise bestätigen. Es gibt Fesseln, die sind unlösbar, selbst wenn man sie sprengen möchte.
„Seh nicht so schwarz“, besänftigt sie ihren Mann und streichelt ihm liebevoll über das G esicht.
*
„ Schau mal, Sascha, ist die neu in unserer Company? Eine Sahneschnitte.“ Jeff stößt ihn in die Seite.
„Die Lady ist nicht von schlechten Eltern“, hört Debbie sein Statement.
„Danke für das Kompliment“, erwidert sie.
Mister German reißt seine schokoladenbraunen Augen fragend zu ihr auf schiebt den reservie rten Stuhl zurecht.
„Du guckst wie vor unserer Bikertour nach Tu cson. Ich bin’s tatsächlich.“
Sascha flirtet beim Tanzen und Debbie schwebt auf einer rosaroten Wolke. Der Soun dtrack ist bombastisch. eine Hommage an die Countrysänger, von Jonny Cash, John Denver bis zu legendären Filmmusiken. Der Auftritt der Squaredance-Tanzgruppe wird von den Zuschauern beklatscht und Debbie als Organisatorin freut sich mit ihnen.
Total happy rollt sich das Arizonagirl in der späten Nacht in das Gästebett, allein mit ihren Träumen von der Oldie-Night-Session morgen. Dass sie an diesem Frühlingstag in Phönix anders aufwachen könnte, daran verschwendet sie in ihrem Glückstaumel keinen Gedanken. Warum auch, bisher ist alles ihren Vorstellungen entsprechend gelaufen.
T rotz durchtanzter Nacht steht Debbie relativ früh mit ungebrochenem Tatendrang auf und vormittags besucht sie Sascha auf dem Festgelände.
„Sorry, I don’t have much time. Essen wir zusammen?“, fragt sie hastig und drückt zaghaft ein Bussi auf seine Wange. Zu ihrer guten Laune passt ihre peppige Kleidung. Sie steckt in einem geranienroten Pulli, Stretchjeans mit roten Blüten auf weißem Untergrund und karminroten Turnschuhen.
„Du schaust fesch aus , die Powerfarbe Rot steht dir exzellent“, meint er und berührt sie flüchtig am Unterarm. Oi! Sie ballt eine Faust in der Hosentasche.
„Meine dunklen glatten Haare und das Outfit halten deinen kritischen Augen stand?“, gibt sie im schnipp ischen Ton zurück. Ihr Handy klingelt.
„Ich muss auf die Showbühne. See you later.“
Sie saust davon und spürt die Blicke von ihrem Lieblingsnachbarn im Rücken, bis sie zwischen den urigen Blockhäusern, die wie eine Perlenkette
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