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Septimus Heap 01 - Magyk

Septimus Heap 01 - Magyk

Titel: Septimus Heap 01 - Magyk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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getragen oder tragen wollen, seit er mit der großen Zauberer-Inquisition vor vielen hundert Jahren in Verbindung gebracht wurde.
    Über dem Thron war ein dunkelroter Baldachin gespannt, auf dem drei Sterne prangten. Jetzt im Regen hing er stark nach unten durch, und in regelmäßigen Abständen fiel ein Tropfen herab und landete spritzend in der Pfütze, die sich in der Einbuchtung oben auf dem Zylinder gebildet hatte.
    Junge 412 hielt Jenna an der Hand fest. Er erinnerte sich an ein mottenzerfressenes Büchlein von Marcia mit dem Titel Die hypnotische Anziehungskraft der dunklen Kräfte , das er an einem verschneiten Nachmittag gelesen hatte, und er spürte, wie Jenna in den Bann dieser Kräfte geriet. Er zog sie von dem Schläfer fort, hin zu einer offenen Luke.
    »Marcia ist hier«, raunte er ihr zu. »Ich spüre ihre Gegenwart.«
    An der Luke angekommen, vernahmen sie Schritte. Jemand lief über das Unterdeck und kam dann rasch die Leiter heraufgeklettert. Sie versteckten sich hinter einem Fass. Im nächsten Moment erschien ein Seemann mit einer langen unangezündeten Fackel in der Hand. Der Mann war klein und drahtig und schwarz gekleidet wie die Gardewächter, doch im Unterschied zu den Wächtern hatte er keinen kahl geschorenen Schädel, sondern einen langen dunklen Zopf, der auf seinem Rücken baumelte. Zu einer ausgebeulten Hose, die knapp über die Knie reichte, trug er eine Jacke mit breiten schwarz-weißen Streifen. Der Matrose zückte eine Zunderbüchse, schlug einen Funken und entzündete die Fackel. Sie fing sofort Feuer, und eine orangefarbene Flamme erhellte das Grau des verregneten Nachmittags und warf tanzende Schatten übers Deck. Er trug die Fackel vor zum Bug und steckte sie in einen Fackelhalter. DomDaniel öffnete die Augen. Sein Nickerchen war vorüber.
    Der Matrose verharrte nervös neben dem Thron und wartete auf Befehle des Schwarzkünstlers.
    »Sind sie zurück?«, fragte eine tiefe, dumpfe Stimme, bei deren Klang sich Junge 412 die Nackenhaare sträubten.
    Der Matrose mied den Blick des Schwarzkünstlers und verbeugte sich. »Der Junge ist zurückgekehrt, Exzellenz. Mit Ihrem Diener.«
    »Ist das alles?«
    »Jawohl, Exzellenz. Aber ...«
    »Was aber?«
    »Der Junge sagt, er hätte die Prinzessin gefangen, Exzellenz.«
    »Das Königsbalg! Sehr schön. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Bring sie zu mir. Auf der Stelle!«
    »Zu Befehl, Exzellenz.« Der Matrose machte eine tiefe Verbeugung.
    »Und hol die Gefangene herauf. Es wird sie interessieren, ihren ehemaligen Schützling zu sehen.«
    »Ihren was, Exzellenz?«
    »Das Königsbalg, du Wicht. Hol sie alle rauf. Sofort!«
    Der Seemann verschwand in der Luke, und wenig später spürten Jenna und Junge 412, dass sich unter Deck etwas regte. Im Bauch des Schiffes brach Geschäftigkeit aus. Seeleute purzelten aus Hängematten, legten Schnitzarbeiten, Knoten oder noch unfertige Schiffe in Flaschen weg und liefen, wie von DomDaniel befohlen, durchs Unterdeck.
    DomDaniel erhob sich von seinem Thron, noch etwas steif von der Kälte, und blinzelte, als sich ein Rinnsal Regenwasser vom Deckel des Zylinders in sein Auge ergoss. Zornig weckte er den schlafenden Magog mit einem Fußtritt. Die Kreatur quoll unter dem Thron hervor und kroch zu DomDaniel, der mit verschränkten Armen und erwartungsvoller Miene wartete.
    Bald ertönten von unten schwere Tritte, und gleich darauf erschienen ein Dutzend Matrosen und nahmen als Leibwache rings um DomDaniel Aufstellung. Dann folgte die zaudernde Gestalt des Lehrlings. Er war blass, und Jenna sah, dass seine Hände zitterten. DomDaniel würdigte ihn keines Blickes. Seine Augen waren noch auf die offene Luke gerichtet und warteten darauf, dass die gefangene Prinzessin auftauchte.
    Doch es kam niemand.
    Die Zeit schien stehen zu bleiben. Die Matrosen, die nicht wussten, worauf sie eigentlich warteten, traten unruhig von einem Fuß auf den anderen, und der Lehrling bekam ein nervöses Zucken unter dem linken Auge. Von Zeit zu Zeit schielte er zu seinem Meister, sah aber gleich wieder weg, als fürchte er, DomDaniel könnte seinen Blick auffangen. Nach einer halben Ewigkeit fragte DomDaniel: »Nun, wo bleibt sie, Bursche?«
    »W... wer, Exzellenz?«, stotterte der Lehrling, obwohl er genau wusste, wer gemeint war.
    »Das Königsbalg, du Spatzenhirn. Wen sollte ich denn sonst meinen? Deine schwachsinnige Mutter?«
    »N... nein, Exzellenz.«
    Wieder waren unten Schritte zu hören.
    »Ah«, murmelte DomDaniel.

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