Septimus Heap 01 - Magyk
selbst. Doch für ihn war es zu spät. Was er im Leben versäumt hatte, konnte er jetzt nicht mehr nachholen. Er musste das Beste daraus machen.
Zum Glück hatte DomDaniel kurz nach Beginn seiner Lehre wenigstens darauf bestanden, ihn auf einen langen und sehr unangenehmen Rundgang durch die dunkelsten Verliese mitzunehmen. Zu der Zeit hätte sich Alther nie träumen lassen, dass er eines Tages darüber froh sein würde. Aber hätte er damals doch nur die Einladung zu dem Fest auf der Vergeltung anlässlich ihres Stapellaufs angenommen ... Er war einer von mehreren jungen Lehrlingsanwärtern, die zu dem Fest auf DomDaniels neuem Spielzeug eingeladen worden waren. Doch er schlug die Einladung aus, weil Alice Nettles am selben Tag Geburtstag hatte. Frauen durften das Schiff nicht betreten. Und Alther wollte Alice an ihrem Geburtstag auf keinen Fall allein lassen. Bei dem Fest schlugen die Lehrlingsanwärter über die Stränge und richteten an Bord so großen Schaden an, dass sie beim Außergewöhnlichen Zauberer nicht einmal mehr eine Stelle als Putzhilfe bekommen hätten. Wenig später wurde Alther sein Lehrling, und danach ergab sich nie wieder eine Gelegenheit, das Schiff zu besichtigen. DomDaniel ließ es nach dem verhängnisvollen Fest zur Reparatur in die Miesbucht bringen. Die Miesbucht war ein schauriger Ankerplatz voller abgetakelter und verrottender Schiffe. Doch dem Schwarzkünstler gefiel die Bucht so gut, dass er sein Schiff dort ließ und jedes Jahr in den Sommerferien hinfuhr.
Sie saßen niedergeschlagen am nassen Strand, aßen die letzten aufgeweichten Brote mit Ziegenkäse und Sardinen und tranken die Flasche Rote-Beete- und Karottensaft vollends leer.
»Manchmal«, sagte Alther nachdenklich, »bedauere ich es sehr, dass ich nicht mehr essen kann ...«
»Aber jetzt nicht?«, beendete Jenna den Satz für ihn.
»Exakt, Prinzessin.«
Jenna zog Petroc Trelawney aus der Tasche und hielt ihm einen klebrigen Klumpen zerquetschte Sardine mit Ziegenkäse hin. Petroc öffnete die Augen und begutachtete das Angebot. Das Steintier war verdutzt. Normalerweise bekam es so etwas nur von Junge 412. Jenna gab ihm sonst immer Kekse. Er aß es trotzdem, bis auf ein Stück Käse, das an seinem Kopf kleben blieb und später in Jennas Tasche wanderte.
Als das letzte matschige Brot gegessen war, sagte Alther ernst: »Kommen wir zur Sache.«
Drei besorgte Gesichter sahen ihn an.
»Hört mir alle zu. Ihr müsst unverzüglich zur Hüterhütte zurück. Und ihr müsst Tante Zelda sagen, dass sie euch alle gleich morgen früh nach Port bringen soll. Alice – sie ist dort jetzt die Oberzollinspektorin – wird euch ein Schiff besorgen. Ihr fahrt in die Fernlande, und ich versuche inzwischen hier, die Dinge zu regeln.«
»Aber ...«, brach es aus Jenna, Nicko und Junge 412 hervor.
Alther schnitt ihnen das Wort ab.
»Wir treffen uns morgen früh im Blauen Anker , das ist eine Schänke im Hafen. Ihr müsst unbedingt kommen. Eure Eltern kommen auch, mit Simon. Sie fahren mit meinem alten Boot, der Molly, bereits den Fluss hinunter. Leider wollten Sam, Erik und Edd und Jo-Jo den Wald nicht verlassen – sie sind ziemlich verwildert, aber Morwenna wird ein wachsames Auge auf sie haben.«
Eine bedrückte Stille folgte. Keinem gefiel, was Alther gesagt hatte.
»Wir sollen weglaufen?«, sagte Jenna ruhig. »Wir wollen bleiben. Und kämpfen.«
»Ich wusste, dass du das sagen würdest«, seufzte Alther. »Dasselbe hätte auch deine Mutter gesagt. Aber ihr müsst jetzt gehen.«
Nicko stand auf.
»In Ordnung«, sagte er widerwillig. »Wir sehen uns morgen in Port.«
»Fein«, sagte Alther. »Gute Fahrt. Wir sehen uns morgen in Port.« Er schwebte in die Höhe und sah zu, wie die drei mit hängenden Köpfen zur Muriel zwei schlichen. Er wartete noch so lange, bis sie ein gutes Stück den Deppen Ditch hinaufgepaddelt waren, dann jagte er im Tiefflug zur Molly zurück. Bald war er nur noch ein kleiner Punkt in der Ferne.
Im selben Augenblick wendete die Muriel zwei und fuhr zurück zur Vergeltung.
* 41 *
41. Die Vergeltung
A u f der Muriel zwei wurde hitzig diskutiert.
»Ich habe keinen blassen Schimmer. Vielleicht ist Marcia ja überhaupt nicht auf der Vergeltung.«
»Ich gehe jede Wette ein, dass sie an Bord ist.«
»Wir müssen sie finden. Ich könnte sie ganz bestimmt retten.«
»Na hör mal, nur weil du in der Armee warst, kannst du noch lange nicht ein Schiff stürmen und Menschen retten.«
»Aber versuchen
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