Septimus Heap 01 - Magyk
fragte sich, womit er das verdient hatte. Er musste etwas sehr Ungezogenes getan haben. Aber was nur? Und warum hatte er es nicht noch mehr ausgekostet?
In einem Wirbel aus Fell und Sabber fiel Maxie durch die Falltür, landete auf Junge 412 und schlug ihm die Laterne aus der Hand. Die Laterne erlosch und kullerte den steilen Gang hinunter.
»Sieh nur, was du angerichtet hast«, fuhr Junge 412 den Hund an. Nicko hüpfte hinter ihnen von der Leiter. »Was?«, fragte er. »Was habe ich angerichtet?«
»Nicht du. Er. Die Laterne ist weg.«
»Die finden wir wieder. Keine Sorge. Jetzt sind wir in Sicherheit.« Nicko stellte Maxie auf die Füße, doch die Krallen des Wolfshunds fanden auf dem sandigen Felsboden keinen Halt. Er kam ins Rutschen und zog Nicko mit. Die beiden schlitterten den abschüssigen Gang hinunter, purzelten übereinander und blieben erst am Fuß einer kleinen Treppe liegen.
»Autsch!«, rief Nicko. »Ich glaube, ich habe die Laterne gefunden.«
»Fein!«, knurrte Junge 412. Er hob die Laterne auf, die sofort wieder zum Leben erwachte und die glatten Marmorwände des Tunnels beleuchtete.
»Da sind wieder diese Bilder«, sagte Jenna. »Sind sie nicht unglaublich?«
»Wie kommt es, dass jeder schon hier unten war, bloß ich nicht?«, beschwerte sich Nicko. »Kein Mensch hat mich gefragt, ob ich mir die Bilder auch gerne mal ansehen würde. He, auf dem da ist ja ein Boot, seht mal.«
»Wissen wir«, erwiderte Junge 412 kurz angebunden. Er stellte die Laterne ab und setzte sich auf den Boden. Er war müde und wünschte sich, Nicko würde den Mund halten. Doch Nicko war ganz aufgeregt über den Tunnel.
»Es ist fantastisch hier unten«, sagte er und bestaunte die Hieroglyphen, die die Wände von oben bis unten bedeckten, so weit man im Schein der Laterne sehen konnte.
»Ich weiß«, erwiderte Jenna. »Sieh mal, das hier gefällt mir besonders. Der Kreis mit dem Drachen drin.« Sie fuhr mit der Hand über das kleine blaue und goldene Bild an der Marmorwand. Plötzlich spürte sie, wie der Boden wackelte. Junge 412 schnellte in die Höhe.
»Was ist das denn?«, rief er und schluckte.
Ein anhaltendes dumpfes Rumpeln ließ ihre Füße erzittern und hallte durch den Gang.
»Sie bewegt sich!«, stieß Jenna hervor. »Die Tunnelwand bewegt sich!«
Die Wand teilte sich. Sie glitt schwerfällig zur Seite, und vor ihnen tat sich ein breiter Spalt auf. Junge 412 hielt die Laterne hoch. Sie erstrahlte in einem grellen weißen Licht und enthüllte ihren staunenden Blicken einen großen römischen Tempel. Unter ihren Füßen war ein Mosaikfußboden mit verschlungenen Mustern, und vor ihnen ragten mächtige runde Marmorsäulen in die Dunkelheit. Aber das war noch nicht alles.
»Oh.«
»Wow.«
»Puhl« Nicko pfiff. Maxie setzte sich und hechelte respektvoll Hundeatemwolken in die kalte Luft.
Auf dem Mosaikboden mitten im Tempel stand das schönste Boot, das sie alle jemals gesehen hatten.
Das goldene Drachenboot des Hotep-Ra.
Vom Bug ragte der riesige grüne und goldene Kopf eines Drachen empor, dessen Hals sich anmutig bog wie der eines Schwans. Der Körper des Drachen war ein breites offenes Boot mit einem glatten Rumpf aus goldenem Holz. Außen am Rumpf lagen sauber zusammengefaltet die Flügel des Drachens. Die grünen Falten begannen in allen Regenbogenfarben zu schillern, als die unzähligen grünen Schuppen das Licht der Laterne einfingen. Und der grüne Schwanz am Heck des Drachenboots krümmte sich weit in den Tempel hinein, sodass seine mit Stacheln versehene goldene Spitze fast im Dunkeln verschwand.
»Wie kommt das denn hierher?«, flüsterte Nicko.
»Schiffbruch«, antwortete Junge 412.
Jenna und Nicko sahen ihn überrascht an. »Woher weißt du das?«, fragten sie beide.
»Habe ich in Hundert merkwürdige und kuriose Geschichten für gelangweilte Jungen gelesen. Tante Zelda hat es mir geliehen. Aber ich habe es für eine Legende gehalten. Ich hätte nie gedacht, dass es das Drachenboot wirklich gibt. Geschweige denn, dass es hier ist.«
»Und was hat es damit auf sich?«, fragte Jenna, die hingerissen war von dem Boot und das komische Gefühl hatte, es irgendwo schon einmal gesehen zu haben.
»Es ist das Drachenboot des Hotep-Ra. Der Legende nach war er der Zauberer, der den Zaubererturm erbaut hat.«
»Ach ja«, sagte Jenna. »Marcia hat mir davon erzählt.«
»Na, dann weißt du ja Bescheid. Wie es weiter heißt, soll Hotep-Ra ein mächtiger Zauberer in einem fernen Land gewesen
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