Septimus Heap 01 - Magyk
sie. »Kinder auf das Schiff dieses Schwarzkünstlers zu schicken! Was hat er sich nur dabei gedacht?«
»Er hat uns nicht geschickt, ehrlich«, sagte Junge 412. »Er hat uns sogar davor gewarnt, aber wir mussten versuchen, Marcia zu retten. Leider ist es uns nicht gelungen ...«
»Marcia gefangen«, sagte Tante Zelda leise. »Was für ein Unglück.« Sie stocherte mit einem Schürhaken im Feuer, und Flammen loderten empor.
Ein lauter, lang anhaltender Donner grollte über der Hütte und erschütterte sie in ihren Grundfesten. Ein kräftiger Windstoß drückte zu den Fenstern herein und blies die Sturmkerzen aus, sodass nur noch das flackernde Kaminfeuer den Raum erhellte. Im nächsten Augenblick prasselten Hagelkörner gegen die Scheiben und durch den Schornstein in den Kamin. Das Feuer erlosch mit einem zornigen Zischen.
In der Hütte wurde es dunkel.
»Die Laternen!«, rief Tante Zelda, sprang auf und tastete sich zum Laternenschrank.
Maxie winselte, und Berta steckte den Kopf unter ihren unversehrten Flügel.
»Verflixt, wo habe ich denn nur den Schlüssel?«, murmelte Tante Zelda und wühlte in ihren Taschen, fand ihn aber nicht. »Verflixt und zugenäht.«
Es knallte.
Ein Blitzstrahl zuckte vor dem Fenster, beleuchtete die Umgebung und fuhr dicht neben der Hütte ins Wasser.
»Das war knapp«, sagte Tante Zelda grimmig.
Maxie kroch jaulend unter den Teppich.
Nicko spähte aus dem Fenster. Im grellen Schein des Blitzes hatte er etwas gesehen, was er eigentlich nie wieder sehen wollte.
»Er kommt«, sagte er ruhig. »Ich habe das Schiff gesehen. In der Ferne. Es segelt über die Marschen. Er kommt hierher.«
Alle drängten ans Fenster. Zunächst sahen sie nur das Dunkel des aufziehenden Unwetters, doch während sie noch in die Nacht hinausstarrten, huschte ein zuckender Blitz über den Himmel und enthüllte ihnen, was Nicko zuvor gesehen hatte.
Eine Silhouette vor dem erhellten Himmel. Noch weit entfernt, die Segel jedoch gebläht im heulenden Wind, schnitt das schwarze Schiff durch die Wellen und hielt auf die Hütte zu.
Die Vergeltung nahte.
* 43 *
43. Das Drachenboot
T a nte Zelda wurde von panischem Schrecken ergriffen.
»Wo ist nur der Schlüssel? Ich kann den Schlüssel nicht finden. Ah, da ist er ja.«
Mit zitternden Händen zog sie den Schlüssel aus einer ihrer Flickentaschen und schloss die Tür zum Laternenschrank auf. Sie nahm eine Laterne heraus und gab sie Junge 412.
»Du weißt doch, wohin ihr gehen müsst?«, fragte sie ihn. »Du kennst die Falltür im Tränkeschrank?«
Junge 412 nickte.
»Geht runter in den Gang. Dort seid ihr sicher. Dort findet euch niemand. Ich werde die Falltür verschwinden lassen.«
»Kommst du denn nicht mit?«, fragte Jenna.
»Nein«, antwortete Tante Zelda ruhig. »Boggart geht es sehr schlecht. Ich fürchte, er würde einen Transport nicht überleben. Aber macht euch um mich keine Sorgen. Von mir will er nichts. Ach, und Jenna, hier ist noch etwas für dich. Du kannst ihn genauso gut nehmen.« Aus einer anderen Tasche zog sie den zusammengerollten Panzerkäfer und gab ihn ihr. Jenna steckte ihn in die Jackentasche.
»Und jetzt geht!«
Junge 412 zögerte. Der nächste Blitz durchzuckte die Luft.
»Geht!«, kreischte Tante Zelda und ruderte mit dem Armen wie eine übergeschnappte Windmühle. »Geht!«
Junge 412 klappte die Falltür im Tränkeschrank auf und hielt die Laterne hoch. Seine Hand zitterte leicht, als Jenna die Leiter hinabkletterte. Nicko war zurückgeblieben und suchte Maxie. Er wusste, dass der Wolfshund große Angst vor Gewittern hatte, deshalb wollte er ihn mitnehmen.
»Maxie«, rief er laut. »Maxie, alter Junge!« Ein leises Winseln kam unter dem Teppich hervor.
Junge 412 war schon halb die Leiter hinunter. »Nun komm schon, Nicko«, rief er.
Nicko war in einen Ringkampf mit Maxie verwickelt. Der störrische Wolfshund wollte einfach nicht den Platz verlassen, den er für den sichersten auf der ganzen Welt hielt. Den Platz unter dem Kaminteppich.
»Beeil dich«, rief Junge 412 ungeduldig und streckte wieder den Kopf aus der Falltür. Er konnte nicht verstehen, was Nicko an diesem muffelnden Fellhaufen fand.
Nicko bekam das getüpfelte Tuch zu fassen, das der Hund um den Hals trug, zog ihn unter dem Teppich hervor und schleifte ihn über den Boden. Maxies Krallen kratzten mit einem grässlichen Geräusch über die Steinplatten, und als Nicko ihn in den dunklen Tränkeschrank schob, winselte er Mitleid erregend. Maxie
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