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Septimus Heap 01 - Magyk

Septimus Heap 01 - Magyk

Titel: Septimus Heap 01 - Magyk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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zu.
    Junge 412 erwachte panisch, denn er glaubte, er sei noch bei der Jungarmee, müsse sofort aus dem Bett springen und in exakt dreißig Sekunden zum Frühappell antreten. Verständnislos glotzte er Tante Zelda an. Sie sah ganz anders aus als sein üblicher morgendlicher Peiniger, jener kahl geschorene Oberkadett, der sich einen Spaß daraus machte, jedem, der nicht augenblicklich aus dem Bett hüpfte, einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf zu schütten. Beim letzten Mal, als ihm das passiert war, hatte er hinterher tagelang in einem feuchten Bett schlafen müssen. Jetzt sprang er erschrocken auf, beruhigte sich aber etwas, als er sah, dass Tante Zelda keinen Eimer mit kaltem Wasser in der Hand hielt, sondern ein Tablett mit mehreren Bechern heißer Milch und einem Berg Buttertoasts.
    »Aber, aber, junger Mann«, sagte Tante Zelda. »Kein Grund zur Eile. Kuschel dich ruhig wieder hin und trink das, solange es noch heiß ist.« Sie reichte ihm einen Becher Milch und dazu die größte Scheibe Toast, denn sie fand, dass ihm etwas Speck auf den Rippen nicht schaden konnte.
    Junge 412 setzte sich wieder hin, wickelte sich in die Decke, nippte irgendwie misstrauisch an seiner heißen Milch und kostete seinen Toast. Zwischen den Schlücken und Bissen blickte er mit weit aufgerissenen Augen ängstlich in die Runde.
    Tante Zelda setzte sich in einen alten Sessel am Kamin und warf ein paar Scheite in die Glut. Bald brannte das Feuer lichterloh, und sie wärmte sich an den Flammen zufrieden die Hände. Junge 412 schielte jedes Mal zu ihr hinüber, wenn er sich unbeobachtet wähnte. Aber natürlich bemerkte sie es. Sie kümmerte sich gern um verängstigte und verletzte Geschöpfe, und für sie bestand nicht der geringste Unterschied zwischen Junge 412 und den verschiedenen Tieren der Marschen, die sie regelmäßig wieder gesund pflegte. Ja, er erinnerte sie sogar an ein kleines, völlig verstörtes Kaninchen, das sie unlängst aus den Klauen eines Marschluchses gerettet hatte. Der Luchs hatte stundenlang mit dem Löffelzwerg gespielt, ihn in die Ohren gezwickt, durch die Luft geworfen und sich an seinem lähmenden Entsetzen geweidet, aber noch lange nicht daran gedacht, ihm das Genick zu brechen. Als er das verängstigte Tier in seiner Begeisterung etwas zu weit schleuderte, nämlich direkt vor Tante Zeldas Füße, packte sie es kurzerhand, stopfte es in die Tasche, die sie immer dabeihatte, und eilte schnurstracks nach Hause. Der Luchs durchkämmte noch stundenlang die Umgebung und suchte vergeblich nach seiner Beute.
    Das Kaninchen hatte tagelang am Kamin gehockt und sie genauso angesehen, wie Junge 412 es jetzt tat. Aber, so dachte Tante Zelda bei sich, während sie das Feuer schürte und es vermied, den Jungen lange anzusehen, um ihm keine Angst zu machen, das Kaninchen hatte sich erholt. Mit Sicherheit würde sich der Junge auch erholen.
    Verstohlen betrachtete der Junge Tante Zeldas graues Kraushaar, ihre rosigen Wangen, ihr beruhigendes Lächeln und ihre freundlich blitzenden blauen Hexenaugen. Er benötigte ziemlich viele solcher Blicke, um ihr weites Flickenkleid in Augenschein zu nehmen, das überhaupt nicht erkennen ließ, was für eine Figur sie hatte, vor allem wenn sie saß. Es war, als hätte Tante Zelda ein großes Flickenzelt betreten und dann den Kopf oben rausgestreckt, um nachzusehen, was draußen los war. Bei dem Gedanken spielte ein Lächeln um den Mund von Junge 412.
    Tante Zelda bemerkte das Lächeln und freute sich. Sie hatte in ihrem Leben noch nie ein so ausgehungertes und verängstigtes Kind gesehen, und es machte sie ganz fuchsig, wenn sie daran dachte, wie der Junge so geworden war. Bei ihren gelegentlichen Besuchen in Port hatte sie von der Jungarmee gehört, doch die Schauergeschichten, die man sich erzählte, hatte sie nie geglaubt. Ausgeschlossen, kein Mensch behandelte Kinder so. Aber jetzt fragte sie sich, ob an den Geschichten nicht doch mehr dran war, als sie hatte wahrhaben wollen.
    Sie lächelte Junge 412 zu, stemmte sich mit einem wohligen Seufzer aus dem Sessel und schlurfte davon, um noch mehr Milch zu holen.
    Unterdessen wachten Nicko und Jenna auf. Junge 412 rutschte ein Stück weiter von ihnen weg. Er hatte nicht vergessen, wie ihm Jenna letzte Nacht den Arm auf den Rücken gedreht hatte. Doch Jenna lächelte nur müde und fragte: »Hast du gut geschlafen?«
    Er nickte und blickte in seinen fast leeren Becher.
    Nicko setzte sich auf, brummte den beiden ein »Morgen« zu,

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