Septimus Heap 02 - Flyte
wenn ich ihn nicht zurückgerissen hätte. Und Jenna hat geschrien wie am Spieß. Es war schrecklich.«
»Nein!«, entfuhr es Sarah. »Das kann ich nicht glauben.«
»Jenna hat nicht geschrien, Dad«, sagte Septimus, damit sich Sarah nicht noch mehr aufregte, als sie es ohnehin schon tat. »Jenna hat nicht geschrien. Sie hat uns nur etwas zugerufen.«
»Was?«, fragte Sarah. »Was hat sie gerufen?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Septimus bedrückt. »Ich konnte es nicht verstehen. Das Pferd hat so viel Lärm gemacht.«
»Vielleicht wollte sie euch sagen, dass sie bald zurück ist«, sagte Sarah. »Vielleicht unternimmt Simon mit ihr nur einen kleinen Ausritt am Fluss entlang.« Sie versuchte, es sich einzureden, doch es wollte ihr nicht gelingen.
Sally, die im Palast wohnte, solange ihre Tee- und Bierstube wieder aufgebaut wurde, legte ihr tröstend die Hand auf den Arm. »Du musst dir keine Sorgen machen, Sarah«, sagte sie. »Er ist einfach ein eigensinniger junger Mann, der seiner Schwester mit seinem schnellen Pferd imponieren will. Das tun sie alle. Er ist bestimmt bald zurück.«
Sarah sah Sally dankbar an, aber tief in ihrem Innern hatte sie ein ungutes Gefühl. Simon hatte sich verändert. Das war nicht mehr ihr Simon. Irgendetwas war mit ihm geschehen. Aber was?
Silas war noch immer aus der Puste. Er und Septimus waren den ganzen Weg vom Nordtor hierher gerannt. Maxie hatten sie unter dem Burgenschachtisch schlafen lassen, und Gringe hatte Lucy in den Turm des Torhauses gezerrt, damit sie nicht durchbrennen und Simon nachlaufen konnte.
Alther Mella schwebte nervös über dem Umtopftisch. Er hatte die letzte Nacht unten im Loch in der Mauer , einer sehr beliebten Geisterschenke, zugebracht und war am Morgen nicht so zeitig wieder gegangen, wie er es eigentlich hätte tun sollen. Jetzt haderte er mit sich. Wäre er zur Stelle gewesen, hätte er Simon vielleicht aufhalten können, wenngleich er nicht recht wusste, wie. Aber er hätte es zumindest versuchen können.
Sarah klemmte sich eine widerspenstige Strähne ihres strohblonden Haars hinters Ohr und hantierte zerstreut mit ein paar Petersiliesetzlingen herum. »Simon würde Jenna niemals gegen ihren Willen mitnehmen«, erklärte sie und stach ihren Holzspatel in die Erde. »Da bin ich mir ganz sicher.«
»Natürlich nicht«, sagte Sally beruhigend.
»Aber genau das hat er getan«, widersprach Septimus. »Jenna wollte nicht mit ihm reiten. Ich habe das Pferd erstarren lassen, aber er wollte sie nicht absteigen lassen. Er wurde richtiggehend wütend.«
»Na ja«, sagte Sarah, »er ist wohl sehr stolz auf sein Pferd. Vielleicht war er über deinen Zauber erbost. Ich bin mir ganz sicher, dass er Jenna bald zurückbringt.«
»Er hat sie entführt , Mum«, rief Septimus, jetzt beinahe zornig. Er konnte nicht begreifen, wieso sie Simon immer wieder in Schutz nahm. Er war einfach noch nicht daran gewöhnt, wie Mütter sich verhalten.
Alther Mella schwebte untröstlich durch einen Haufen ausrangierter Blumentöpfe.
»Es ist meine Schuld«, sagte er. »Ich mache mir Vorwürfe. Wenn ich richtige Wachposten am Palasttor aufgestellt hätte und nicht diese nutzlosen Alten, wäre das niemals passiert.«
»Sie müssen sich keinen Vorwürfe machen«, sagte Sarah und schenkte dem alten Geist ein mattes Lächeln. »Auch Wachposten hätten Simon hineingelassen. Schließlich ist er ein Heap.«
»Hinein schon, aber nicht mehr hinaus!«, bemerkte Septimus spitz. »Nicht wenn Jenna ihnen gesagt hätte, dass sie nicht mit wollte.«
»Septimus, wie redest du denn mit Alther?«, schalt ihn Sarah. »Du solltest vor einem Außergewöhnlichen Zauberer mehr Respekt haben, zumal deine Meisterin bei ihm in die Lehre gegangen ist.«
»Ach, Sarah«, seufzte Alther. »Der Junge hat ja Recht.«
Alther schwebte vom Umtopftisch zu Septimus hinüber. Verglichen mit den Alten im Palast wirkte er fast wie aus Fleisch und Blut. Sein lila Zauberergewand war zwar etwas verblasst, sah aber täuschend echt aus, selbst das Kugelloch und die dunkelbraunen Blutflecken direkt unter dem Herzen. Sein langes weißes Geisterhaar war wie gewohnt straff zurückgekämmt und zu einem Pferdeschwanz gebunden, und seine grünen Augen funkelten hell, als er Marcias Lehrling ansah.
»Und?«, fragte er Septimus. »Was sollen wir jetzt tun? Was schlägst du vor?«
»Ich? Was ich vorschlage?«
»Ja. Ich dachte mir, als Lehrling der Außergewöhnlichen Zauberin könntest du Marcia
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