Septimus Heap 02 - Flyte
der Raum leer, und so ging Septimus durch die kleine Tür nach hinten und spähte umher. Im Manuskriptorium herrschte stille Geschäftigkeit. Nur das Kratzen von Schreibfedern auf Papier war zu hören, und ein paar gedämpfte Huster und Nieser, denn die Sommergrippe, die jedes Jahr im Manuskriptorium umging, zog sich diesmal hin. Einundzwanzig Schreiber waren hier eifrig bei der Arbeit. Jeder saß an einem hohen Pult mit einer eigenen Lampe, die von der Decke baumelte und das nötige Licht für seine Tätigkeit spendete, bei der es auf Genauigkeit ankam.
»Beetle?«, flüsterte Septimus laut ins Halbdunkel. »Beetle, bist du da?«
Der Schreiber, der ihm am nächsten saß, schaute auf und deutete mit der Schreibfeder ans andere Ende des Raums.
»Er ist draußen. Wir haben vorhin einen Instabilen reinbekommen. Er versucht gerade, ihn in die Tonne zu sperren. Geh nach hinten durch, wenn du magst, aber komm der Tonne nicht zu nahe.«
»Danke«, sagte Septimus. Auf Zehenspitzen schlich er durch die Reihen der Pulte, wobei er ein paar Blicke gelangweilter Schreiber auf sich zog, und schlüpfte durch die Tür hinaus auf den Hof. Eine chaotische Szene erwartete ihn.
»Packt ihn!«, rief Beetle gerade. »Sonst entwischt er!«
Beetle, ein stämmiger schwarzhaariger Junge, der ungefähr drei Jahre älter war als Septimus, rang heftig mit einem unsichtbaren Gegner und versuchte, ihn in eine große rote Tonne zu stopfen, die mitten auf dem Hof stand und die Aufschrift GEFÄHRLICHER BEHÄLTER – NICHT ÖFFNEN trug. Beetles Aufforderung hatte zwei blassen, schlaksigen Schreibern gegolten, die so aussahen, als könnte der kleinste Windstoß sie umwerfen.
»Kann ich dir helfen, Beetle?«, fragte Septimus.
Beetle hob den Kopf und sah ihn dankbar an.
»Gern, Sep. Aber Vorsicht, das ist ein ganz Wilder. Ein unsichtbarer Sumpfridder, wie wir vermuten. Irgendein so ein Dummkopf hat ihn gestern rausgeholt und wiederbelebt. Davor hat er wer weiß wie lange friedlich in einem Schrank geschlummert. Mir ist das schleierhaft, warum die Leute nicht die Finger davon lassen können ... he, was fällt dir ein, du kleiner ...«
Der Sumpfridder hatte die Tonne hochgehoben und Beetle über den Kopf gestülpt. Septimus sprang hinzu und riss ihm die Tonne wieder herunter. Einen Moment lang stand Beetle verdutzt da, ließ die Augen über den kleinen, von einer hohen Backsteinmauer umgebenen Hof wandern und überlegte, wo der Sumpfridder wohl stecken mochte. Die beiden Schreiber hatten sich ängstlich in die Ecke verkrochen, die von der Tonne am weitesten entfernt war.
»Wir müssen ihn in die Tonne kriegen, Sep«, sagte Beetle, der noch ganz aus der Puste war. »Er darf auf keinen Fall entwischen.«
Septimus stand eine Weile ruhig da und lauerte auf irgendein Zeichen, das den Sumpfridder verraten musste, sobald er sich bewegte. Plötzlich sah er ein Kräuseln über die Backsteinmauer huschen. Er sprang vor, schnappte sich die Tonne und rannte damit in die Ecke, in der die beiden Schreiber kauerten.
Peng! Septimus knallte die Tonne auf den Boden.
»Autsch!«, heulte der größere der beiden Schreiber auf, denn Septimus hatte mit dem Rand der Tonne seine Zehen erwischt.
»Ich hab ihn!«, rief Septimus triumphierend.
»Aua, aua, aua!«, jammerte der Schreiber und hüpfte, sich den gequetschten Fuß haltend, im Kreis.
»Tut mir leid, Foxy«, sagte Septimus zu dem Verletzten, der am Arm seines Kollegen von dannen humpelte, und lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht auf die Tonne, damit der Sumpfridder nicht ausbüchsen konnte. Beetle brachte den Deckel. Gemeinsam schoben sie ihn unter die umgestülpte Tonne, dann drehten sie das Ganze vorsichtig um. Beetle warf rasch ein Stütznetz darüber, zurrte es fest und stellte die Tonne für den Tonnenabholdienst vor das Hoftor.
»Danke, Sep«, sagte er, »dafür hast du etwas gut bei mir. Wenn ich etwas für dich tun kann, lass es mich wissen, jederzeit.«
»Nun«, erwiderte Septimus, »zufällig hätte ich da was.«
»Dann raus damit«, lachte Beetle, hakte sich bei ihm unter und bugsierte ihn in die kleine Küche neben dem Hof, in der stets ein Wasserkessel auf dem Herd stand.
»Mein Bruder Simon war heute früh hier«, begann Septimus. »Kannst du mir sagen, was er wollte?«
Beetle nahm zwei Becher aus dem Regal und ließ in jeden einen Blubberwürfel fallen, um Fruchtblubber zu machen. Fruchtblubber war das Lieblingsgetränk der beiden. Es wurde mit einem unbegrenzt haltbaren
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