Septimus Heap 02 - Flyte
Start stand Wolfsjunge da und blickte in die Runde. Nicko und Septimus wichen unwillkürlich ein paar Schritte zurück.
»Schau ihm nicht direkt in die Augen«, raunte Nicko ihm zu. »Jedenfalls fürs Erste. Das macht ihm Angst.«
Septimus konnte es sich nicht verkneifen, ihn verstohlen zu betrachten, und zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass Wolfsjunge mehr wie ein Junge als wie ein Wolf aussah. Und er roch auch gar nicht so übel, mehr nach feuchter Erde als nach Wolverine. Wolfsjunge war eindeutig ein Mensch. Er trug einen kurzen Kittel von unbestimmbarer Farbe, der an der Taille mit einem alten Ledergürtel zusammengebunden war, und hatte langes braunes Haar, das wie bei allen Waldbewohnern verfilzt war. Nachdem er die Umgebung abgesucht hatte, richtete er seine hellbraunen Augen auf Nicko und Septimus, ganz besonders auf Septimus, den er verwundert von oben bis unten musterte. Wieder wurde Septimus wegen seiner feinen Kleider verlegen, und nicht zum ersten Mal bedauerte er, dass er sich nicht im Schlamm gewälzt hatte, bevor er ins Lager der Heaps gekommen war.
»Hi«, grüßte Nicko nach einer Weile. »Alles in Ordnung?«
Wolfsjunge nickte, starrte aber weiter Septimus an.
»Wir wollten dich um deine Hilfe bitten«, fuhr Nicko mit ruhiger bedächtiger Stimme fort.
Endlich wandte sich Wolfsjunge von Septimus ab und sah Nicko ernst an.
»Wir brauchen deine Hilfe, um jemanden zu finden. Ein Mädchen, das verschleppt worden ist.«
Wolfsjunge blieb ungerührt.
»Hast du verstanden?«, fragte Nicko. »Es ist wirklich wichtig. Es handelt sich um unsere Schwester. Sie ist entführt worden.«
Wolfsjunges Augen weiteten sich kurz vor Überraschung. Und jetzt war es an Nicko und Septimus, ihr Gegenüber anzustarren.
Sie warteten auf eine Antwort.
Dann endlich kam sie. Langsam, ganz langsam nickte Wolfsjunge.
* 23 *
23. Wolfsjunge
» I h r solltet mit Morwenna reden, bevor ihr aufbrecht«, sagte Jo-Jo zu Septimus und Nicko. Sie waren ans Lagerfeuer zurückgekehrt, um sich von den anderen zu verabschieden. Wolfsjunge stand hinter ihnen und wandte kein Auge von Septimus, der verlegen von einem Fuß auf den anderen trat. Er spürte es immer, wenn er beobachtet wurde.
»Morwenna ist mir unheimlich«, sagte Nicko. »Wozu sollen wir denn mit ihr reden?«
Jo-Jo erhob sich schwerfällig. Die anderen blieben liegen und blickten träge zu dem kleinen Fleck strahlend blauen Himmels hinauf, der durch die Baumwipfel blinzelte.
»Sie ist die Hexenmutter«, antwortete Jo-Jo. »Sie weiß alles. Ich wette, sie kann euch sagen, wo Jenna steckt.«
»Vielleicht sollten wir wirklich mit ihr sprechen«, sagte Septimus. »Dad sagt, dass Morwenna das zweite Gesicht hat.«
»Trotzdem ist sie mir unheimlich«, murrte Nicko. »Und ständig umarmt sie einen, als wollte sie einen zerquetschen.«
»Kommt«, sagte Jo-Jo, »ich führe euch zu ihr. Es liegt sowieso auf eurem Weg.«
Vom Feuer, wo die drei Jungs lagen, ertönte ein spöttischer Chor.
»Jetzt geht er wieder seine Mar-iiii-sa besuchen, seine Mar-iiii-sa besuchen,seine ...«
»Seid still«, knurrte Jo-Jo und stürmte von der Lichtung unter die Bäume.
»Wiedersehen«, verabschiedete sich Nicko von den übrigen Heaps.
»Wiedersehen.«
»Ja.«
»Auf bald.«
»Hm. Wiedersehen«, sagte Septimus.
»Ja.«
»Wiedersehen.«
»Auf bald.«
Jo-Jo erwartete Nicko und Septimus außer Sichtweite seiner Brüder hinter einem Baum, und gemeinsam setzten sie den Weg durch den Wald fort. Wolfsjunge folgte ihnen lautlos. Jo-Jo kannte den Weg gut und führte sie auf einem schmalen, aber gut ausgetretenen Pfad zum Sommerlager der Wendronhexen, das sie nach ungefähr einer halben Stunde erreichten.
Das Lager bestand aus einem Kreis von Tipis, die wie Jo-Jos Hütte gebaut waren. Sie thronten auf dem einzigen Hügel, den es im ganzen Wald gab. Es war nur ein kleiner Hügel, der nicht einmal das Blätterdach des Waldes überragte, aber auf der Kuppe war es hell und luftig, und die Hexen konnten alles sehen, was um sie herum vorging.
Die vier Jungen vernahmen gleichmäßiges Gemurmel, als sie dem gewundenen Pfad folgten, der zu den Tipis hinaufführte. Plötzlich rief eine Stimme: »Joby-Jo! Hallo!«
»Marissa!«, rief Jo-Jo zurück und strahlte übers ganze Gesicht.
»Nennt sie dich so ... Joby-Jo?«, prustete Nicko los, als ein großes Mädchen mit langem braunem Haar oben auf dem Hügel erschien, winkte und lachte.
»Ja und?«, fragte Jo-Jo.
»Nichts und«,
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