Septimus Heap 03 - Physic
zugleich und schmeckte herrlich aromatisch nach Rosenblättern, Honig und Zitrone.
Das trübe Getränk war weniger gut. Es schmeckte bitter, aber es war heiß, und Jenna genoss es, an Brodas warmem Kamin zu sitzen. Sie fühlte sich hier sicher und geborgen, wie immer in der Hüterhütte, aber sie wusste, dass sie wieder gehen musste. Hier würde sie Septimus nicht finden.
»Ich muss Sie nun verlassen«, sagte Jenna, die sich langsam an die steifere Art zu sprechen gewöhnte. »Aber ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft.«
Broda Pye neigte den Kopf, erleichtert, dass die Geisterprinzessin zufrieden war. Dann sagte sie, wie es die Vorsicht bei dem Besuch eines Geistes gebot: »Ich bitt Euch, edle Prinzessin, scheidet nicht mit leeren Händen aus diesem Haus. Bittet mich, worum Ihr wollt, und es wird mir eine Ehr sein, den Wunsch Euch zu erfüllen.« So sprach sie in der Hoffnung, dass Jenna sie nicht um die schöne neue Perlenkette bat, die ihr Marcellus unlängst geschickt hatte und die sie, wie sie jetzt bedauerte, nicht unter ihrem Kleid versteckt hatte, als sie in der Küche war. Jetzt war es dafür zu spät, und Broda wartete mit angehaltenem Atem auf die Antwort der Geisterprinzessin.
Es gab etwas, das Jenna sich mehr wünschte als alles andere – außer Septimus zu finden –, und sie wusste, dass sie es hier vielleicht bekommen konnte. »Ich möchte ...«, sagte sie langsam und suchte nach den richtigen Worten.
»Ja?«, fragte Broda Pye, die auf glühenden Kohlen saß und nervös an ihrer Perlenkette fingerte.
»Ich möchte wissen, wie man das Drachenboot wiederbelebt.«
Broda Pye stieß einen hörbaren Seufzer der Erleichterung aus. »Vom Tode?«
»Es ist halb tot und halb am Leben. Es atmet noch, bewegt sich aber nicht.«
»Spricht es?«
»Nur schwach, wie ein Flüstern im Wind«, antwortete Jenna, die immer mehr die alte Art zu sprechen annahm und Gefallen daran fand.
»Verweilet noch ein paar Minuten, so will ich Euch das Heilmittel holen«, sagte Broda, und bevor Jenna sich anders besinnen konnte, verschwand sie im Schrank für Unbeständige Tränke und Spezialgifte. Jenna hörte, wie sie die Falltür öffnete und die alte Leiter hinabkletterte. Anscheinend war sie auf dem Weg zu dem unterirdischen Tempel, dem dunklen, einsamen Zuhause des Drachenboots.
Wieder herrschte Stille, und dann sagte Esmeralda: »Mama mag das Drachenboot nicht, ich aber werd es mögen. Mit mir, das weiß ich, wird es sprechen, wenn die Zeit ist kommen. Mit Mama mag es nicht sprechen, obwohl sie jeden Mittsommertag mit ihm schreiet und ihm gut zuredet.«
Jenna schmunzelte. Sie wusste, dass das Drachenboot ein gutes Urteilsvermögen besaß.
Außer Atem und nach dem moderigen unterirdischen Gang riechend, kehrte Broda zurück, stellte einen zerbeulten alten Kasten auf den Tisch und winkte Jenna zu sich. Auf den Kasten waren die Worte Letzter Ausweg geschrieben. Broda murmelte einen Entriegelungszauber und hob dann den Deckel. Darunter lag ein kleiner Lederbeutel, den Jenna kannte.
»Das ist die Dreifachtransformation«, sagte sie enttäuscht. »Die haben wir schon ausprobiert.«
Broda blickte beeindruckt. »Ihr seid recht gescheit für Euer zartes Alter«, bemerkte sie und nahm die drei kleinen Schalen aus getriebenem Gold mit dem blauen Emailrand heraus, an die sich Jenna noch erinnerte. Sie stellte die Schalen auf den Tisch, und dann brachte sie zu Jennas Überraschung auch noch eine kleine grüne Flasche zum Vorschein.
Jenna griff nach der Flasche. Auf dem Etikett stand Wiederbeleber TX 3. »Die habe ich noch nie gesehen«, sagte sie.
»So kennt Ihr auch nicht die Dreifachtransformation«, sagte Broda einfach nur. »Sie glücket nicht ohne, wiewohl manch einer mit starker Magie allerhand bewirken kann.«
»Kann ich nur die Flasche nehmen?«, fragte Jenna.
Broda neigte den Kopf. »Ei gewiss. Im Schrank der Königin sind noch viel mehr. Ihr dörft euch gern bedienen, Prinzessin.«
»Vielen Dank«, sagte sie.
Broda stand da und wartete darauf, dass die Geisterprinzessin ging. Sie fürchtete, dass sie eine zweite Bitte vorbringen könnte. Manche Geister wurden gierig. Einmal hatte Broda den Geist eines Kaufmanns zu Besuch gehabt. Der hatte ihre komplette Fingerhutsammlung mitgenommen und war dann wiedergekommen, um ihre besten Nadeln zu holen.
Jenna wusste, dass Broda sie loshaben wollte, doch sie sagte: »Da wäre noch eine Sache ...«
Broda machte ein langes Gesicht. Die Prinzessin war also eine von den
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