Septimus Heap 04 - Queste
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47. Septimus’ Queste
D u rch die dicke lila Tür hörte Septimus nichts von Jennas Geschrei und Getrommel. Wütend befahl er der Tür, sich zu entriegeln.
Das Mädchen lachte. »Die Mühe kannst du dir sparen, Septimus Heap. Es stimmt zwar, dass die Tür ein Zwilling ist, aber auch zwischen Zwillingen gibt es ein paar Unterschiede.« Sie musterte ihn mit abschätziger und enttäuschter Miene. »Ich habe sehr lange darauf gewartet, dass ein Questor kommt. Ich hatte gehofft, dass jemand kommt, der ... der reifer ist... und mit dem man seine Tage verbringen kann. Kannst du Karten spielen?«
»Karten?«
»Ich könnte dir ein paar Spiele beibringen. Aber Schnippschnapp kannst du doch, oder?«
» Schnippschnapp ?«
Das Mädchen seufzte. »Wohl eher nicht«, sagte sie.
Septimus schwieg. Das Mädchen erinnerte ihn an Lucy Gringe – nur dass sie ihm noch viel mehr auf die Nerven ging. Er gab die Hoffnung auf ein vernünftiges Gespräch auf und wandte seine Aufmerksamkeit der neuen Umgebung zu. Er befand sich in einem großen, achteckigen Raum. Über ihm wölbte sich eine schöne Glaskuppel, durch die er den dunklen Abendhimmel sehen konnte, den gerade die letzten rötlichen Streifen des Sonnenuntergangs überzogen. Vermutlich war er im obersten Geschoss des Foryxhauses. Unter den wachsamen Augen des Mädchens wanderte er durch den Raum. Er war wirklich riesig, und die Einrichtung – die Teppiche, die Lapislazulikommoden, die prächtigen Wandbehänge – erinnerten ihn an Marcias Gemächer. Aber das allein, so sagte er sich, konnte nicht erklären, dass ihm alles so merkwürdig vertraut vorkam. Da war noch etwas anderes ... etwas Wichtigeres ... der Geruch von Magie.
»Wo sind wir hier?«, fragte Septimus das mürrische Mädchen.
»Im Foryxhaus«, lautete die Antwort.
»Das weiß ich«, erwiderte Septimus und bemühte sich, seine Ungeduld zu verbergen. »Ich meine diesen Raum. Was ist das für ein Raum?«
»Das wirst du noch früh genug erfahren.«
Septimus seufzte. Er versuchte es mit einer letzten Frage. »Und wer bist du?«
Zu seiner Überraschung gab das Mädchen tatsächlich eine echte Antwort. »Ich bin Talmar«, sagte sie.
Talmar. Der Name kam ihm bekannt vor. Er versuchte sich zu erinnern, woher – und dann fiel es ihm ein. Plötzlich wurde ihm ganz seltsam zumute. »Doch nicht etwa ... Talmar Ray Bell?«, fragte er.
Ein Ausdruck des Erstaunens legte sich auf das Gesicht des Mädchens. »Woher weißt du das?«, fragte sie.
Septimus grinste, zufrieden mit dem Eindruck, den seine Frage gemacht hatte.
Irgendwo in der Ferne war der silberhelle Ton eines Glöckchens zu vernehmen. Talmar setzte wieder ihre überlegene Miene auf und verkündete: »Mein Meister ist bereit. Folge mir, Septimus Heap.«
Mit dem Untergang der Sonne hatte sich die Glaskuppel verdunkelt, und als Septimus Talmar nun durch den Raum folgte, flammte eine Kerze nach der anderen auf und leuchtete ihnen den Weg. Am anderen Ende des Raums zog Talmar ein paar schwere Vorhänge beiseite, und dahinter, vor einem Kamin, saß eine Gestalt in einem flachen, bequemen Sessel, der dem nicht unähnlich war, der in Marcias Gemächern am Kamin stand – und in den sich kein anderer außer ihr setzen durfte.
Talmar winkte Septimus herein. Er trat durch den Spalt zwischen den Vorhängen, und die Gestalt – ein gebrechlicher alter Mann mit langen weißen Locken, die das Stirnband eines Außergewöhnlichen Zauberers zusammenhielt – schaute auf. Das Kerzenlicht fiel in seine leuchtend grünen Augen und setzte sie beinahe in Flammen.
»Das ist unser Questor, Septimus Heap«, stellte Talmar vor.
»Willkommen, Questor«, sagte der alte Mann lächelnd und erhob sich mühsam. Talmar lief zu ihm, um ihm zu helfen, und als er, etwas gebeugt und wacklig, endlich auf seinen Füßen stand, bemerkte Septimus, dass er eine Robe trug, wie sie Außergewöhnliche Zauberer in uralter Zeit getragen hatten, als sie noch mit goldenen Hieroglyphen bestickt wurden. Auf Talmars Arm gestützt, kam der alte Mann langsam auf ihn zu.
»Vom Alten zum Neuen«, murmelte er in einem Akzent, den Septimus noch nie gehört hatte. »Sei mir gegrüßt.«
»Guten Tag«, erwiderte Septimus und ergriff die dürre, knochige Hand.
Der alte Mann senkte den Blick auf die Rechte des Lehrlings. Septimus folgte seinem Blick und sah, dass der Drachenring an seinem Zeigefinger heller leuchtete als jemals zuvor – wie eine kleine Lampe. »Du hast meinen Ring«, murmelte der
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