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Septimus Heap 04 - Queste

Titel: Septimus Heap 04 - Queste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Sage
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letzte Nacht ausgekippt habe.«
    »Ah ... ausgekippt ?« Diesmal war Olaf fest überzeugt, dass er sich verhört hatte.
    »Ja. Ich habe seinen Ring. Wollen Sie mal sehen?« Ohne eine Antwort abzuwarten, wedelte er dem Geist mit seinem beringten Daumen vor dem Gesicht herum. »Der gehört jetzt mir«, sagte er, »und ich habe ihn mir verdient. Es war kein Vergnügen, in den vielen Knochen herumzuwühlen. An manchen hing noch so etwas wie Knorpel. Und Schleim. Außerdem waren sie biegsam. Igitt! Aber ich hab ihn herunterbekommen, von seinem Daumen. Ich hab einfach das Ende abgehackt. Haha! Dem hab ich’s gezeigt. Haben Sie gewusst, dass Daumenknochen genau wie Zehenknochen sind?«
    Olaf nickte misstrauisch. Dieser Junge war nicht so, wie er erwartet hatte. Er bereute das Angebot, das er ihm vorhin gemacht hatte. Es stimmte, was man über die Lebenden sagte – es waren komische Vögel darunter. Wieder mal typisch, dass er ausgerechnet an so einen geriet, wenn er zum ersten Mal einem Lebenden erschien. Aber wenigstens blieben ihm weitere Ausführungen über Knochen erspart, denn in dieser Sekunde brachte das Schankmädchen das Abendessen: einen großen Teller mit Würstchen, die in einem Berg Kartoffelbrei steckten.
    »Ich lasse dich jetzt allein, damit du in Ruhe essen kannst«, sagte Olaf und erhob sich rasch, als das Schankmädchen den Teller vor Merrin hinstellte. Merrin nickte vergnügt, denn er wollte dem Fremden nichts von seinem Essen abgeben, und spießte eine dicke Wurst auf die Gabel. Olaf zuckte zusammen. Er fand, dass die Würste wie Daumenknochen aussahen. Er konnte sie sich gut in einem Sack vorstellen. Mit Ringen daran.
    »Dann also bis morgen«, sagte Merrin, den Mund voller Wurst.
    »Äh ... morgen. Ja, bis morgen«, erwiderte Olaf düster. Er brach niemals ein Versprechen.
    »Gut«, sagte Merrin und schaute auf, nachdem er die zweite Wurst aufgespießt hatte. Doch die Gaststube war leer. Die Bauern waren fort, und der große blonde Fremde auch.

* 6 *
    6.  Heim in die Burg
     

    W ä hrend sich Merrin unter dem Dach des Dankbaren Steinbutts in einem unbequemen Bett wälzte, schlüpfte Stanley im Rattenloch unter der Zugbrücke der Burg in einen kleinen Strohhaufen. Das Rattenloch erfreute sich bei Ratten, die nachts in die Burg zurückkehrten, großer Beliebtheit, denn es bot einen sicheren Schlafplatz, bis im Morgengrauen die Zugbrücke herabgelassen wurde. Stanley hatte sich Sorgen gemacht, dass im Rattenloch kein Platz mehr für ihn sein könnte. Das war ihm in der Vergangenheit schon einige Male passiert, und er hatte eine unbequeme Nacht auf einem nahen Baum verbringen müssen, welcher der Spukküche des Dankbaren Steinbutt allemal vorzuziehen war. In der Hoffnung, dass er nicht zu spät kam, um noch ein Plätzchen zu ergattern, rutschte er die Böschung hinunter und spähte in die gut versteckte Höhle. Zu seiner Überraschung stellte er fest, dass außer ihm keine einzige Ratte hier war. Und dann fiel ihm wieder ein, warum – die Rattenwürger.
    Sechs Monate zuvor waren Stanley und seine Frau Dawnie den Rattenwürgern nur mit knapper Not entkommen und nach Port geflohen, wo sie verhältnismäßig sicher waren. Dort hatte Dawnie die Geschichte ihrer Flucht überall herumerzählt und von Mal zu Mal dramatischer ausgeschmückt. Nichts liebten Ratten mehr als Schauergeschichten. Die Neuigkeit machte schnell die Runde, und die Folge war, dass keine Ratte, die bei Verstand war, mehr einen Fuß in die Burg setzen wollte. Nicht alle Ratten, so sagte sich Stanley, waren über das aktuelle Geschehen so gut im Bilde wie er und wussten, dass die Rattenwürger zum Glück längst fort waren. Er kroch tief in das warme und muffige Rattenloch hinein, bis er die Höhlenwand erreichte, und schlüpfte dort unter etwas altes Stroh.
    Ohne Gesellschaft war es im Rattenloch gar nicht lustig. Stanley war eine gesellige Ratte und liebte nichts mehr als einen netten Plausch unter Kollegen. Umso bedrückender fand er es, hier, wo es stets so fröhlich zugegangen war, ganz allein zu sein. Er knabberte an einer halb verschimmelten Rübe, die ein Vorgänger zurückgelassen hatte, doch bei dem Gedanken an Dawnie und die Rattenwürger war ihm der Appetit vergangen. Und so streckte er unter leisem Stöhnen, denn er war müde von der langen Reise, seine schmerzenden kurzen Beine aus, gähnte und schlief gleich darauf ein. Bald dröhnte das laute Schnarchen einer Ratte über den Burggraben, aber niemand hörte es, nicht

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